Junge mit Blasinstrument© iStock-imgorthand
Ein Instrument zu erlernen kann viele Vorteile fürs spätere Leben haben. Aber: Nur, wenn es Freude macht.

Musikunterricht hat vor allem für junge Kinder nachgewiesen viele Vorteile. Er fördert die Konzentration, das Sprachvermögen und die Emotionskontrolle. Doch nicht immer haben Kinder überhaupt Lust, einem musikalischen Hobby nachzugehen.

Muss Musikunterricht überhaupt sein? 

Jonas Gößling, Gründer der Klavier-App "Flowkey" und selbst Vater zwei kleiner Töchter, empfiehlt: "Eine strenge Vorgehensweise wie 'Du musst jetzt gehen, keine Widerrede!' ist nicht hilfreich. Beim Musizieren geht es zunächst darum, eine natürliche Faszination beim Kind zu wecken, bevor man überhaupt über Musikunterricht nachdenkt. Und die einfachste Art, Kinder zum Musik machen zu bewegen, ist, Musik in der eigenen Familie einen Stellenwert einzuräumen. Die Eltern sind immer das erste Vorbild. Wenn dann Interesse für ein Instrument aufkommt, kann man Kinder zum Probeunterricht anmelden und einfach mal ausprobieren lassen. Ab dem Zeitpunkt ist es natürlich auch wichtig, das Kind zu motivieren und bei der Stange zu halten, selbst wenn es mal keine Lust auf Wiederholungen hat. Dann kann man oft mit ein wenig Überzeugungsarbeit viel erreichen - aber wenn das Kind den Musikunterricht überhaupt nicht mag, ist es nicht sinnvoll, ihn mit Zwang weiterzuführen."

Wie man Kinder motiviert, zum Musikunterricht zu gehen

Mit ein paar Tipps lassen sich Kinder leichter dazu motivieren, ihren regelmäßigen Musikstunden nachzugehen. Gößling empfiehlt dazu Folgendes: 

  • Die Chemie muss stimmen. Beim Musikunterricht steht für die meisten Kinder ganz am Anfang immer der Musiklehrer. Und das kann schon ein ausschlaggebender Faktor sein. Es spielt keine Rolle, wie gut der Lehrer ist – wenn das Kind ihn nicht mag, wird es schwierig. Deshalb lohnt es sich vor allem am Anfang, genau hinzuhören und eventuelle Bedenken des Kindes ernst zu nehmen. Denn viel zu oft scheitert musikalische Früherziehung gar nicht am Instrument selbst, sondern an zwischenmenschlichen Themen.
  • Richtig üben. Der wichtigste – und meistens auch herausfordernste - Schritt für das Erlernen jeder Fähigkeit ist das Üben. Und hier geht Regelmäßigkeit über Dauer! Denn: Sobald etwas zu einer Gewohnheit wird, fällt es uns nachgewiesen leichter. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass wir langfristig dabei bleiben. Ein Effekt, der gerade für Eltern vieles einfacher macht. Insbesondere am Anfang reichen deshalb kurze Übungseinheiten von zehn bis 15 Minuten - idealerweise zweimal am Tag. 
    Dabei allerdings auch wichtig: Im Zweifelsfall sollten Eltern ihren Kindern immer genug Freiraum geben, damit sie ihr eigenes Tempo finden können. Denn jeder lernt auf seine eigene Art und Weise. Während das eine Kind mehr Spaß an kurzen Übungseinheiten hat, bevorzugt das andere, sich im Hyperfokus für drei Stunden zu konzentrieren.
  • Spielerisch lernen. Die jetzige Generation ist mit dem Smartphone aufgewachsen und hat Spaß an interaktiven Dingen und direktem Feedback. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes - es gibt viele Apps und digitale Angebote, die sich "Gamification" zunutze machen, um sinnvolle (Lern)ziele zu verfolgen. Aus gutem Grund: Spielerische Elemente führen nachgewiesen dazu, dass wir Aufgaben ernster nehmen. Auch für den Musikunterricht können Musiklehrer oder Eltern diesen Effekt nutzen, beispielsweise mit speziellen Apps oder "YouTube"-Videos. Das macht das Lernen interessanter und spannender.
  • Vorsicht mit Belohnungen. Kleine Belohnungen können bei Kindern die Motivation zum Üben steigern. Allerdings muss man hier auch aufpassen. Bereits in den 70er-Jahren wurde in einer Studie der "Korrumpierungseffekt" entdeckt: Kinder, die gerne malten, wurden dafür belohnt. Nachdem die Belohnung jedoch entfernt wurde, verloren sie schneller das Interesse am Malen als vorher. Das legt nahe, dass ihre Motivation durch die Belohnung negativ beeinflusst wurde. Dieser Effekt tritt bei Kindern besonders bei interessanten Tätigkeiten auf. Wenn das Kind also überhaupt keine Lust auf Klavierspielen hat, können kleine Belohnungen (zum Beispiel ein Punktesystem, bei dem man mit jedem mal Üben auf beispielsweise einen Zoobesuch hinspart) helfen. Wenn der Spaß und das Interesse allerdings schon da ist, macht man mit Belohnung oft auch viel kaputt. Was stattdessen gut helfen kann, ist ein ernst gemeintes und detailliertes Lob, zum Beispiel "Du hast das so schön gefühlvoll gespielt, ich hatte wirklich Lust, noch weiter zuzuhören".
  • Bitte nicht lachen! Vielleicht offensichtlich, aber ungemein wichtig: Kinder geben sich große Mühe und sind mit Leidenschaft bei der Sache, wenn sie ihr Instrument spielen. Es ist demotivierend, wenn Eltern daran plötzlich etwas lustig finden. Egal, ob es manchmal etwas schräg klingt - für das Kind ist es eine ernste Sache und seine Anstrengungen verdienen in jedem Fall Respekt. Also: Lieber eine kräftige Runde Applaus.

Welches Instrument ist geeignet und ab wann?

Wenn Kinder früh ein Instrument lernen, hat das viele Vorteile. Damit aus einem sinnvollen Hobby aber kein großer Frust wird, ist vor allem eines wichtig: altersgerechtes Lernen. Doch ab wann ist welche Art von Instrument und Unterricht überhaupt sinnvoll? Jonas Gößling, Gründer des Musik-Startups "Flowkey", empfiehlt:

Faszination statt Perfektion

Bei der musikalischen Früherziehung geht es nicht darum, ein Instrument zu erlernen, sondern vor allem die natürliche Faszination für Musik zu wecken. Jeder Mensch hat von Natur aus ein Interesse an Musik. Das sieht man schon bei kleinen Kindern, die bei Musik begeistert mittanzen und singen und so spielerisch ihr Rhythmus- und Musikgefühl entwickeln. Eltern können diese Faszination fördern, indem sie ihrem Nachwuchs Musikstücke zeigen und mit Instrumenten experimentieren lassen. Dabei sollte es egal sein, ob Kinder am Ende etwas "Präsentierbares" erlernen oder nicht. Die Hauptsache ist, Interesse für Musik und Rhythmus zu entwickeln - daraus kann die Leidenschaft für ein "echtes" Instrument von selbst erwachsen. 

Instrument lernen: Am Anfang ist das "Wie" wichtiger als das "Was"

Besonders für junge Kinder im Kita-Alter ist das gemeinsame Musizieren wichtig. Ob mit Freunden, Schulkameraden oder Familienmitgliedern: Gemeinsam Musik machen macht Spaß und weckt Begeisterung. "Bei meinen Kindern ist das so: Wenn ich sie auf den Schoß nehme und wir gemeinsam ein bisschen klimpern und singen, freuen sie sich total, das macht ihnen Spaß - und darum geht es erst mal. Den Spaß an der Musik und am Musikmachen spielerisch zu wecken, fördert Leidenschaft!", so Gößling. Er empfiehlt, Musik so viel wie möglich in den Alltag einzubauen und bewusst Zeit für gemeinsames Lernen und Erkunden zu schaffen.

Das richtige Instrument wählen

Nicht jedes Instrument ist schon für kleine Kinder geeignet. Im Vorschulalter bieten sich vor allem die Blockflöte oder das Glockenspiel an, weil Kinder mit diesen Instrumenten schnell Erfolgserlebnisse haben. Auch das Klavier ist für ambitionierte Kinder schon ab etwa fünf Jahren eine gute Möglichkeit, da die Grundlagen relativ einfach erlernbar sind. In diesem Alter sollten Kinder aber spielerisch an das Instrument und das Notenlesen herangeführt werden. Andere Instrumente, wie zum Beispiel das Saxophon oder die Klarinette, sind schwieriger zu spielen und tendenziell erst für ältere Kinder geeignet.

Quellen: