
Es gibt Kinder, die ständig von ihren Eltern beschattet werden, nichts alleine machen dürfen und ihren Eltern alles sagen müssen. Damit ist aber eine Grenze überschritten – denn Kinder haben ein natürliches Bedürfnis nach Autonomie, und das sollten sie leben dürfen ...
So leidet das Selbstwertgefühl
Im Kita-Alter nicht mal einen Augenblick unbeobachtet zu sein prägt Kinder. Auch wenn Eltern ihnen alles abnehmen, was sie eigentlich schon alleine können, kann das Auswirkungen auf ihre Selbstständigkeit und sogar ihr Selbstwertgefühl haben. Wenn Kinder nie lernen, frustriert zu sein, weil Eltern ihnen schon im Voraus alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, können die Kinder später nur schwer damit umgehen. Dürfen sie nicht auf Bäume klettern, wie sollen sie Resilienz entwickeln? Dies alles sind Beispiele, wann ein zu Viel an Überbehütung einfach wirklich zu viel ist.
Überbehütung laugt Eltern aus
Was noch dazu kommt, ist, dass Eltern, die ein solches Verhalten an den Tag legen, sich selbst oft überfordert und ausgebrannt fühlen. Denn sie fokussieren sich ständig und fast ausschließlich auf ihre Kinder, statt dafür zu sorgen, dass es ihnen selbst gut geht. Dabei liegt genau das auch in der Verantwortung der Eltern: eine gute Selbstfürsorge an den Tag zu legen, um gut durch den Alltag zu kommen und Vorbild zu sein.
Das Gute ist: Dieser Bereich ist einer, den wir in der Burn-out-Prävention selbst in der Hand haben. Die Kinder einfach mal machen lassen, nicht ständig um sie herumschwirren und alles wissen wollen. Ihnen nicht ständig Programm bieten. Denn auch das schlaucht – Eltern wie Kinder: Der wohlgemeinte Ansatz, Kinder auch außerhalb der Kita und Schule durch Kurse zu fördern (sei es Sport, Musik, Malen oder etwas anderes), kann überhandnehmen. Und statt förderlich eher schädlich wirken. Nämlich dann, wenn die Kinder sich einem ständigen Leistungsdruck ausgesetzt fühlen und keine Zeit zur eigenen Verfügung mehr haben.
Weg von intensiver, überbehütender Erziehung, hin zu mehr Gelassenheit
Durch einen solchen Erziehungsstil, der im Englischen auch "intensive parenting" genannt wird, lernen die Kinder, dass sie intensive Hilfe brauchen. Dabei entwickeln sie sich viel besser, wenn wir ihnen vertrauen und sie zwar führen, aber auch machen lassen. Zudem spüren Kinder solcher Eltern auch den Stress und die Anspannung, die auf ihnen lastet.
Die US-amerikanische Pädagogin und Erziehungsexpertin Janet Lansbury spricht in einem Podcast darüber, wie wichtig es ist, dass Eltern sich weniger stressen. Davon würden nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Kinder profitieren. Um das umsetzen zu können, kann es Eltern helfen zu verstehen, welcher Mechanismus hinter dem elterlichen Wunsch nach ständiger Bespaßung und Förderung steckt: Wir wünschen uns, Kontrolle über die Entwicklung unserer Kinder zu haben und glauben fälschlicherweise, dies durch außerschulische Förderung zu erreichen. Doch das ist ein Trugschluss. Wir können nicht kontrollieren, zu welcher Art Mensch unser Kind einmal wird. Und wir können sie nicht zu jemandem machen, der sie nicht sind. Wenn wir unseren Kindern diese Verantwortung abnehmen, die ihnen selbst zusteht, behindern wir sie – trotz aller guten Intentionen.
Vertrauen ist die Lösung
Laut Janet Lansbury ist Vertrauen der Schlüssel. Vertrauen in unsere Kinder, dass sie die Entwicklungsschritte, die dran sind, schon gehen werden. Vertrauen in unsere Kinder als vollständige Menschen. Denen wir, solange sie klein sind, eine stabile Basis geben. Aber auch das Vertrauen in uns selbst als Eltern. Vertrauen wir uns, dass wir es intuitiv schon gut und richtig machen. Dafür braucht es keine dauernde Bespaßung oder weiteren Input von außen. Wir können unsere Kinder nicht durch weitere "Zutaten" zu "ganzen" Menschen machen. Das sind sie bereits.
Wege, aus der Überbehütung herauszukommen
- Führt euch vor Augen, dass eure Kinder sich auch mal langweilen dürfen. Unterstützt sie dabei, sich selbst zu beschäftigen, ohne Vorgaben von außen.
- Fördert eure Kinder darin, eigenständig Lösungen zu finden, statt ihnen alles vorzugeben und abzunehmen. Das stärkt sie langfristig.
- Fokussiert euch auf Dinge, die eurer Familie guttun und Spaß machen, statt auf beunruhigende Aspekte.
- Vergleicht euch nicht mit anderen Familien. Nehmt wahr, was für euch und eure Familie individuell wichtig ist und vertraut euch in eurer Intuition, eurem Bauchgefühl, was das Elternsein und die Erziehung angeht.
Woher kommt der Begriff Intensive Parenting?
Der Ursprung des englischen Ausdrucks "intensive parenting", der in etwa so viel bedeutet wie überbehütende Erziehung, lässt sich ins Jahr 1996 zurückverfolgen: Die Soziologin Sharon Hays prägte den Begriff "intensive mothering". Dieser Erziehungsstil überschneidet sich stark mit den sogenannten Helikoptereltern.
Quellen: Janet Lansbury, parents.com