
Wenn Eltern gefragt werden, ob sie ein Lieblingskind haben, gibt es nur eine zulässige Antwort: Natürlich nicht! Gute Eltern wissen schließlich, dass kaum etwas schlimmer für Kinder ist, als sich zurückgesetzt und benachteiligt zu fühlen. Klar also, dass sich wohl die wenigsten eingestehen möchten, dass sie ganz tief im Herzen vielleicht doch eines ihrer Kinder bevorzugen ...
Erziehungswissenschaftler sind sich längst einig, dass es unmöglich ist, alle seine Kinder gleich zu lieben. Aus dem ganz einfachen Grund, dass jedes Kind einen anderen Charakter mitbringt und dadurch einfach besser oder schlechter als die Geschwister zu einem passt.
Elternliebe: Mädchen und Erstgeborene im Vorteil?
Eine neue Studie der Brigham Young Universität wird jetzt noch konkreter: Es sind vor allem die Töchter und die Erstgeborenen, die Eltern insgeheim als Lieblingskind betrachten.
Das hängt laut Alexander Jensen und McKell Jorgensen-Wells, den Autoren der Studie, damit zusammen, dass viele die Erziehung von Mädchen als einfacher betrachten. Es seien vor allem "gewissenhafte und umgängliche Kinder", die von Eltern eher bevorzugt werden.
Bei der Studie wurden Geburtsreihenfolge, Geschlecht und Charaktereigenschaften berücksichtigt, um vorherzusagen, welche Kinder Eltern in der Regel vorziehen. Die Wissenschaftler analysierten Daten aus 30 verschiedenen Studien mit mehr als 19.000 Teilnehmern.
Die Folgen der Bevorzugung
Oftmals seien sich Eltern gar nicht darüber im Klaren, dass sie ein bestimmtes Kind bevorzugen. Dabei sei genau diese Einsicht wichtig, um alte Muster zu durchbrechen: "Wenn Eltern sich dessen bewusst sind, können sie kleine Anpassungen vornehmen, von denen alle profitieren", sagt Jensen gegenüber "Science Daily".
Die gute Nachricht: Laut der Studie spüren die meisten Kinder nicht, wenn ihre Eltern ein Geschwisterkind bevorzugen – selbst wenn es die Eltern insgeheim wissen. Dennoch ist es wichtig, gegenzusteuern und bewusst darauf zu achten, alle Kinder gleich und fair zu behalten. Wenn sich Kinder benachteiligt fühlen, kann das im späteren Leben zu psychischen Problemen und einer schlechten Bindung zu den Geschwistern führen.
Jensen erklärt, dass er Eltern kein schlechtes Gewissen machen wolle. Vielmehr sieht er die Studie als Weckruf, um Eltern zu zeigen, wie leicht sich eine problematische Familiendynamik einschleichen kann. Entscheidend sei, dass Eltern sich Mühe geben, die individuellen Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und sich darauf einlassen. Das erfordert jedoch oftmals Geduld – mit den Kindern und mit sich selbst. Aber es lohnt sich: Wenn es Eltern gelingt, auch mit vermeintlich schwierigen oder gar unerwünschten Verhaltensweisen ihrer Kinder Frieden zu schließen und liebevoll auf sie einzugehen, verbessert sich damit das Familienglück erheblich.