
Was sind Sex-Räume in Kitas?
Sexräume in Kitas sind spezielle Bereiche oder Räume, die für die sexuelle Bildung und Aufklärung von Kindern eingerichtet sind. Diese Räume sollen dazu dienen, Kindern in einem geschützten und respektvollen Rahmen Wissen über den eigenen Körper, Grenzen, Beziehungen und Sexualität zu vermitteln.
Der Begriff Sex-Raum kann allerdings missverständlich sein. Es ist wichtig anzumerken, dass es sich bei solchen "Körpererkundungsräumen" nicht um Orte für sexuelle Aktivitäten handelt. Tatsächlich geht es dabei eher um die Einrichtung von geschlechtsneutralen Räumen, in denen Kinder ihre Geschlechtsidentität frei erkunden können. Diese sicheren Räume sollen dazu führen, dass sich alle Kinder wohl und akzeptiert fühlen – unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht.
Die Idee hinter solchen Räumen ist, eine offene und altersgerechte Auseinandersetzung mit Themen rund um Körper, Geschlecht und Beziehungen zu fördern. Dabei stehen die Bedürfnisse und das Wohlbefinden der Kinder im Vordergrund. Es ist wichtig, dass solche Bildungsangebote von Fachkräften geleitet werden, die in der Lage sind, sensibel und respektvoll mit den Themen umzugehen.
In vielen Fällen wird der Fokus auf Sexualerziehung und Aufklärung eher im Rahmen von Projekten oder speziellen Unterrichtseinheiten behandelt, nicht unbedingt in einem physischen Raum.
- Was sind Sex-Räume in Kitas?
- Debatte über Sex-Räume in Kitas: Das Wichtigste in Kürze
- Sexualpädagogin: "Wir müssen zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität unterscheiden"
- Körpererkundungsspiele gehören zur kindlichen Entwicklung dazu
- Körpererkundungsräume: Das sagen Befürworter
- Was Gegner zu den vermeintlichen "Sex-Räumen" sagen
- Ehrlicher Erfahrungsbericht einer Mama: "Meine Tochter war 3 Jahre – und auf einmal spielte Aufklärung eine Rolle!"
Debatte über Sex-Räume in Kitas: Das Wichtigste in Kürze
- Eine Kita in Hannover kündigte im Sommer 2023 an, einen "Körpererkundungsraum" beziehungsweise einen Raum für "sexuelle Spiele" der Kinder einzurichten. Darin sollen sich Mädchen und Jungen "streicheln und untersuchen" können.
- Die Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Hannover schildert den Eltern die geplanten Regeln in einem Brief: "(…) "Jedes Kind entscheidet selber, ob und mit wem es körperliche und sexuelle Spiele spielen will."
- Die Folge: Entsetzte Eltern.
- Das zuständige Jugendamt stoppt das kontroverse Vorhaben der Kita.
- Nach Wirbel um die Pläne für den "Körpererkungungsraum" kündigt der Leiter der Kita.
- Dem Kultusministerium zufolge fordere das Landesjugendamt für den weiteren Betrieb der Einrichtung, das pädagogische Konzept aller Awo-Kitas in Hannover sowie das Kinderschutzkonzept mit externer Beratung sofort zu überarbeiten.
- Die Überarbeitung des Konzepts läuft, mithilfe der Aufsichtsbehörde und externen Beratern.
- Anfang 2024 waren auch sexuelle Erfahrungsräume in Berliner Kitas im Gespräch. Der Senat erteilte dem jedoch eine Absage.
Sexualpädagogin: "Wir müssen zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität unterscheiden"
Sexualpädagogin und Mama Mareike Brede (sexklaert.de) erklärt auf Instagram, dass es hier vielmehr um die Förderung der kindlichen Entwicklung geht. Diese finde in einem "sicheren Raum" satt. Es gehe dabei auch um Schutz der kindlichen Intimsphäre.
Der Begriff "Sex-Räume in Kitas" sei auch ihrer Meinung nach extrem irreführend: "Es geht hier um eine riesen Tabuthema: die kindliche sexuelle Entwicklung, die Teil der kindlichen Entwicklung ist", sagt die Expertin in ihrem Reel. "Im Zuge dessen erkunden Kinder nun mal ihren eigenen Körper oder die Körper anderer. Zum Beispiel in Kitas." Ihrer Meinung nach sei es total super, dies im Rahmen des Schutzkonzeptes einer Kita, zu verankern. So könne das Ganze sicher gestaltet werden.
Es bestehe auch eine große Verwechselung zur erwachsenen Sexualität. Die Sexualpädagogin ruft auf: "Wir müssen diese Erwachsenen-Brille absetzen und dieses 'sexuelle Ding' weglassen."
Körpererkundungsspiele gehören zur kindlichen Entwicklung dazu
"Neugierde, andere Körper anfassen, mal am Arm lecken, mal fühlen wie sich die Haut eines anderen anfühlt" – all das ist Teil der GANZ NORMALEN kindlichen Entwicklung. Eben "Körpererkundungsspiele". Sowas werde – so sagt Brede – nun mal im Kindergarten gespielt, weil dort eben ganz viele Kinder aufeinandertreffen. Es bringe nichts, sowas zu verbieten. "Es muss dafür ein Rahmen geschaffen werden", so die Sexualpädagogin weiter in ihrem Instagram-Reel. Ein sicherer Rahmen oder auch ein sicherer Raum. Deswegen sei solch ein sicherer Raum – oder auch eine "Kuschelhöhle"– in den sich Kinder zurückziehen können, um sich zu erkunden, total sinnvoll. Denn durch ihn werde ihre Privats- und Intimsphäre der Kinder geschützt.
Aber: Dafür braucht es natürlich Regeln und die Kids können auch nicht alleine in diesem Raum gelassen werden. Es braucht immer noch ein Auge und ein Ohr von Erwachsenen. So können auch gewisse Grenzen gezogen und eingehalten werden.
Körpererkundungsräume: Das sagen Befürworter
Es gibt viele positive Stimmen, die das Konstrukt unterstützen. Befürworter argumentieren zum Beispiel, …
- dass es hierbei bloß um die sichere Förderung kindlicher Entwicklung gehe.
- dass geschlechtsneutrale Räume einen wichtigen Beitrag zur Förderung der sexuellen Vielfalt und Akzeptanz leisten.
- dass Kinder bereits früh mit verschiedenen Geschlechterrollen und Identitäten konfrontiert werden und es wichtig ist, ihnen einen Raum zu bieten, in dem sie diese erkunden können.
- dass durch die Schaffung von geschlechtsneutralen Räumen Vorurteile und Stereotype aufgebrochen werden können
- dass so ein respektvoller Umgang mit unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten gefördert werden kann.
Was Gegner zu den vermeintlichen "Sex-Räumen" sagen
Aber: Es gibt auch viele Gegner. Diese befürchten etwa, …
- dass die Einrichtung von geschlechtsneutralen Räumen zu einer Frühsexualisierung der Kinder führen könnte.
- dass Kinder in diesem Alter noch nicht bereit seien, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen.
- dass dies ihre Unschuld und Kindheit beeinträchtigen könnte.
- dass die Privatsphäre ihrer Kinder missachtet werden könnte.
- dass diese Räume zu einem Ort für unangemessenes Verhalten werden könnten.
Ehrlicher Erfahrungsbericht einer Mama: "Meine Tochter war 3 Jahre – und auf einmal spielte Aufklärung eine Rolle!"
Eine Mutter berichtete unserer Redaktion (anonym) von ihren Erfahrungen. Ihre Tochter besuchte einst eine Kita mit einem solchen "Körpererkundungsraum".
"Bei uns war das so: Die Kita hatte ein offenes Konzept. Das heißt: Alle Kinder zwischen zwei und sechs Jahren waren zusammen. Es gab einen Raum, der durch einen Vorhang vom Spielzimmer abgetrennt war, in den sich Kinder zurückziehen konnten. Das war nicht explizit ein 'Doktorspiele-Raum', aber Kinder wurden tendenziell dort hingeschickt, wenn sie so etwas in der Art vorhatten. Es gab Regeln für den Raum: vorher Erzieher Bescheid geben, dass man in den Raum geht, nur zu zweit, die Kinder mussten etwa gleich alt sein, nichts in Körperöffnungen stecken, es darf nichts gemacht werden, was ein Kind nicht will – und 'Nein!' heißt nein.
Mein Kind kam mit knapp drei Jahren in diese Kita und es kam recht schnell dazu, dass sie auch in diesen Raum ging – heimlich mit zwei 5-jährigen Jungen (es wurden also quasi alle Regeln direkt gebrochen). Ich besorgte in Windeseile Bücher über Aufklärung. Meine Tochter hat nie etwas in die Richtung erzählt, dass etwas gegen ihren Willen passiert ist, doch es kam wiederholt vor, dass sich die Jungs unabgesprochen mit ihr dahin zurückzogen und ihr auch die Windel auszogen, sodass die Kita irgendwann verbot, dass die drei unbeaufsichtigt in einem Raum sein durften.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Als meine Tochter in einer Kita mit so einem Raum war, war das Thema Sexualität quasi Dauerthema bei uns, vor allem, um sie aufzuklären und sie zu bestärken, dass sie NEIN sagen darf und so weiter. Auch in der Kita wurde darüber mit ihr gesprochen, ihre Erzieherin war da sehr hinterher. Seit sie in eine andere Kita mit klassischen Gruppenräumen und ohne 'Dunkelkammer' geht, ist das Thema deutlich zurückgefahren.
Ich weiß, dass sie sich auch in der neuen Kita mal gegenseitig ‘erkunden', allerdings in ganz anderem Rahmen: Angezogen und eher spielerisch, nicht so explizit wie es durch diese Dunkelkammer irgendwie kam. Auch zu Hause reden wir mal darüber, aber eben nicht mehr täglich.
Eigentlich finde ich den dahinterstehenden Gedanken gut, dass Kinder offen erzogen werden und keine Scheu vor dem Thema haben, sich gleichzeitig im geschützten Rahmen erkunden können. Aber das mit so einem Raum explizit auf die Tagesagenda zu schreiben, fand ich schwierig und hat aus meiner Sicht mehr Probleme gemacht als Positives zu bewirken."