
Gestern erzählte mir mein Sohn (4. Klasse), dass sie in der Schule jetzt Sexualkunde hätten. "Da lernen wir das mit den Babys. Also, Penis rein, eine Weile abwarten, Baby rausdrücken." Ooookay, dachte ich mir. Ganz so einfach ist das zwar nicht, aber es ist wohl ein Anfang. Abgesehen davon war mein Sohn eh schon längst aufgeklärt und weiß natürlich, dass da noch ein paar weitere Details dazugehören.
Doch das Thema Aufklärung hat auch andere Aspekte. Was ist zum Beispiel mit Selbstbefriedigung? Habt ihr das euren Kindern erklärt? Es passiert gesellschaftlich bedingt ja immer noch der ein oder anderen von uns, dass selbst wir bei einem solchen Thema mal rot werden, ins Stocken kommen oder nicht genau wissen, wie wir mit unseren Kids altersgerecht darüber reden sollen. Oder irritiert sind, wenn Kinder sich selbst anfassen. Falls es euch auch so geht, hilft euch vielleicht dieser Text.
Selbstbefriedigung Kindern erklären
Warum fällt es uns eigentlich manchmal so schwer, über diese Themen zu reden? Ein Grund könnte sein, dass unsere Eltern nicht mit uns darüber gesprochen haben. Und wenn das Thema aufkam, wurde es früher oft verteufelt: Man werde blind davon oder bekomme einen Buckel oder Haare an den Händen ... So haben wir nie gelernt, es als normal einzustufen. Doch genau darum geht es: unseren Kindern zu vermitteln, dass Selbstbefriedigung etwas völlig Normales ist.
Kitakinder erkunden ihren Körper
Natürlich muss das immer altersgerecht passieren. Schon viele Kindergartenkinder haben eine Phase, in der sie sich selbst berühren, ihren Körper erkunden und dabei auch herausfinden, was sich gut anfühlt. In diesem Alter hat Masturbation nichts mit sexuellen Gefühlen zu tun, die man als Erwachsener kennt. Doch diese frühe Selbsterfahrung ist sehr wichtig, auch, um jetzt und später in der Lage zu sein, eigene Grenzen wahrzunehmen, zu zeigen und durchzusetzen.
Man kann durchaus schon mit Dreijährigen besprechen, dass sie ihre Geschlechtsteile gerne anfassen dürfen, wenn sich das gut anfühlt, aber bitte nur zu Hause und wenn sie alleine in ihrem Zimmer sind. So etwas gehört nicht in die Öffentlichkeit.
Im folgenden Video könnt ihr zwei Expertinnen zum Thema kindliche Masturbation hören:
Selbstbefriedigung für Mädchen und Jungen
Bei Grundschulkindern in der Vorpubertät nimmt die Neugier dann schon etwas andere Formen an. Man ist sich seines Geschlechts und dem des Gegenübers bewusst. Viele Kinder wissen, was Sex ist und wollen nun auch etwas darüber erfahren, was Selbstbefriedigung für Mädchen und Jungen bedeutet und wie das jeweils "funktioniert". Wenn ihr es nicht selbst erklären wollt oder nicht wisst, wie, gibt es tolle Bücher und auch Broschüren, die dabei helfen. Zum Beispiel die "Ratgeber zur kindlichen Sexualentwicklung" von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum kostenlosen Download.
Kindliche Selbstbefriedigung im Überblick
Diese Punkte könnt ihr beachten, wenn ihr mit euren Kindern über Selbstbefriedigung sprecht:
- Normalität signalisieren: Selbstbefriedigung sollte niemals negativ oder beschämend, sondern als normal und gesund dargestellt werden.
- Sprecht empathisch mit euren Kindern, nicht etwa beschuldigend. Versucht, euch in sie hineinzuversetzen und wählt eine liebevolle, respektvolle Sprache.
- Privatsphäre: Es ist völlig in Ordnung, eurem Kind zu vermitteln, dass Selbstbefriedigung am besten zu Hause im eigenen Zimmer oder im Bad stattfinden sollte, wenn niemand zuschaut. Es soll kein Geheimnis sein und man kann darüber sprechen, aber es ist eben etwas, das man alleine tut.
- Beantwortet immer nur genau das, wonach eure Kinder fragen. Ihr müsst nicht ausschweifend ins Detail gehen. Wenn Kinder mehr wissen wollen, werden sie danach fragen.
- Und wenn die Kinder euch fragen, ob ihr masturbiert? Wenn es euch unangenehm ist, darauf zu antworten, dürft ihr in diesem Fall etwas ausweichen und zum Beispiel sagen: "Die meisten Menschen machen das." Oder: "Was ich mit meinem Körper mache, ist meine Privatsache. Genauso, wie es deine Privatsache ist, was du mit deinem Körper machst. Okay?"
- Proaktiv das Thema einführen: Es ist eine Strategie, die Kinder auf bestimmte Themen vorzubereiten, bevor sie sie selbst ansprechen. So ist es mit dem Thema "Wie entsteht eine Baby", aber auch mit dem Thema Selbstbefriedigung. Ihr könnt es vor der Pubertät beiläufig schon mal erwähnen und damit vorbeugen, dass sie verwirrt oder beschämt sind, wenn sie selbst damit in Berührung kommen.
- Das Thema ausweiten: In diesen Zusammenhang bietet es sich an, Kindern erneut zu erklären, dass sie ihren Körper immer so anfassen dürfen, wie es sich gut anfühlt. Aber dass Erwachsene das bei ihnen nicht dürfen. Natürlich können Mama oder Papa oder die Großeltern nach dem Toilettengang helfen und auch beim Arzt kann es sein, dass er die Geschlechtsorgane untersuchen muss, aber dann sind immer die Eltern dabei.
Autorin: Judit Schmidt