Tipps für Eltern

Medienkonsum für Kinder: Wie lange dürfen sie vor den Bildschirm?

Bildschirme überall. Eltern wünschen sich feste Regeln für die Medienzeit ihrer Kinder – doch oftmals ist es gar nicht so leicht, das richtige Maß zu finden. Eine Medienpädagogin erklärt, wie Kinder einen gesunden Umgang mit TV, Tablet & Co. lernen.

Lachendes Mädchen liegt mit Fernbedienung im Bett.© iStock/Liderina
Der richtige Medienkonsum will gelernt sein.

"Noch eins!" Welche Eltern kennen diesen Ausruf nicht, wenn der Nachwuchs gebannt auf den Bildschirm schaut? Oder: "Ich will nur noch diese Folge zu Ende gucken!"

Wenn Kinder vor TV oder Tablet sitzen, löst das bei Eltern oft die unterschiedlichsten Gefühle aus: Irgendwo zwischen schlechtem Gewissen, Erleichterung, endlich mal einen Moment Ruhe zu haben und Genervtsein, wenn das Kind einfach nicht mehr ausschalten möchte.

Das Thema Bildschirmzeit sorgt in vielen Familien für Konflikte. Zwar nutzen wir Erwachsenen selbst ständig digitale Medien – unsere Kinder wollen wir jedoch davor bewahren, genauso abhängig davon zu werden. Statt auf Bildschirme zu starren, sollen sie selbst aktiv und kreativ werden.

Doch Fakt ist: Es war nie so schwer wie heute, Kinder von Medien fernzuhalten. Dank Smartphones, Tablets, Apps, Computern, Fernsehen, Streamingdiensten und Co. sind Inhalte immer und jederzeit abrufbar. Zu einer bestimmten Uhrzeit einschalten, um die Lieblingsserie zu sehen, ist nicht mehr relevant.

Doch wie schaffen es Eltern, trotz dieser Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit ein gesundes Maß zu halten?

Sinnvolle Regeln für Medienzeit

  • Altersgerechte Formate wählen: Gute Orientierung geben die pädagogischen Altersempfehlungen von Flimmo und KinderFilmWelt.
  • Zeitkontingente definieren. Bis 5 Jahre: bis eine halbe Stunde Bildschirmzeit am Tag. 6 bis 9 Jahre: bis zu einer Stunde Bildschirmzeit am Tag.
  • Mediennutzungsvertrag abschließen: Vorlagen gibt es unter mediennutzungsvertrag.de.
  • Begleitung und kritische Auseinandersetzung mit dem Gesehenen ist unerlässlich.
  • Eltern haben eine Vorbildfunktion. Ihr Umgang mit Medien prägt ihre Kinder.
  • Medien zu verbieten führt oft dazu, dass Kinder heimlich schauen. Besser sind offene Kommunikation und feste Absprachen.
  • Bildschirmzeit unmittelbar vorm Zubettgehen sollte vermieden werden.

Wie lange dürfen Kinder fernsehen? 

Die Initiative "SCHAU HIN!" rät, dass sehr junge Kinder nicht mehr als zehn Minuten täglich schauen sollten. Bei Kita-Kindern bis 5 Jahre ist eine halbe Stunde Bildschirmzeit angemessen. Schulkinder dürfen auch schon mal eine Stunde schauen. Wenn die Kinder älter sind, lässt sich das auf Spielfilmlänge steigern. "Diese Angaben sind jedoch als Orientierung zu verstehen. Kinder müssen auch nicht jeden Tag vorm Bildschirm sitzen", erklärt Kristin Langer, diplomierte Medienpädagogin, Mediencoach beim Elternratgeber "SCHAU HIN!" und Mutter einer Tochter. 

Die Expertin weiß: Starre Minutenangaben sind Unsinn. "Eltern wünschen sich feste Vorgaben, aber jede Familie muss es so entscheiden, dass Medienzeit in den Tagesablauf passt."

Auch wenn Medienangebote bei Kindern unter 3 Jahren sparsam bis gar nicht eingesetzt werden sollten, lässt sich das in der Realität nicht immer umsetzen. "Wenn ältere Geschwister im Hausleben leben, ist es naheliegend, dass auch ein Zweijähriger mal mitschaut", so Kristin Langer.  

Statistisch gesehen liegt das Einstiegsalter fürs Fernsehen bei zwei Jahren – doch in diesem Alter können sich Kinder Medien noch nicht selbstständig erschließen. "Erst ab dem vierten oder fünften Lebensjahr sind sie in der Lage, etwas für sich zielführend zu entnehmen. Es hängt immer von der individuellen geistigen und emotionalen Entwicklung ab."

Feste Zeitkontingente können helfen, ständige Diskussionen ums Abschalten zu vermeiden. Vielen Familien hilft dabei ein gemeinsamer "Mediennutzungsvertrag", in dem die Regeln für digitale Medien festgelegt werden. "Diese Regeln können individuell angepasst werden", so die Expertin. "Manchen Kindern hilft es, den Vertrag auszudrucken und zu unterschreiben." Die feste Vereinbarung soll auch dazu dienen, heimliches Schauen zu verhindern. 

Altersgerechte Formate auswählen

Entscheidend ist, Medien gemeinsam mit den Kindern zu nutzen. "In den Einstiegsjahren bis zum Grundschulalter sollten Eltern die Kindersendungen mitschauen", empfiehlt Kristin Langer. So haben sie die Möglichkeit, direkt zu handeln, wenn ein Kind negativ auf das Gesehene reagiert.

Doch wie finden Eltern überhaupt heraus, welche Formate für ihr Kind geeignet sind? Wichtig ist zunächst einmal, dass Eltern altersgerechte Formate auswählen. Die Bedürfnisse verändern sich dabei im Laufe der Entwicklung ständig. "Bei sehr jungen Kindern ist Wiederholung wichtig, weil sie Routine und Sicherheit brauchen. Es hilft ihnen zu wissen, wie eine Geschichte verlauft und dass sie gut ausgeht."

Eltern sollten bei der Wahl der Inhalte beherzigen, dass sie die Lebenswelt ihrer Kinder wiedergeben. "Kinder lernen auch im emotionalen und sozialen Bereich durch die Figuren und eignen sich Verhaltensmuster für ihr eigenes Leben an." Wenn sie älter werden, dürfen Eltern ihnen mehr Mitspracherecht einräumen. "Kinder können lernen, selbst darauf zu achten, dass es ihnen gut geht, wenn sie sich Medienangebote nutzen", so Kristin Langer.

Wie Kinder durch fernsehen dazulernen können

Fernsehen kann dabei mehr als nur Berieselung sein – sondern durchaus lehrreich. "Im Alter von spätestens fünf oder sechs Jahren sind Kinder extrem wissbegierig. Sie wollen mit Neugier die Welt entdecken und Bescheid wissen." Die sogenannten "Checker"-Sendungen sind deshalb in diesem Alter besonders beliebt. Checkerin Marina, Checker Tobi und Co. werden für die Kinder zu echten Helden. Kristin Langer weiß, was hinter diesem Phänomen steckt: "Kinder wachsen in einer digitalen Gesellschaft auf und lernen durch uns Erwachsene, dass Wissen übers Smartphone schnell angelesen werden kann." Durch Sachsendungen bekommen sie die Möglichkeit, sich selbst zu informieren. "Das befriedigt die Neugier und ergänzt ihr Wissen, und mit diesem Wissen wiederum können sie bei Gleichaltrigen glänzen."

Ein weiterer Vorteil dieser Formate: "Die 'Checker'-Sendungen vermitteln Kindern, dass man auf Leute zugehen muss, wenn man etwas wissen will und dass jede Frage okay ist. Sie erleben Erwachsene, die zugeben, dass sie auch nicht alles wissen. Das ist eine gute Haltung.“

Auch Entertainment ist erlaubt

Dennoch müssen Eltern nicht streng darauf achten, dass Kinder nur Formate mit Mehrwert schauen. "Eltern sollten die Perspektive haben: Was begeistert mein Kind? Es darf sich auch Unsinn angucken, es darf auch gelacht werden. Das dient der Entspannung und das wiederum hilft für das reale Leben."

Problematisch wird es jedoch, wenn Kinder außerhalb des Elternhauses durch Plattformen wie YouTube, Tiktok o.ä. mit Videos in Kontakt kommen, für die sie noch viel zu jung sind. "Auch Kindergartenkinder haben heutzutage oft durch Zufall schon Inhalte gesehen, die nicht für ihr Alter geeignet sind - je nach Umfeld durch ältere Geschwister oder wenn das Tablet mal nicht gesperrt ist", weiß Kristin Langer. In diesem Fall gilt die Devise: Viel reden, nicht schimpfen. "Verirrungen sind alltäglich. Es geht erstmal darum, das Kind wieder zu stabilisieren und zu trösten. Im besten Fall erzählt es von sich aus, was es gesehen hat." Ist das Kind mit Inhalten in Berührung gekommen, die ihm nicht guttun, ist entscheidend, das Unschöne durch Schönes ausgleichen und dem Kind Sicherheit zu geben.

Generell gilt: Gut ist es, wenn Kinder möglichst qualitativ hochwertige Sendungen schauen, die nicht überladen sind mit schrillen Effekten. Wenn sie zudem möglichst viel Unterschiedliches sehen, können sie herausfinden, was zu ihnen passt. Gruppenzwang sollte dabei jedoch keine Rolle spielen. "Eltern müssen ihr Kind nicht etwas gucken lassen, nur weil die Spielkameraden das gucken." Wenn sie ein bestimmtes Format für ungeeignet halten, ist es sinnvoll, nach Alternativen zu suchen. "Eltern sollten sich nicht erpressbar machen."

Und auch wenn ihnen die gefühlt tausendste Episode von "Paw Patrol" gehörig auf die Nerven geht, sollten sich Eltern mit Kritik zurückhalten. "Was mein Kind toll findet, muss ich als Eltern nicht toll finden. Kinder haben das Recht auf einen eigenen Geschmack."

So viel Zeit verbringen Kinder mit Videospielen

Im Schnitt verbringen Kinder und Jugendliche täglich 1 Stunde und 7 Minuten
mit Video- und Computerspielen – entweder auf dem Laptop, der Konsole oder dem Smartphone. Das ergab eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) aus dem Jahr 2022. Untersucht wurde das Medienverhalten von 10- bis 17-Jährigen. Dabei kam auch heraus, dass sich Jungen im Schnitt länger "daddeln" als Mädchen: Während Mädchen etwa 26 Minuten am Tag mit Computer- oder Videospielen verbringen, ist es bei Jungs etwa viermal so viel, nämlich 1 Stunde und 46 Minuten.