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"Ein Roboter kann keinen Freund ersetzen" – Wie Eltern Kindern KI erklären können

Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) ist rasant. Schon längst ist sie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch wie erklären wir unseren Kindern, was KI ist und macht?

Kind sitzt mit einem Roboter im Wohnzimmer. © iStock/Evgeniy Shkolenko
KI ist präsenter, als wir vielleicht denken.

Spätestens in der Grundschule, teils schon in der Kita, tauchen Fragen bezüglich künstlicher Intelligenz (auf Englisch: artificial intelligence, ai) auf. Wir haben mit einem Experten gesprochen und ihn gefragt, wie Eltern ihren Kindern KI erklären können und was es zu beachten gilt.

Unser Experte
Udo Lihs

Udo Lihs ist der medienpädagogische Projektleiter des Projekts "FINNreporter" der Kindersuchmaschine "fragFINN".

Kindern KI erklären

Anschaulich ist es, für die KI erst mal einen Roboter als Beispiel zu nehmen. Später kann man Kindern dann sagen, dass die KI auch in anderer Form – Computer, Smartphone, Siri, Alexa etc. – eingesetzt werden kann. Man kann den Kindern zunächst erklären, dass dieser Roboter von Menschen so programmiert wurde, dass er bestimmte Dinge tun kann, zum Beispiel ein Tablett in die Küche bringen. "Auf dieser Grundlage können manche Roboter, wenn sie entsprechend programmiert wurden, auch lernen und sich weiter entwickeln", erklärt Udo Lihs. "So ähnlich wie Kinder in der Schule. Die Roboter werden dann menschlicher, aber der entscheidende Unterschied ist, dass sie keine Gefühle haben." 

Kann die KI einen Freund ersetzen?

Daraus ergibt sich auch gleich eine weitere Antwort: "Ein Roboter oder eine KI kann kein Freund und keine Freundin sein!", betont der Medienpädagoge. Zwar lassen sich Roboter oder andere KIs so programmieren, dass sie beispielsweise mit einem Kind sprechen können, das sich einsam fühlt. Aber Kinder merken schnell, dass nur hölzerne Antworten kommen und etwas Wesentliches fehlt. "Deshalb sagen wir, eine KI kann nur helfen und antworten, aber kein Freund/keine Freundin sein." Es gibt keine Empathie, der KI ist es egal, wie es einem geht. Natürlich kann sie bestimmte Sätze lernen, die wirken, als wäre sie mitfühlend. 

KI statt Mensch

In bestimmten Bereichen kann KI den Menschen ersetzen, aber nur, wenn es um Routine-Aufgaben geht, erklärt Udo Lihs. Sobald es um zwischenmenschliche, soziale Kontakte geht, kommt die KI an ihre Grenzen. Sie wird aber schon breitflächig in vielen Bereichen eingesetzt. Beispielsweise bei der Gesichtserkennung des Smartphones. Auch dieses Beispiel kann man Kindern gut erklären. Die KI lernt quasi, sich das Gesicht einzuprägen und es wiederzuerkennen. 

Wie KI im Alltag hilft

Auf KI basierende Sprachassistenten wie Siri und Alexa sind bereits vielen Kindern bekannt. Diese Geräte können sich beispielsweise anhand der Stimme merken, wer welche Frage gestellt hat und noch Monate später darauf hinweisen, dass diese Frage bereits gestellt wurde und man jetzt mehr in die Tiefe gehen würde. Übrigens: Man kann von Amazon bereits gespeicherte Stimmeingaben beispielsweise im Sprach-Assistenten Alexa löschen, wenn man datenschutzrechtliche Bedenken hat.

Weitere Bereiche, in denen KI bereits aktiv ist und helfen kann:

  • Um Lebensmittelverschwendung zu verhindern, wird KI eingesetzt, indem sie den voraussichtlichen Absatz ermittelt und Bestellvorgänge optimiert. 
  • Auch in der Pflege älterer Menschen wird KI bereits unterstützend eingesetzt.
  • Verbrechensbekämpfung (hier gibt es oft einen Konflikt mit dem Datenschutz)
  • bei den Hausaufgaben – aber bitte immer nachrecherchieren und überprüfen
  • Bilder erstellen, zum Beispiel für Referate
  • Gutenachtgeschichten schreiben
  • Musik generieren

Schwierigkeiten, die die KI mit sich bringt

Man kann sich nie sicher sein, ob die Informationen auch wahrheitsgetreu sind. Was man dann tun kann? Udo Lihs rät zu drei Dingen: "Hinterfragen, anderweitig recherchieren und auch eine andere KI befragen." Für die Recherche mit Kindern empfiehlt Udo Lihs die Suchmaschine "fragFINN". Diese zeigt Websites für Kinder und unbedenkliche Seiten an. Außerdem weist er darauf hin: "Es gibt bisher keine KI, die speziell für Kinder, also kindgerecht, programmiert wurde. Die meisten Tools sind erst ab 13 Jahre erlaubt." 

Mit KI kann man durchaus auch Schaden anrichten, wenn man sie auf bestimmte Art und Weise programmiert oder füttert. 

So können auch "falsche" Bilder erstellt werden, die Informationen in ein anderes Licht rücken. KI kann zudem Vorurteile schüren, indem sie Aussagen weitergibt, die bereits im Internet kursieren. 

Was Kinder und Eltern über KI wissen müssen

  • Kinder müssen erst eine Medienkompetenz entwickeln. Dafür brauchen sie auch die Unterstützung der Eltern. 
  • "ChatGPT" und Co sind erst ab 13 Jahren erlaubt. 
  • "Open AI" kommuniziert laut Udo Lihs keine Altersbeschränkung. Eltern müssen für ihre Kinder daher selbst darauf achten.
  • Achtung: Auch in Snapchat gibt es einen KI-Chatbot mit dem Namen "My AI". Die App ist offiziell ab 13 Jahre erlaubt.
  • Eltern sollten anfangs (bei unter 13-Jährigen immer) daneben sitzen, wenn das Kind einen KI-Chatbot oder Ähnliches befragt, damit sie sich die Antworten gemeinsam anschauen und diese einordnen können. 
  • Niemals personenbezogene Daten (echter Name, Adresse, Telefonnummer etc.) angeben – weder von sich, noch von anderen Personen. Auch die verwendete E-Mail-Adresse sollte keinen Rückschluss auf persönliche Daten zulassen. Daher nur neutrale E-Mail-Adressen wie z. B. sonnenschein@... verwenden. 

Tipps und Infos für Kids

  • Eine KI kann keinen Freund/keine Freundin ersetzen, da sie keine Gefühle hat.
  • Udo Lihs empfiehlt: "Nutze doch mal die Dialogfunktion statt nur das Abfragen von Informationen!" So kommen teils interessante Konversationen zustande. 
  • Bei der Spracheingabe immer deutlich sprechen und bitte nur eine Person zur Zeit. 
  • Udo Lihs: "Sage der KI wie alt du bist und dass du nur altersgerechte Informationen erhalten willst."

Wie wir KI für die Zukunft positiv beeinflussen können

Die zukünftige Entwicklung von KI hänge sehr stark auch von der Politik und den Programmierern sowie entsprechenden Schutzmaßnahmen (die beispielsweise dem Jugendschutz dienen) ab, sagt Medienpädagoge Udo Lihs. Darauf haben wir also nur begrenzt Einfluss. Was wir aber selbst tun können, um der KI zu einer positiven Entwicklung zu verhelfen, ist Folgendes:

  • sie mit korrekten Daten/Informationen füttern, indem man ihr Dinge erklärt
  • nachfragen und auf Unstimmigkeiten hinweisen
  • sie auf Fehler hinweisen
  • nur Inhalte liken und weiterverbreiten, die dem Wohl der Menschheit dienen

Was sind die "FINNreporter"?

Unser Interviewgeber Udo Lihs, mit dessen Unterstützung dieser Artikel entstanden ist, ist wie bereits oben erwähnt medienpädagogischer Projektleiter der "FINNreporter". Dabei handelt es sich um ein von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördertes Projekt der Kindersuchmaschine "fragFINN.de". Kinderreporter im Alter zwischen acht und 14 Jahren erarbeiten sich über einen längeren Zeitraum in wöchentlichen Treffen in Berlin bestimmte Sachverhalte, derzeit beispielsweise das Thema KI. Sie entwickeln Fragen, führen Interviews, erstellen Podcasts, Videos und vieles mehr. Das Ziel des Projektes ist, die Medienkompetenz von Kindern zu fördern. Viele Inhalte werden auch in Schulen eingesetzt. Wer sich als "FINNreporter" bewerben will, kann das über die Website tun. 
Hier findet ihr noch ein Interview des Internet-ABC mit den "FINNreportern" zum Thema Kinder und KI.

Buch-Tipp zum Thema Kinder und KI

Silke Müller ist Schulleiterin und Digital-Expertin. In ihrem Buch "Wer schützt unsere Kinder? Wie künstliche Intelligenz Familien und Schule verändert und was jetzt zu tun ist. ChatGPT, Avatare, FakeNews" warnt sie davor, Kinder mit KI alleine zu lassen. Und gibt praxistaugliche Tipps, wie wir unsere Kinder schützen und begleiten können.