Dieser Artikel enthält unter anderem Produkt-Empfehlungen. Bei der Auswahl der Produkte sind wir frei von der Einflussnahme Dritter. Für eine Vermittlung über unsere Affiliate-Links erhalten wir bei getätigtem Kauf oder Vermittlung eine Provision vom betreffenden Dienstleister/Online-Shop, mit deren Hilfe wir weiterhin unabhängigen Journalismus anbieten können.

Saskia John ist vierköpfige Mutter, Heilpraktikerin und Autorin, seit fast 30 Jahren führt sie eine eigene Praxis. Sie unterstützt Menschen auf ihrem Weg zu Heilung und spirituellem Wachstum. Zu ihren Klienten gehören viele Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen. Uns erklärt sie, woher Schulangst kommt und wie Eltern und Kinder mit ihr umgehen können.
Viele Grundschulkinder haben Ängste
Aus meiner jahrzehntelangen Praxiserfahrung weiß ich, dass viele Grundschulkinder große Angst haben. Regelmäßig suchen Mütter und Väter, Großmütter und (sehr selten) Großväter nicht nur bei Google, sondern auch bei mir Rat zu diesem Thema: "Mein Kind (Enkel) hat Angst vor ...".
Wovor Grundschulkinder Angst haben und was das mit ihnen macht
Wovor Kinder Angst haben, variiert stark. Die Angst ist dabei oft auf das Umfeld "Schule" bezogen, kann aber auch andere Auslöser haben. Meiner Erfahrung nach gehören zu den häufigsten Ängsten folgende:
- Angst vor strengen LehrerInnen und ErzieherInnen und deren Erwartungen
- Angst zu versagen (etwas "nicht richtig machen")
- Angst vor Bestrafung (Schimpfe, wenn die Hausaufgaben fehlen oder falsch sind)
- Angst, nicht dazuzugehören, ausgeschlossen, nicht gemocht zu werden
- Angst, bloßgestellt und beschämt zu werden (Witzeleien der MitschülerInnen über das eigene Aussehen, die Kleidung, falsche Antworten, schlechte Noten, Bewertungen ...)
- Angst vor Mobbing, Bedrohtwerden, Gewalt durch MitschülerInnen oder ältere Kinder
- Angst vor Trennung von den Eltern (bei Klassenfahrten oder bei unbekannten Aktivitäten außerhalb des gewohnten Umfelds)
- Angst, dass andere erfahren, dass nachts noch ins Bett genässt wird
- Angst vor der Dunkelheit und dem Alleinsein
Die Ängste sind teilweise so groß, dass sie die Lebensqualität des Kindes erheblich einschränken. Sie wirken sich körperlich und psychisch aus. Und daraus entstehen für das Kind nicht nur Auswirkungen in der Schule, sondern in allen sozialen Bereichen.
Das hilft ängstlichen (Grundschul-)kindern
- Offene Kommunikation. Weist euer Kind niemals ab, wenn es sich an euch wendet. Schafft einen vertrauensvollen Raum, in dem euer Kind über seine Ängste sprechen kann. Hört mit offenem Herzen zu – frei von Bewertung, Bagatellisierung oder Abwertung. Begegnet eurem Kind mit Verständnis für seine Erfahrungen und unterstützt es dabei, seine Gefühle zu benennen und auszudrücken.
- Entspannungs- und Bewältigungsstrategien. Unterstützt euer Kind beim Erlernen von Entspannungstechniken, wie zum Beispiel Atemübungen, autogenes Training, Yoga, kreative Tätigkeiten wie Malen, Schnitzen, Basteln, Schreiben – oder was immer eurem Kind Freude bereitet. So helft ihr ihm, seine Angst zu bewältigen. Indem ihr gemeinsam die Kurse besucht, kann das für euer Kind beruhigend sein und das Verbindungs- und Sicherheitsgefühl zu euch stärken.
- Klare Tagesstruktur und unterstützende Routine zu Hause. Ein klar strukturierter Tag und eine unterstützende Routine bieten eurem Kind Sicherheit, Orientierung und innere Stabilität. Regelmäßige Rituale, z. B. Geschichten vorlesen oder gemeinsame Spielzeit, sind für das Kind vorhersehbar und wirken dadurch beruhigend. Zudem kann sich euer Kind gesehen und ernst genommen fühlen, wenn es eine feste Zeit gibt, wo ihr als Eltern für euer Kind ganz präsent da seid – ohne Wenn und Aber.
Woher die Ängste kommen
Auch wenn sich Ängste bei den Kindern auf vielfältige Art und Weise ausdrücken, so lassen sie sich oft in der Tiefe der Psyche im Wesentlichen auf traumatische unverarbeitete Erlebnisse in der Vergangenheit des Kindes und auf familiäre Belastungen zurückführen. Letztere wiederum haben ihre Ursache im Verhalten und in der unverarbeiteten Vergangenheit der Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Ahnen. Ursachen, die im Hintergrund der Ängste liegen oder lagen, können sein:
- Probleme während der Schwangerschaft, bei und nach der Geburt
- Trennung von der Mutter durch Klinikaufenthalte des Kindes oder der Mutter
- Beziehungskonflikte, Scheidung, Umzug, Tod eines nahen Angehörigen
- unrealistische Erwartungen und Forderungen an das Kind
- Vergleichen der Kinder durch die Eltern (z. B. mit Geschwistern und FreundInnen) und mit eigenen (elterlichen) Erfahrungen
- ständige Kritik an den Kindern, Überbehütung oder mangelnde Unterstützung
- Alkohol, Drogen und Einnahme von bewusstseinseinschränkenden Medikamenten bei den Eltern
- Unverarbeitetes Trauma bei den Eltern und Großeltern (z. B. Krieg, Gefangenschaft, Flucht, Vergewaltigungen und andere Gewalterfahrungen, Unfälle, erlittene Verluste).
Ebenso spielen Druck und hohe Anforderungen in der Schule eine wesentliche Rolle, wenn der emotionale Rückhalt der Eltern fehlt. Beispielsweise in kurzer Zeit etwas lernen "zu müssen", weil der Lehrplan es so vorgibt – ohne das individuelle Tempo der Kinder zu berücksichtigen. Der Schulstress kann für die Kinder aufhören, wenn die Eltern einschreiten und den Sachverhalt reflektiert mit der Lehrkraft klären.
Vielen Grundschulkindern fällt es schwer, negative Gefühle wie Schulangst zu benennen
Die Auswirkungen von Ängsten bei Kindern sind vielfältig und können das Wohlbefinden des Kindes sogar bis ins Erwachsenenalter stark beeinträchtigen. Angst zeigt sich, wie schon angedeutet, in vielen verschiedenen Gewändern. Körperlich klagen die Kinder über Übelkeit, Kälte und Schwächegefühl. Auch über Erbrechen, Bauch- und Kopfschmerzen, Herzrasen, schwitzige Hände sowie Zittern an den Beinen, Armen oder auch am ganzen Körper. Die berühmte "Bauchsymptomatik" kommt häufig vor und wird von den Eltern oft mit Magen-Darm oder Grippe-Erkrankungen verwechselt.
Emotional fühlen sich die Kinder unsicher, deprimiert oder wütend, ohne sagen zu können, warum es ihnen so geht. Die Angst wird oft nicht als solche erkannt – weder kann sie von den Eltern noch von den (älteren) Kindern als Gefühl benannt werden. Ein typisches Symptom von Verdrängung. Die Kinder zeigen sich zurückhaltend und meiden oft Kontakte mit Gleichaltrigen. In manchen Fällen erhält das Kind dann von den Eltern den Vorwurf, ein "Stubenhocker" zu sein, oder das kindliche Verhalten wird als "Unlust, rauszugehen" fehlinterpretiert.
Individuelle Lösungsansätze helfen, Schulangst zu durchbrechen
Ich möchte das Vorgehen anhand eines schwierigeren Falles aufzeigen; es kann jedoch in vielen Fällen – der Situation entsprechend abgewandelt – angewendet werden. Der Fall: Ein zwölfjähriger Junge verweigerte seit sechs Monaten den Schulbesuch; sein Wohlbefinden war sichtbar gestört. Er fror innerlich förmlich ein, wenn es morgens darum ging, aufzustehen und zur Schule zu gehen. Sobald jedoch klar war, dass er zu Hause bleiben konnte, ging es ihm wieder gut – die Angst ebbte ab, sobald die "Gefahr Schule" vorüber war. Dann war er guten Mutes, wieder in die Schule gehen zu können. Doch am nächsten Morgen fühlte er sich dazu nicht in der Lage. Das war ihm auch physisch anzusehen: Sein Gesicht war leichenblass; er stand steif wie ein Stock, unfähig, einen Schritt zu gehen.
Je länger er in der Schule fehlte, desto mehr Druck wurde von den Eltern auf ihn und seitens der Schule, den ÄrztInnen, PsychologInnen und dem Jugendamt auf die Eltern ausgeübt. Das machte es für die Eltern und den Jungen nicht leichter. Im Gegenteil – die Angst baute sich immer mehr auf statt ab. Der Widerstand wurde bei allen Beteiligten immer größer – und damit auch die Hürde, die sich innerlich vor dem Kind aufbaute.
Um diesen Teufelskreis aufzulösen, brauchte es ein anderes Vorgehen, als weiterhin mittels Erwartungshaltung Druck auf die verzweifelten Eltern und den ängstlichen Jungen auszuüben.
Der folgende Lösungsansatz führte zu einer Entspannung, infolgedessen der Junge nach einiger Zeit der konsequenten Umsetzung wieder in die Schule gehen konnte.
- Das Kind kam auf eigenen Wunsch in eine andere Schule.
- Die Eltern (in Trennung) erhielten von mir die Information, dass jeglicher Druck auf das Kind kontraproduktiv sei. Stattdessen brauchte das Kind von ihnen Verständnis. Und vor allem Geduld.
- Die Eltern stellten die Schulverweigerung ihres Sohnes in einem meiner Aufstellungsseminare auf. Dabei zeigte sich, dass zwischen beiden Elternteilen und dem Kind die emotionale Beziehung fehlte. Die Mutter begann danach, sich den unverarbeiteten Traumata aus ihrer Kindheit zu stellen. Dabei zeigte sich, dass sie selbst voller Angst steckte, die ihr zuvor nicht bewusst war. Sie stellte sich der Angst und begann, eine sichere Verbindung zu ihrem panischen inneren Kind aufzubauen.
- Die Verarbeitung der eigenen Angst und das Aufbauen von Verbindung zu ihrem inneren Kind ermöglichte es der Mutter, ihren Sohn in seiner Angst liebevoller zu begleiten und präsenter für ihn da zu sein. So fand er zunehmend Halt in ihr, was seine Angst mit jedem Mal etwas abbaute.
- Nach einigen Therapiestunden wurde der Grund für die Angst des Jungen deutlicher. Alles begann mit der Geburt der zwei Jahre jüngeren Schwester: Die Geburt war schwierig, der Mutter ging es schlecht, sie brauchte Ruhe. Als der Junge zu seiner Mutter wollte, hinderte ihn sein überforderter Vater gewaltvoll daran, um die Erholung seiner Frau sicherzustellen. Eine gute Absicht, die im Sohn jedoch große Angst auslöste. Danach begannen die Verhaltensveränderungen: Der Junge wollte nicht mehr in die Kita gehen. Unbewusst triggerte die Trennung von der Mutter die traumatische Erfahrung, die im Kind nicht verarbeitet worden war.
- Je mehr das Geburtstrauma und auch die Kindheitsängste bei der Mutter in Heilung kamen, umso sicherer und lockerer verhielt sich der Sohn.
- Die ÄrztInnen, PsychologInnen in der Klinik (in die der Junge kommen sollte, dies aber nicht wollte), das Jugendamt und die Schulleitung wurden in das neue Vorgehen (keinerlei Druck und Erwartungshaltungen an den Jungen) einbezogen. Durch die offene und ehrliche Informationsvermittlung – sowohl über die neuen Maßnahmen als auch über die Auswirkungen dieser auf den Jungen (entspannteres und offeneres Verhalten) und über ihre eigenen Ängste – erhielt die Mutter von allen Seiten Unterstützung. Das baute weiteren Druck in ihr und dem Sohn ab.
Ich könnte noch viele weitere ähnliche Beispiele benennen – kürze es aber an dieser Stelle zusammenfassend ab: Es ist wichtig, die Ursachen und Symptome der Angst zu erkennen, ernst zu nehmen und angemessene Unterstützung und Interventionen anzubieten. LehrerInnen, Eltern und Fachkräfte können dazu beitragen, ein sicheres und vertrauensvolles Umfeld für die Kinder zu schaffen und ihnen Strategien zur Bewältigung ihrer Ängste zu vermitteln. Und: Natürlich sollte jeder Lösungsansatz individuell angepasst werden, da jedes Kind und jede Familie andere Erfahrungen und Bedürfnisse hat.
Autorin: Saskia John