
Irgendwann kommt der Tag. Der Tag, an dem wir Eltern uns überlegen, ob das Kind schon bereit ist, ganz alleine draußen zu spielen. Oder ganz alleine einen Weg zu bestreiten. Vielleicht den Weg zur Grundschule!? Oder den Weg zu einem Kumpel!? Oder sogar schon den Weg zur Kita? Vielleicht fragt das Kind auch aktiv danach, weil alle anderen im Freundeskreis schon längst alleine draußen spielen dürfen? Wir haben recherchiert und bei einem Experten nachgefragt.
Ab wann dürfen Kinder alleine raus?
Eine pauschale Antwort gibt es auf diese Frage mal wieder nicht. Wie bei so vielen Dingen, die Kinder betreffen. Denn auch wenn Eltern die gesetzliche Aufsichtspflicht ihrer Kinder obliegt, ist die Frage, ab wann Kinder alleine draußen sein dürfen, recht individuell zu betrachten. Schließlich sind Eltern laut BGB auch dazu angehalten, ihre Kinder zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln zu erziehen. Ein schmaler Grat also.
"Das Alter hängt ganz stark vom Entwicklungsstand des Kindes ab, aber auch von den äußeren Rahmenbedingungen", erklärt uns Andreas Kalbitz, der Geschäftsführer der BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V.). Es gibt ein grobes Gerüst, das bei dieser Fragestellung hilft: Kann das Kind bereits Risiken einschätzen? Ist beispielsweise der Schulweg kurz und ruhig? Oder von viel Verkehr begleitet? Wohnen wir ländlich oder städtisch? Ist das Kind ganz alleine oder wird es von Freunden begleitet? All diese Faktoren müssen bei der Entscheidung einbezogen werden, die am Ende nur von den Eltern selbst getroffen werden kann.
Wichtig zu wissen:
Grundsätzlich ist ein vorausschauendes Risikobewusstsein erst ab einem Alter von acht Jahren bei Kindern zu beobachten, so lesen wir es auch auf der offiziellen Seite des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Andreas Kalbitz rät grundsätzlich davon ab, Kinder unter sieben Jahren alleine draußen zu lassen. Aber: Unter bestimmten Rahmenbedingungen sind auch hier Ausnahmen möglich. "Gibt es beispielsweise einen ruhigen und dem Kind vertrauten Innenhof, den man als Eltern von der Wohnung aus beobachten kann, dann kann auch ein vier- bis fünfjähriges Kind dort schon mal für eine kleine Weile alleine spielen – aber bitte immer in Rufnähe", so der Experte für Kindersicherheit. Andersrum sollte ein Schulweg mitten in der Großstadt auch mit einem Grundschulkind mehrmals geübt werden, bevor er alleine bestritten wird.
Weitere elementare Fragen für das Kind:
- Möchte es überhaupt schon alleine unterwegs sein?
- Schafft es die Distanzen auch körperlich schon?
Expertentipp für den Schulweg
Die meisten Kinder beginnen in der Grundschule damit, erste eigene Wege zurückzulegen. Der Schulweg ist da der Klassiker. Der Experte Andreas Kalblitz gibt folgenden Tipp: "Der Schulweg sollte mehrere Male zusammen abgelaufen werden, bevor das Kind ihn alleine geht. Wechseln Sie auch ruhig mal die Rollen mit ihrem Kind 'Jetzt führst du mich zur Schule und ich gehe hinterher!' So können Sie sicher sein, dass das Kind die Gefahren des Weges schon richtig einschätzen kann." Im Idealfall gehen Kinder im Grundschulalter nicht allein raus, sondern mit Freunden zusammen, die im Ernstfall Hilfe holen könnten.
Der Umgang mit Fremden
Auch wenn die Statistik ganz eindeutig sagt, dass die meisten Missbrauchsfälle im direkten Umfeld des Kindes passieren, bleibt bei Eltern oft die Angst vor Fremden. Klar ist: Ein vorsichtiger Umgang sollte den Kindern hier schon frühzeitig beigebracht werden – spätestens wenn sie sich draußen alleine aufhalten, aber ohne grundsätzliche Ängste vor unbekannten Menschen zu schüren.
Regeln, die sich Kinder merken sollten:
- Nicht mit Fremden mitgehen!
- Keine Süßigkeiten oder Geschenke von Fremden annehmen!
- Braucht das Kind Hilfe, sollte es diese am besten in einem ihm bekannten Geschäft, Café, Apotheke o. ä. suchen.
- Eltern können mit ihrem Kind auch ein Passwort vereinbaren, von dem nur sie und eingeweihte Personen wissen. Gibt ein Fremder vor, die Eltern zu kennen, kann das Kind nach dem Passwort fragen.
Mittlerweile gibt es zu dem Thema "Umgang mit Fremden" eine Menge Bücher, die das Thema kindergerecht runterbrechen – ohne das Grundvertrauen in die Menscheit zu verlieren.
Zu dem Thema "Hilfe, mein Kind ist plötzlich verschwunden!" gibt es in diesem Artikel viele weitere wertvolle Tipps: