Hebammenserie "Push"

Anna Schudt: "Kinderkriegen ist viel zu schön, als es so nebenbei zu machen!"

Schauspielerin Anna Schudt und Hebamme Christiane Hammerl haben etwas gemeinsam: Sie sind leidenschaftlich gerne Mutter. Anlässlich des TV-Starts der neuen Hebammenserie "Push" haben wir ein Doppel-Interview mit ihnen geführt.

Schauspielerin Anna Schudt.© Jeanne Degraa
Schauspielerin Anna Schudt ist Mutter von drei Söhnen.

Anna Schudt – zur Person

Anna Schudt (geboren 1974) hat drei Söhne. Ihr ältester Sohn wurde Ende der 90er-Jahre geboren. Viele kennen die Schauspielerin als Tatort-Kommissarin Martina Bönisch, die sie zwischen 2012 und 2022 spielte. Aktuell spielte sie eine der Hauptrollen in der Hebammenserie "Push" (weitere Infos siehe unten).

Christiane Hammerl – zur Person

Hebamme Christian Hammerl.© Juliane Dunkel/julili PHOTOGRAPHY

Christiane Hammerl (geboren 1978) hat zwei Töchter. Sie arbeitet als freiberufliche Hebamme in Berlin und als Beleghebamme im Vivantes Klinikum Friedrichshain. Sie betreut auch Frauen im Wochenbett und war als Beraterin bei den Dreharbeiten der Serie "Push" vor Ort mit an Bord.

Ist das ein realistisches Bild von Kreißsälen, das da in der Serie gezeigt wird?

Christiane Hammerl: Absolut. Es sind natürlich fiktive Fälle, aber die Grundsituation ist total realistisch. Ich kann mal ein Beispiel nennen: Gerade bekam ich eine SMS von einer Schwangeren, die meinte, sie habe wohl einen Blasensprung. Ich wusste, dass dieses Interview anstand, was mir sehr wichtig war, und war gerade dabei, schon mal das Essen für meine Familie vorzukochen. Also schrieb ich ihr schnell, sie solle Ruhe bewahren, wir würden uns in zwei Stunden treffen. 

Was ist das Ziel der Serie – ist sie nicht auch verunsichernd?

Anna Schudt: Sicher mag sie auch auf die ein oder andere verstörend wirken, aber es ist einfach wichtig, das Thema Geburt nach draußen zu tragen. Heute wissen wir gar nicht mehr, wie normale Geburten ablaufen. Viele Frauen haben vor allem Angst. Vor Komplikationen, den Schmerzen, dem Unbekannten. Mir gefällt an der Serie sehr, dass sie nicht wertend auf Geburten schaut. Es gibt verschiedene Umstände und man schaut, wie man diese begleitet.

Christiane Hammerl: Genau. Die Serie will einerseits aufklären, aber andererseits auch unterhalten – mit Mehrwert. Es ist ein unterrepräsentiertes Thema, aber es ist wichtig, dass die Menschen über den Hebammenberuf Bescheid wissen. Die Serie macht auch deutlich, dass Angst normal ist, aber dass man sich vertrauensvoll an seine Hebamme wenden kann. Sie kann helfen, gestärkt aus der Situation herauszugehen.

Wie kam es dazu, dass Sie die Rolle einer Hebamme übernommen haben, Frau Schudt?

Anna Schudt: Ich wurde gefragt und fand die Rolle sofort absolut passend. Außerdem sind die Drehbücher richtig toll – ich fand sie spannender als Krimis. Es ist mir ein Herzensthema, und ich hatte sofort einen tiefen inneren Zugang zu der Rolle der Anna. Ich mag ihre Ruhe, ihr unaufgeregtes und zugewandtes Wesen. Ich mag es, dass ihr eigener Stress in der Sekunde von ihr abfällt, in der sie sich um eine Schwangere oder ein Baby kümmert. Einiges wusste ich schon – schließlich habe ich selbst drei Kinder entbunden, zwei zu Hause und eins im Krankenhaus. Einiges musste ich mir natürlich auch aneignen, ich habe mich viel mit meiner früheren Hebamme ausgetauscht, mit der ich noch eine enge Verbindung habe. Und am Set war es ein sensationeller Luxus, dass wir Christiane da hatten, die wir jederzeit fragen konnten.

Der Hebammenjob ist aber auch kein leichter ...

Christiane Hammerl: Es bräuchte wirklich Veränderungen in der Politik, eine bessere Vergütung, damit wieder mehr Frauen diesen Beruf wählen. Mir wird durchaus Respekt entgegengebracht, wenn ich auf einer Party erzähle, dass ich Hebamme bin. Der Job ist also anerkannt. Leider äußert sich das aber nicht in der Politik. Es würden schon kleine Anpassungen helfen wie kostenfreie Parktickets für Hebammen im Dienst.

Würden Sie Ihren Job als Hebamme dennoch wieder wählen?

Auf jeden Fall! Selbst wenn ich im Lotto gewinnen würde – auch wenn ich gar nicht spiele – würde ich immer noch Hebamme sein wollen. Es ist wunderschön, junge Frauen zu bestärken, in der Schwangerschaft, unter der Geburt und im Wochenbett. Das ist so wichtig.

Und was lieben Sie an Ihrem Beruf, Frau Schudt?

Anna Schudt: Ich finde es toll, die Welt immer wieder aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten. Ich darf sie mit neuen Augen sehen, manchmal sogar mit Augen, die in einer anderen Zeit leben. Das ist für mich etwas ganz Tolles!

Was haben Sie persönlich aus der Hebammenrolle für sich mitgenommen?

Ganz viel Ruhe. Und die Bestätigung, dass es eben so ist, wie es ist. Man muss es nehmen, wie es kommt und darauf reagieren. Man sollte weniger Aufregung um Dinge machen, die eigentlich ganz normal sind. Für mich war es eine Erinnerungshilfe, dass es wichtige Dinge gibt, die aber die Natur schon regelt. Wenn man aufgehoben und in einem guten Umfeld ist, kann man manches einfach laufen lassen, ohne sich vorab hundertprozentig abzusichern. Das Leben ist wie eine Geburt: Mal leicht, mal schwer, man weiß nicht immer, woran es liegt. Mal braucht man ganz viel Hilfe, manchmal gar keine. Mal ist es vorher leicht oder schwer, mal hinterher ...

Welche Tipps haben Sie, wie man Beruf und Familie unter einen Hut bringt?

Christiane Hammerl: Sich Unterstützung holen. Wenn es finanziell möglich ist, eine Haushaltshilfe. Zeitfenster nutzen und – wie ich gerade – beispielsweise schon mal etwas Gemüse vorschnippeln.

Anna Schudt: Sich wirklich Zeit nehmen. Auch fürs Kinderkriegen. Das ist viel zu schön und zu wichtig, als es so nebenbei zu machen. Wenn es irgend geht. Die Rechnung kommt, wenn man sich gar nicht kümmert. Es gibt Zeiten, dazu gehört auch die Geburt, da sollte man sich ein paar Wochen nehmen und sagen, ich bin einfach nur da. Wenn die Basis geschaffen ist, kann man wieder loslegen. Wenn es Übergänge gibt, ist es schön, da zu sein, wenn es geht. 

Gewalt unter der Geburt ist zwar kein explizites Thema in der Serie, aber was halten Sie vom "Red Roses Revolution Day"?

Christiane Hammerl: Ich finde es richtig und wichtig, dass es einen solchen Tag gibt, an dem man auf Missstände aufmerksam machen und seine Stimme erheben kann. Ich gehe davon aus, dass kein Personal im Krankenhaus morgens aufsteht und sich vornimmt, heute böse zu sein. Solche Handlungen sind eher den Umständen wie Personalmangel, Stress und Druck geschuldet, ohne das entschuldigen zu wollen. Gleichzeitig gibt es aber umgekehrt auch Hebammen und Krankenschwestern, denen Gewalt angetan wird.

Zählt der Kristellerhandgriff als Gewalt und wird er noch eingesetzt?

Ja und nein. Er ist ein gewaltvoller Akt, wenn da jemand von außen kraftvoll auf den Bauch drückt. Und nein, er ist keine gängige Praxis mehr in den Kliniken, er ist auch nicht evidenzbasiert. Da gibt es andere Handgriffe, die unterstützen können.

Film-Tipp Hebammenserie "Push"

Babys in Beckenendlage, geplatzte Fruchtblasen, zu früh einsetzende Wehen – für die Hebammen Nalan (Mariam Hage), Anna (Anna Schudt) und Greta (Lydia Lehmann) ist der Ausnahmezustand an der Tagesordnung. Nalan erlebt dabei einen speziellen Spagat: Zwar darf sie täglich frisch gebackenen Eltern ihr neugeborenes Baby in die Arme legen, doch bleibt ihr eigener Kinderwunsch bislang unerfüllt – kein Wunder, bei all dem Stress ...

Die Serie, die in Berlin gedreht wurde, erzählt aus der Perspektive der drei Hebammen von alltäglichen Herausforderungen, Glücksmomenten bei der Geburt und über die Situation des Hebammenberufes in Deutschland.

Regie: Katja Benrath und Mia Maariel Meyer 
Drehbücher: Headautorin Luisa Hardenberg und Anne Katharina Roicke

Die "ZDFneo"-Serie "Push" wird ab dem 1. März 2024 in der Mediathek, ab dem 10. März auch im TV zu sehen sein.