
Bei Instagram sorgt ein Video für besondere Aufmerksamkeit. Darauf zu sehen: Ein Baby, das in einem Jutebeutel steckt, in den unten zwei Löcher geschnitten wurden, sodass die Babybeinchen hinausschauen. Die Griffe wurden so um Babys Hals drapiert, dass die Eltern es nun quasi wie eine laufende Handtasche spazieren führen können. Das kleine Mädchen lacht und freut sich scheinbar, auf diese Weise nun die ersten Schritte machen zu können. Mehr als 1,3 Mio. Mal wurde das Video bereits gelikt.
Vorsicht vor zweifelhaften Lauflern-Methoden
Doch was so vergnüglich aussieht, ist in Wirklichkeit alles andere als ein harmloser Spaß. Physiotherapeuten betrachten den Social-Media-Trend deshalb auch extrem kritisch. "Als Physiotherapeutin muss ich sagen, dass das das Schlimmste ist, was man seinem Baby beim Laufenlernen antun kann", lautet ein Kommentar unter dem Video. Der Vorwurf: Kinder nehmen auf diese Weise eine völlig falsche Haltung einen und lernen zudem nicht mal schneller laufen.
Ein ziemlicher Stimmungskiller für alle Eltern, die das Video abfeiern – und sich freuen, endlich eine rückenschonende Lösung gefunden zu haben, durch die sie ihr Baby nicht mehr in gebeugter Haltung beim Laufenlernen unterstützen müssen.
Hier gibt es das Video zum Anschauen:
Babys lernen in ihrem eigenen Tempo laufen
Fakt ist, dass im Allgemeinen nicht empfohlen wird, Babys frühzeitig das Laufen beizubringen. Gehen ist eine komplexe Fähigkeit, die jedes Kind in seinem eigenen Tempo entwickelt. Babys damit unter Druck zu setzen, kann zu Frustration und im schlimmsten Fall zu Verletzungen oder späteren Haltungsschäden führen. Durch das Krabbeln stärken Kinder ihre Muskulatur und lernen, ihre Bewegungen zu koordinieren. Das Laufenlernen sollte also nicht forciert werden, da so die Entwicklung von Knochen und Gelenken beeinträchtigt werden kann. Sinnvoller ist, dem Kind eine sichere Umgebung zu schaffen, in der es in seinem eigenen Zeitplan die ersten Schritte probieren kann.
Gleiches gilt für den Gehfrei: Inzwischen warnen Kinderärzte vor derlei Lauflernhilfen, weil nicht nur Verletzungsgefahr besteht, sondern die motorische Entwicklung dadurch verzögert werden kann.
Experten raten sogar davon ab, Kinder beim Laufenlernen an der Hand zu führen, weil dies eine falsche Körperhaltung begünstigen kann.
Ganz ehrlich: Wenn schon das Laufenlernen an der Hand als schädlich gilt – was bedeutet das dann erst für diese abenteuerliche "Sack-Methode"? Auch ohne die Meinung von Physiotherapeuten dürften bei dem Video bei den meisten Eltern ohnehin die Alarmglocken schrillen. Tragegriffe in Halsnähe (wie war das noch mal mit Bändern und Babys und der Strangulationsgefahr?), ein Kind, das wie ein laufender Sack durch die Wohnung geführt wird – irgendwie fühlt sich daran ziemlich viel falsch an.
Aber wie das so ist mit Social-Media-Phänomenen: In ein paar Tagen sind sie bekanntlich (meist) schon wieder vergessen. Und das wäre in diesem Fall wohl nicht das Schlechteste ...