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Ich gebe zu: Nachdem ich gefragt wurde, ob ich über das Thema "Töpfchen-Training" schreiben möchte, habe ich meine Recherche auf Google begonnen. Erhofft hatte ich mir ein paar sinnvolle Tipps von erfahrenen Eltern oder Erziehern.
Vielleicht auch ein paar Hinweise, welche Methoden man besser nicht praktizieren sollte. Vor allem aber hatte ich mich auf beruhigende Worte gefreut. So etwas wie "Keine Sorge, wenn dein Kind noch nicht trocken ist, jeder Zwerg hat da sein eigenes Tempo" oder ähnliches. Doch es kam ganz anders.
Mit Pipi und Kaka Geld machen und Panik verbreiten
Schon auf Seite 1 der Google-Ergebnisse stelle ich fest: Mit dem Thema, ein Baby oder Kleinkind von der Windel "weg" zu bekommen, werden im Netz vor allem zwei Dinge gemacht. Erstens: Geld. Zweitens: Panik. Beides finde ich verwerflich.
Die Seite des "3-Tage-Töpfchen-Trainings" fordert mich auf: "Bitte vergessen Sie alles, was Sie bis jetzt über das Thema Töpfchen-Training gehört haben!" Und verspricht, selbst das "sturste Kind" aufs Töpfchen zu bekommen. Wie genau, das erfahre ich auf der Seite nicht. Dafür müsste ich erst einmal Geld überweisen. Im Dezember nur einen Euro, das ist in der Tat nicht viel.
Und trotzdem: Allein die Warnung auf der Seite, der "absolut größte Fehler" sei, das Training fürs Töpfchen "planlos und ohne ein bewährtes System anzugehen", schreckt mich ab. (Spoiler: Mein Sohn wurde planlos und ohne bewährtes System trocken, kurz nachdem er 3 Jahre alt war.) Mehr noch: Die Aufmachung der Seite und die Geldmacherei widern mich an. Schnell weiterklicken.
Fehler und Vorwürfe im Listenformat
Ich klicke auf einen der nächsten Artikel: "Die 10 häufigsten Fehler beim Töpfchen-Training" Ich mag Listen, die kann man schnell weglesen. Doch bei dieser schaffe ich es nicht einmal bis Punkt fünf.
Schon in den ersten drei Absätzen lese ich zwischen den Zeilen heraus, dass ich ganz persönlich bei Kind eins auf jeden Fall etwas falsch gemacht habe (obwohl oder gerade weil ich, wie gesagt, gar kein richtiges "Training" angewendet habe) und vermutlich auch zur Zeit bei Kind zwei in Sachen "ab aufs Töpfchen" versage. Der Beitrag löst ungute Gefühle und ein schlechtes Gewissen bei mir aus.
Ich erspare uns allen ab hier ein weiteres Lese-Protokoll meiner Google-Recherche – und springe direkt zu dem Artikel, bei dem ich mit ehrlichem Interesse hängen geblieben bin: Er trägt den Titel "Töpfchen-Training?! So lief das bei uns!".
Keine Vorwürfe, kein "so darfst du es nicht machen!" und auch kein Versuch, mir irgendetwas zu verkaufen. An manchen Stellen denke ich "Ja, würde ich auch so machen!", an anderen Stellen hätte ich vermutlich anders gehandelt. Auf jeden Fall aber ist dieser Artikel für mich eins: hilfreich! Eine ehrliche Erfahrung, die mir zeigt, wie es bei anderen Eltern läuft: nicht immer leicht, manchmal chaotisch, trotzdem irgendwann erfolgreich und vor allem irgendwie "normal"!
So lief und läuft es bei uns
Den Start in das Projekt "keine Windel mehr" hat bei meinem ersten Kind die Kita übernommen – mit Erfolg: Irgendwann holte ich meinen Sohn aus der Kita ab und er wurde mir überreicht mit den Worten: "Heute war er übrigens eine Stunde lang ohne Windel unterwegs und fand es super!"
Ich wurde gefragt, ob ich es gut fände, wenn die Erzieher das weiterhin so handhaben, und die windelfreie Zeit jeden Tag ein wenig verlängern. Ich hätte natürlich nein sagen können, war aber begeistert, dass Jemand so Kompetentes mir eine konkrete Idee an die Hand gab, wie ich meinem Sohn die Windel langsam aber sicher abgewöhnen könnte. Wir vereinbarten, dass er künftig Unterhosen und Unterhemden statt Bodys tragen würde, um das Aufs-Töpfchen-gehen zu erleichtern.
Mein Sohn war stolz auf seine neue Kleidung, und ich stolz auf meinen Sohn. Vor seinem dritten Geburtstag wechselte er die Kita. Hier werden, anders als in der Krippe, nur Kinder ab drei Jahren betreut. Eine Windel trug zu dem Zeitpunkt, als er dort hinkam, keines der anderen Kinder.
Zwar war unser Sohn schon weitestgehend windelfrei, als er in der neuen Kita startete. Doch der Blick auf die anderen, "großen" Kinder gab ihm den restlichen Motivationskick. Und so war mein Sohn mit drei Jahren und zwei Monaten komplett trocken – auch nachts, das hatten wir direkt nach den ersten "erfolgreichen" trockenen Tagen mit ausprobiert.
Toilettentrainer und Babytopf für unterwegs: die richtige Ausstattung hilft
Natürlich: Unfälle passieren und gehören dazu. Zuerst noch recht häufig – ich habe anfangs bestimmt zweimal wöchentlich nachts die Bettwäsche wechseln müssen. Doch wenn ich unseren Sohn abends fragte, wollte er es immer wieder ohne Windel probieren. Also besorgte ich wasserfeste Unterlagen, um den Aufwand zu minimieren, und wir übten weiter. Für unsere Nachmittags-Touren hatte ich stets Wechselwäsche und im Kinderwagen seiner kleinen Schwester ein mobiles Töpfchen* mit dabei. (Das kann ich nur wärmstens empfehlen! Vor allem auf Spielplätzen war unser "Potty to go" immer heiß begehrt!) Für unsere Toilette zu Hause schafften wir so einen Toilettensitz für Kinder mit kleiner Treppe* an, auch bekannt als "Toilettentrainer". Der große Vorteil: Mit dem Toilettentrainer kam er von Anfang an alleine auch auf die große Toilette, und nicht nur aufs Töpfchen.
Und so hatte mein (vom "3-Tage-Töpfchen-Training" verteufeltes) relativ planloses Vorgehen vor allem eins zur Folge: Mein Sohn fühlte sich nie unter Druck gesetzt, sondern war zu jeder Zeit stolz auf seinen Toilettentrainer, seinen Topf für unterwegs und vor allem auf die kleinen Fortschritte, die er Stück für Stück machte.

Wie der Große, so die Kleine
Nun ist die kleine Schwester gerade zwei Jahre alt geworden. Laut Google bin ich bei meinem Mädchen also bereits "viel zu spät dran" und habe "das wichtige Zeitfenster für den Start der Töpfchentrainer" verpasst. Doch das versetzt mich nicht mehr in Panik. Dafür, dass man kein durchstrukturiertes System braucht, um dem Kind die Windel abzugewöhnen, habe ich den lebenden Beweis zu Hause.
Außerdem klingt mir immer wieder der schöne Satz meiner Freundin Gabriela im Ohr, ebenfalls Mutter zweier Kinder: "Hast du schonmal ein Schulkind mit Windel gesehen? Irgendwann werden die alle trocken – lass sie einfach selbst entscheiden, wann." Recht hat sie, finde ich. Und deshalb nehme ich die eine Aufforderung des "3-Tage-Töpfchentrainings" doch noch an: Ich vergesse hiermit alles, was ich jemals über das Thema "Töpfchen-Training" gehört habe – und lasse mein Kind einfach machen.
Autorin: Silke Schröckert