
"Ihr Baby wird sich schon selbst andocken", sagte die Hebamme im Kreißsaal, nachdem ich meinen Sohn entbunden hatte, und ließ uns mit offenen Mündern zurück. "Hä?", dachten mein Mann und ich und schauten uns ratlos an. Mein neugeborener Sohn lag, nur mit einem Handtuch bedeckt, auf meinem Bauch ...
Auf die Natur ist Verlass – auch im Kreißsaal
Nach einiger Zeit passierte es dann: Zuerst dachte ich, er windet sich einfach ein wenig. Doch tatsächlich kam der kleine Knirps meiner Brust von ganz alleine näher – ich konnte es kaum glauben. Und dann saugte er! In diesem Moment durften wir erneut ein Wunder der Natur aus erster Hand miterleben. Wie unfassbar schön, dass einiges einfach ganz von sich aus geschieht und seinen Gang nimmt.
Breast Crawl – ein natürlicher Instinkt
Für dieses spezielle Phänomen gibt es sogar einen Namen: "breast crawl" – frei übersetzt: "zur Brust krabbeln" oder "kriechen". Instinktiv finden frisch geborene Babys den Weg zur Brust, wenn sie Bauch an Bauch nackt auf der Mama liegen, die am besten ebenfalls obenrum nackt ist. Klar, sie können noch nicht robben oder krabbeln, aber sie schaffen es dennoch, sich zentimeterweise vorwärtszuschieben, bis sie mit ihrem kleinen München an der Mutterbrust andocken und das erste Kolostrum trinken können.
Es handelt sich dabei um einen angeborenen Urinstinkt, den alle Babys mitbringen, da er ihnen das Überleben sichert. Sie finden quasi aus eigenem Antrieb zu ihrer Nahrungsquelle – in der Regel. Dabei helfen auch bestimmte Duftstoffe, die von der mütterlichen Brust ausgehen. Zudem gibt es den angeborenen Schreitreflex, der der Baby hilft, sich vom Mutterbauch abzudrücken und nach oben zu schieben.
Wann findet der Breast Crawl statt?
Es ist wichtig, dass Mama und Baby direkt nach der Geburt erst mal Ruhe und Zeit haben für das erste Bonding. Haut an Haut funktioniert das am besten. Die Geburt war für beide anstrengend, daher ist erst einmal ausruhen angesagt. Wird das Baby dann irgendwann ein wenig aktiv, beginnt es möglicherweise mit dem Breast Crawl – üblicherweise geschieht das etwa eine Stunde nach der Geburt – mal etwas eher, mal etwas später. Das kommt auch auf die Kraft und den Zustand des Babys an. Gönnt ihnen zwischendurch auch Verschnaufpausen, die sie sich eigenständig nehmen. Nicht alle Neugeborenen sind kräftig genug, das alleine zu schaffen, oder sie brauchen mehrere Anläufe. Das ist völlig in Ordnung.
Das Baby beim Breast Crawl unterstützen
Erst einmal vorweg: Bitte seid nicht enttäuscht, wenn es mit dem Breast Crawl bei euch nicht klappt – das Bonding kann dennoch genauso gut sein. Nach einem Kaiserschnitt ist ein Breast Crawl zum Beispiel nicht möglich.
So könnt ihr eurem Baby beim Breast Crawl unterstützen:
- Legt euch euer Baby (oder lasst es euch legen) nackt auf euren freien Oberkörper. Deckt euch mit einer leichten Decke oder einem Handtuch zu – wichtig ist der Hautkontakt zwischen Mama und Baby.
- Gönnt ihm und euch selbst Zeit und Ruhe.
- Lasst es sich auch zwischendurch ausruhen.
- Lagert ggf. euren eigenen Kopf etwas höher, damit ihr Blickkontakt zum Baby halten könnt. Das hilft beim Bonding.
- Das Baby sollte nach der Geburt abgetrocknet werden, aber nicht seine Händchen.
- Die erste Routineuntersuchung sollte so kurz wie möglich sein, damit das Neugeborene früh ordentlich Zeit bekommt, auf der Mama zu liegen.
Breast Crawl: So sieht es aus
In diesem Video des "Netzwerks Gesund ins Leben" könnt ihr den Breast Crawl eines Säuglings beobachten: