Drüber reden

Erstes Weihnachten nach Trennung: Wie kann es gut laufen?

Ein erstes Weihnachten nach der Trennung der Eltern kann mit vielen Emotionen einhergehen. Doch wie schafft man es, dennoch ein gelungenes Fest zu feiern?

Kinder und Mutter essen bei der Oma.© Pexels/Cottonbro
Weihnachten nach der Trennung feiern viele Familien separat – zum Beispiel bei den Großeltern.

Weihnachten ist oft ein Fest der großen Gefühle und der vielen Erwartungen. Vor allem nach der Trennung der Eltern kann daraus eine noch schwerwiegendere Herausforderung werden. Wir haben mit der Familientherapeutin Elisabeth Raffauf aus Köln gesprochen, die Tipps verrät, wie das Fest dennoch gelingen kann.

Unbedingt vorab offen darüber sprechen

Für ein erstes Weihnachten nach der Trennung gibt es wohl so viele Möglichkeiten wie Familien. Elisabeth Raffauf hat mit vielen Kindern und Eltern gesprochen und betont immer wieder, wie wichtig klare und ehrliche empathische Kommunikation ist – sowohl zwischen Erwachsenen, als auch zwischen Erwachsenen und Kindern. Das könne vieles retten bzw. vieles überhaupt erst möglich machen und sei daher eine Grundvoraussetzung. 

Ihr seid frisch getrennt und plant nun das erste Weihnachtsfest in dieser neuen Situation? Fragt euch zunächst einmal selbst, welche Bedürfnisse ihr habt und besprecht euch am besten auch schon einmal mit dem anderen Elternteil. Habt ihr für euch verschiedene Möglichkeiten im Kopf abgewogen, befragt eure Kinder, wenn sie dafür schon groß genug sind. Kinder dürfen auch ihre Wünsche äußern. Lasst euch aber nicht darauf ein, ihnen – vielleicht aus einem schlechten Gewissen heraus – zu viel Freiraum und Entscheidungsgewalt zu gewähren, denn das kann sie wiederum überfordern. Kinder merken schnell, wenn ihre Eltern steuerbar werden, das ist nicht optimal. Besser ist es, wenn ihr Vorschläge macht und dann gemeinsam überlegt, was in diesem Jahr für alle passen könnte (mehr dazu weiter unten)

Was ist mit den Ritualen?

Eltern sollten sich darüber klar sein, dass auch für das Kind jetzt alles anders ist. Selbst wenn man sich bemüht, es so zu machen, wie immer, wird es anders sein. "Manchmal führt man Vertrautes auch für das Kind in einem selbst weiter", verrät Elisabeth Raffauf. Möglicherweise sind bestimmte Dinge für das Kind gar nicht so wichtig, aber ein Elternteil versucht krampfhaft, an etwas festzuhalten. Hier lohnt es sich, sich einmal selbst zu hinterfragen, warum einem das wichtig ist. Und dann auch auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Man kann ihnen aber nicht jeden Wunsch erfüllen, das könnte sogar nach hinten losgehen. 

Sprecht vorher über Erwartungen und darüber, wie ihr euch das kommende Weihnachtsfest vorstellt. Welche Rituale wollen wir bewusst beibehalten, was wollen wir anders machen? Manchmal sind die Kinder auch froh, ein ungeliebtes Ritual abzuändern oder wegzulassen. Sprecht mit ihnen: Wer schmückt den Baum und wann? Wann wird gegessen? Backen wir vorher noch Plätzchen? etc.

Hoffnung der Kinder: Kommen die Eltern vielleicht doch wieder zusammen?

"Kinder wünschen sich oft, dass ihre Eltern doch wieder zusammenkommen und wollen deshalb gemeinsam Weihnachten feiern", sagt die Familientherapeutin. Hier ist mitfühlende, aber klare Kommunikation gefragt. "Sagt euren Kindern einfühlsam, aber unmissverständlich, dass ihr euch noch mögt, aber nicht wieder als Paar zusammenkommen werdet", rät die Expertin. 

Eine Klarheit, die schmerzt, ist besser, als eine unerfüllte Hoffnung, die sich zu lange hinzieht.

Wichtig ist es, wenn sich die Eltern abgesprochen haben, liebevoll und mitfühlend mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, betont Elisabeth Raffauf. Sie müssen äußern dürfen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Auf verständnisvolle Art und Weise kann man dann gemeinsam versuchen, einen neuen Weg zu finden.  

Das Kind nicht auf eine Seite ziehen

Manchmal bekommen Kinder das Gefühl, sie müssten dafür sorgen, dass die Eltern ein schönes Weihnachtsfest haben. Und verbiegen sich dafür. Elisabeth Raffauf: "Ich habe mit Jugendlichen gesprochen, die vier Mal Weihnachten feiern müssen, weil auch die Großeltern zerstritten sind und alle das Kind sehen wollen." Das ist sehr ungünstig und für die Kinder eine zu große Verantwortung. Sie sollten nicht das Gefühl haben, alle (oder auch "nur" die Eltern) glücklich machen zu müssen. 

Auch beim Thema Geschenke ist es wichtig, dass Eltern nicht in Konkurrenz miteinander treten, nach dem Motto: Wer hat das tollere Geschenk. Hier gilt ebenfalls: Sprecht euch ab. Behaltet dabei immer die Kinder im Blick. Natürlich ist es wichtig, sich zu fragen, wie es für einen selbst ist, aber gleichzeitig sollte man überlegen, wie es für die Kinder ist.

Schwierig wird es, wenn Eltern das Kind entscheiden lassen, bei wem es Weihnachten feiern will und ihm dann womöglich seine Entscheidung auch noch vorwerfen. "Kinder kommen, wenn sie eine solche Entscheidung treffen sollen, in einen Loyalitätskonflikt. Eventuell ist ein Elternteil dann traurig oder setzt das Kind moralisch unter Druck. Beides keine guten Varianten", so die Familientherapeutin. Versucht, eure Kinder nicht in einen Zwiespalt zu bringen.

Lieber konkrete Vorschläge machen

Wenn Eltern hingegen konkrete Vorschläge machen, bekommt das Kind nicht das Gefühl, zwischen den Stühlen zu stehen, sondern es gibt ihm Halt. Wenn die Eltern nicht (mehr) zusammen feiern wollen oder können, wäre eine Möglichkeit zum Beispiel, dass die Kinder an Heiligabend beim einen, am 1. Weihnachtstag beim anderen Elternteil sind. Im nächsten Jahr kann man die Reihenfolge wechseln. Wohnen die Eltern weit auseinander, kann man auch bei dem einen Weihnachten und bei dem anderen Silvester feiern. 

Verstehen sich die Eltern noch gut, können sie auch überlegen im größeren Kreis mit anderen befreundeten Familien oder eigenen Verwandten zu feiern – oder über Weihnachten gemeinsam mit den Kindern wegzufahren. 

Es gibt auch Patchworkfamilien, in denen es super klappt, wenn beide Elternteile mit ihren neuen Partnern und ggf. deren Kindern zusammen feiern. 

Streit an Weihnachten vorbeugen

Ihr wollt zusammen feiern, aber habt Angst vor Streit? Schon unter "normalen" Umständen ist der Wunsch nach Harmonie an Weihnachten bei vielen so hoch, dass alleine dadurch ein Streit vorprogrammiert ist, sagt Elisabeth Raffauf. Wenn ihr frisch getrennt seid, geht auch diese Situationen vorab miteinander im Gespräch durch, empfiehlt die Familientherapeutin: Was kann passieren, was sind kritische Momente oder Themen, wie gehen wir dann damit um? Sprecht darüber, wie ihr damit umgeht, sollte es dennoch zum Streit kommen. Vielleicht kann einer dann kurz eine Runde um den Block drehen, um sich zu beruhigen.

Ist einer der Partner noch sehr verletzt, bietet es sich in diesem Jahr wohl eher (noch) nicht an, zusammen zu feiern. Das solltet ihr dann auch nicht "der Kinder zuliebe" tun. Vielleicht klappt es im nächsten Jahr besser. 

Unsere Expertin
Elisabeth Raffauf ist Diplom-Psychologin und Autorin.

Elisabeth Raffauf ist Familientherapeutin mit eigener Praxis in Köln und Buchautorin