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Jedes Jahr die Frage aller Frage: Wage ich mich zum Geschenke kaufen in die überfüllte Einkaufsstraße – oder scrolle ich bis zur völligen Ermüdung der Augen durchs Internet und kann mich vor lauter Überangebot am Ende für gar nichts entscheiden? Und überhaupt muss ja erst mal die zündende Idee her. Vielleicht fällt mir beim Teig kneten was ein, morgen ist schließlich Kekse backen in der Kita. Und am Tag drauf Adventsstunde. Und was war überübermorgen? Ach ja, noch mal schnell zum Zahnarzt, bevor das Jahr rum ist. Am Wochenende wird's dann ruhiger, dann kann ich schon mal Weihnachtskarten schreiben. Wer kriegt dieses Jahr eigentlich alles eine? Wir könnten es ja mal machen wie die Royals und ein Familienfoto verschicken. Ob wir noch ein spontanes Fotoshooting buchen sollten? Aber was ziehe ich da an? Apropos anziehen, Weihnachtsfeier ist ja auch noch. Notiz an mich: Dran denken, dem Papa Bescheid zu sagen, dass er an dem Tag eher von der Arbeit nach Hause kommen und aufs Kind aufpassen muss, damit ich rechtzeitig los kann. Rechtzeitig ist sowieso ein gutes Stichwort: Wir sollten auch bald die Bahntickets für die Fahrt zur Oma buchen, sonst wird's zu teuer ...
Ganz ehrlich: Die Gedanken in der Vorweihnachtszeit sind oft verworrener als das Lametta am Baum, die To-dos zahlreicher als die Christbaumkugeln. Vor der stillen Nacht geht es in den meisten Familien noch mal ziemlich rund.
Aber muss der Advent wirklich in Stress ausarten? Es geht auch anders, sagt Helen Heinemann, Expertin für Work-Life-Balance Burnout-Prävention.
"Die Vorweihnachtszeit soll nicht nur eine arbeitsreiche, sondern auch eine besondere Zeit der Ruhe sein", erklärt sie mir. Doch gerade für Mütter scheint dieses Ziel meist unerreichbar.
Mental Load sichtbar machen
Kein Wunder: Meist sind es die Mütter, die die To-dos im Blick haben und deren ohnehin schon lange Aufgabenliste sich vor Weihnachten wie eine Papyrusrolle abwickeln lässt. Mental Load lässt grüßen.
Helen Heinemann rät: Alle Aufgaben auf Papier bannen und öffentlich machen. "Ich habe mir angewöhnt, immer sofort aufzuschreiben, wenn mir etwas einfällt und teile das Aufgeschriebene dann. Dann muss ich nicht mehr ständig dran denken, und außerdem sieht auch mein Mann, was noch alles zu erledigen ist. Der erste Schritt für die Arbeitsteilung ist, kundzutun, was überhaupt zu tun ist." Denn: "Männer wissen oft gar nicht, was in den Köpfen der Frauen vorgeht."
Ansprüche runterschrauben
Selbst gebastelte Grußkarten, selbst gebackene Kekse, selbst gemachte Deko: Gerade in der Vorweihnachtszeit laufen viele Mütter zur Höchstform auf und legen sich bei den Vorbereitungen fürs Fest so richtig ins Zeug. "Weihnachten ist kein Fest für Mütter", weiß Helen Heinemann. "Es geht darum, in dieser Zeit den Menschen, die einem lieb und teuer sind, Wertschätzung zu zeigen, in Form von Geschenken und kleinen Grüßen. Die Wertschätzung soll persönlich sein, das erhöht den Anspruch." Fakt ist aber: Für Perfektionismus ist der Advent die denkbar unpassendste Zeit. Sie rät, die Ansprüche ans Selbermachen runterzufahren: "Gekaufte Kekse tun es auch, Unicef-Karten sind auch schön."
Doch warum neigen Mütter oft dazu, sich das Leben komplizierter als nötig zu machen? "Arbeit mit Kindern ist oft unsichtbar", erklärt sie. "Wenn ich aber in die Öffentlichkeit trete, dann habe ich eine Möglichkeit, durch Selbstgemachtes meine Leistung darzustellen. Da bekomme ich dann Anerkennung." Sie empfiehlt, es zu halten wie die Männer: "Väter würden auch einfach was kaufen."
Auszeiten einplanen
Generell sollte die "materielle Außendarstellung" einen geringen Stellenwert einnehmen. Wichtiger ist, sich darauf zu besinnen, worum es an Weihnachten wirklich geht: "Sich eine schöne Zeit machen. Einfach zusammen spielen, ohne dass eine Fördermaßnahme damit verbunden ist. Spaß haben." Und auch regelmäßige Pausen sollten nicht zu kurz kommen: "Am späten Nachmittag eine Kerze anmachen, wenn es dunkel wird, und dann ist Tea Time – mit oder ohne Kinder. Das kann man als Ritual einführen. Eine ruhige halbe Stunde für die Mutter. Ich weiß, das ist wahnsinnig schwer, wenn man eine volle To-do-Liste hat, aber dennoch so wichtig, um gelassen bleiben zu können und auch selbst Freude zu haben."
Also gilt: Durchatmen, Aufgaben abgeben und sich auf das konzentrieren, was man gern tut. "Wenn ich gern backe – großartig! Dann mache ich die Kekse, gestalte dafür aber nicht die Weihnachtskarten selbst", rät Helen Heinemann. Mit der richtigen Strategie geht's in der Adventszeit – zumindest halbwegs – auch ohne Stress und Hektik ...
Unsere Expertin: Helen Heinemann
Helen Heinemann ist Pädagogin mit einer psychotherapeutischen Ausbildung, mehrfache Mutter und Großmutter und seit mehr als 40 Jahren in der Gesundheitsförderung tätig. 2005 gründete sie das Institut für Burnout-Prävention in Hamburg. Sie ist Buchautorin und Expertin zum Thema Stress, Erschöpfung und Burnout.