Starke Mutter mit Baby im Arm.© iStock/nicoletaionescu
Alleinerziehende Mütter können eine Menge wuppen.

"Während ich noch versuchte, meine Gedanken zu sortieren, ging er schon ins Schlafzimmer, packte ein paar Sachen in seinen Rucksack und schloss leise die Wohnungstür hinter sich. Weg war er. Zack – so schnell kann man alleinerziehend werden", schreibt Anne Dittmann in ihrem Buch ("solo, selbst & ständig: Was Alleinerziehende wirklich brauchen - Ein Wut- und Mutmachbuch").

Ihr gemeinsamer Sohn war gerade mal ein Jahr alt, als die Autorin und Journalistin von jetzt auf gleich alleinerziehende Mutter wurde.

Wenn sie an die erste Zeit nach der Trennung zurückdenkt, sagt sie heute: "Leben war das nicht. Eher Überleben." Denn wer plötzlich ganz allein den Haushalt schmeißt, seinen Lebensunterhalt verdient, ein Kind zur Kita bringt, wieder abholt, es nachts tröstet, wenn es weint, pflegt, wenn es krank ist, Arzttermine organisiert und all die tausend anderen Verantwortungen trägt, die es heißt, ein Kind zu haben, der gerät an seine Grenzen. Und wächst über sich hinaus.

Sieben Jahre nach der Trennung von ihrem damaligen Partner hat Anne Dittmann ihr Leben neu sortiert. Heute weiß sie: Manche Fähigkeiten hätte sie so vielleicht nicht erworben, wenn damals alles anders gekommen wäre ...

Dinge, die wir uns von Alleinerziehenden abschauen können 

Loslassen können

"Ich habe früh gelernt, dass mein Kind nicht mir gehört. Ich musste früh loslassen lernen", erzählt uns Anne Dittmann. "Es gab auch Zeiten, da habe ich mein Kind vermisst, aber ich konnte nicht einfach anrufen. Ich musste das mit mir ausmachen. Da muss man viel Stärke entwickeln. Man muss herausfinden, was man für sich tun kann, um das Vermissen zu überstehen."

Die eigene Identität finden

Wer bin ich eigentlich ohne mein Kind? Eine Frage, mit der sich viele Mütter konfrontiert sehen, wenn sie plötzlich unverhofft zu Me-Time kommen. Wer sich 24/7 um die Bedürfnisse seines Kindes kümmert, vergisst darüber hinaus schnell, was ihm eigentlich selbst guttut. Für Alleinerziehende, deren Kinder oft tagelang beim anderen Elternteil sind, kann das zu einer echten Herausforderung werden. Anne Dittmann sagt: "Ich musste wieder ein eigenes Leben entwickeln, meine Identität als Nicht-Mutter entwickeln.Ich musste mich schneller von dieser Mutter-Identität ablösen und erkennen, dass ich keine bessere Mutter bin, nur weil ich ständig bei meinem Kind bin."

Kreative Lösungen suchen

Hand aufs Herz: Bei aller Gleichberechtigung gibt es wohl in jeder Beziehung Aufgaben, die wir gern der oder dem anderen zuschustern. Sie macht die Steuererklärung, er schraubt die Lampen an. Er kocht, sie backt. Oder andersrum. Aber was, wenn man nach einer Trennung plötzlich all die Aufgaben, vor denen man sich immer erfolgreich gedrückt hat, selbst erledigen muss? "Ich bin super-selbstständig geworden. Ich kann sehr viel alleine meistern", so Anne Dittmann. "Ich brauche keinen Partner, um ein Regal aufzubauen oder Geld zu verdienen. Es ist bestimmt schön, einen Partner zu haben, aber ich kann meine Bedürfnisse auf andere Weise stillen." Das gilt auch für die sogenannte Familienzeit. "Mittlerweile habe ich ein Netzwerk aus Leuten, die ähnlich ticken wie ich, mit denen ich meine Sonn- oder Feiertage verbringe. Alleinerziehende brechen die Kleinfamilienkapsel auf, und viele können davon profitieren."

Unabhängigkeit feiern

Keine Frage: Eine Trennung stürzt viele Frauen in eine finanzielle Krise. Anne Dittmann weiß selbst, wie schwer es ist, als Alleinerziehende beruflich Fuß zu fassen. Der Gamechanger war bei ihr die Umstellung auf das Wechselmodell, bei dem das Kind nahezu gleichberechtigt bei beiden Elternteilen lebt. Plötzlich hatte sie wieder mehr Freiraum, um sich um ihre Karriere zu kümmern – und möchte ihr neues Lebensmodell nicht mehr missen. Sie sagt: „Wenn keine finanzielle Not besteht, stellt sich bei der Partnersuche eine Leichtigkeit ein.“ Denn plötzlich spielen Aspekte wie Job und Einkommen eines potenziellen neuen Partners keine Rolle mehr. Beim Thema Dating gilt: Alles kann, nichts muss. "Freie Abende werden plötzlich so kostbar, dass man sie nicht mit schlechten Dates verschwenden möchten."

Anne Dittmann – zur Person

Anne Dittmann arbeitet als Journalistin und Autorin und lebt mit ihrem Sohn in Berlin. Über ihre Erfahrungen als alleinerziehende Mutter hat sie ein Buch geschrieben: "solo, selbst & ständig: Was Alleinerziehende wirklich brauchen - Ein Wut- und Mutmachbuch", 18 Euro.