
Es ist das klassische Dilemma: Die Eltern sagen "Schluss jetzt" – aber die Kinder fordern mehr. Egal ob es dabei um Gummibärchen oder Bildschirmzeit geht. Nachgeben wäre jetzt definitiv einfacher als den Wutanfall zu begleiten, der zweifelsfrei kommen wird, wenn die Eltern bei ihrem Nein bleiben. Allerdings nur auf kurze Sicht – denn langfristig ist Inkonsequenz ziemlich schädlich.
Es gibt einige typische Eltern-Sätze, die wir besser vermeiden sollten, damit Kinder lernen, Grenzen einzuhalten und später im Leben mit Frusterlebnissen umgehen zu können. Damit sie selbstständig, empathisch und widerstandsfähig werden.
Denn: Kinder werden nicht glücklicher, wenn wir ihren Wünschen ständig nachgeben – im Gegenteil. Ausgenommen davon sind natürlich echte Bedürfnisse wie beispielsweise nach Nähe, Liebe, Essen oder Schlaf.
Wichtig: Es ist kein Weltuntergang, wenn Eltern einer der Sätze hin und wieder mal rausrutscht. Es geht vielmehr ums große Ganze. Wer es – von Ausnahmen abgesehen – schafft, seiner Linie treu zu bleiben und Kindern gegenüber konsequent ist, ist auf einem gutem Weg.
7 Sätze, die Eltern vermeiden sollten
1. "Okay, gut. Nur dieses eine Mal."
Folgendes Szenario: Das Kind verlangt an der Supermarktkasse nach einem Schokoriegel, den man eigentlich nicht kaufen will, die Schlange hinter einem wird immer länger, das Kind immer lauter und die eigenen Nerven immer schwächer. Und zack, ist es ausgesprochen: "Okay. Ich kauf's dir. Ausnahmsweise! Aber nur dieses eine Mal!"
"Das vermittelt, dass Grenzen flexibel sind und mit genügend Beharrlichkeit überschritten werden können", erklärt die Kinderpsychologin Ann-Louise Lockhart. Wenn Eltern regelmäßig auf diese Weise nachgeben, lernen Kinder mit der Zeit, dass sie ihren Willen bekommen, wenn sie nur genug Druck ausüben.
Daher ist es wichtig, sich vorab genau zu überlegen, in welchen Situationen man nein sagt – und dann auch dahinterzustehen. Wenn bereits abzusehen ist, dass wir ohnehin nicht konsequent sein werden, ist es sinnvoller, etwas gar nicht erst zu verbieten.
Manchmal hilft es Kindern, ein Nein besser zu akzeptieren, wenn man ihnen die Gründe dafür erklärt. Endloses Geschwafel hingegen ist sinnlos. Hilfreich sind knappe, klare Sätze: "Ich sehe, dass du frustriert bist. Meine Antwort bleibt trotzdem nein." Auch eine etwaige Begründung darf knapp ausfallen.
2. "Wenn du lieb bist, bekommst du eine Belohnung."
Werden Belohnungen eingesetzt, um das Verhalten von Kindern zu steuern, führt das auf Dauer dazu, dass sie sich nur gut benehmen, wenn sie etwas dafür bekommen. Empfehlenswerter ist es daher, auf natürliche Konsequenzen zu verweisen: "Du hast mitgeholfen, dein Zimmer aufzuräumen. Jetzt haben wir mehr Zeit zum Spielen."
Wenn Kinder einen Meilenstein erreicht haben oder andere Erfolge feiern, kann eine Belohnung auch mal ein High-Five oder ein Kompliment sein.
3. "Ich gebe es dir jetzt sofort"
Damit Kinder lernen zu warten, ist es wichtig, die Erfüllung einer nicht dringenden Bitte mitunter einen Moment hinauszuzögern. Erziehungspsychologin Michele Borba empfiehlt, auch jüngeren Kinder beizubringen, sich zu gedulden, während man eine Sache zu Ende bringt – etwa indem sie währenddessen bis zehn zählen oder ein Lied singen. "Sie müssen lernen, dass sie nicht immer alles nach ihrem Willen bekommen können", erklärt sie.
4. "Ich erlaube dir das jetzt, aber nur, wenn du dich später benimmst"
Kinder leben im Hier und Jetzt, und werden sich im Zweifelsfall zu einem späteren Zeitpunkt an diese Abmachung gar nicht mehr erinnern. Eltern tun daher gut daran, sich auf den Moment zu konzentrieren. Vorauseilende Belohnungen sind in der Regel wirkungslos.
5. "Du musst das nicht tun, wenn du nicht willst"
Bei diesem Satz gilt es genau abzuwägen: Natürlich sollten wir unsere Kinder nicht zu Dingen zwingen, die sie möglicherweise überfordern oder die ihnen im tiefsten Inneren widerstreben. Geht es hingegen darum, altersentsprechende Aufgaben im Haushalt zu übernehmen oder ihre Hausaufgaben zu machen, ist es nicht hilfreich, ständig nachzugeben.
"Es kann den Eindruck erwecken, dass sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen müssen, wenn ihnen nicht danach ist. Das kann ihre Fähigkeit beeinträchtigen, mit unangenehmen oder herausfordernden Situationen umzugehen", erklärt Ann-Louise Lockhart.
6. "Das habe ich dir schon zehnmal gesagt"
"Wenn Eltern ihrem Kind zwölf Mal sagen, dass es etwas tun soll, trainieren sie es darauf, sie elf von zwölf Malen zu ignorieren", sagt die Psychologin Eileen Kennedy-Moore.
Sobald Eltern bemerken, dass ihr Kind ihnen nicht zuhört, sollten sie sicherstellen, dass sie die volle Aufmerksam bekommen – indem sie sich auf Augenhöhe begeben, Blickkontakt herstellen und die Hand auf die Schulter legen.
Die Expertin rät zu positiver Sprache: Es ist sinnvoller, Kindern zu sagen, was sie tun sollen, anstatt ihnen zu sagen, was sie nicht tun sollen – und das am besten mit kurzen Anweisungen. "Es kann hilfreich sein, dann still und erwartungsvoll neben dem Kind zu stehen und darauf zu warten, dass es tut, was es tun soll."
7. "Ich hole noch ein Spielzeug für deinen Freund"
Wenn ein Kind einem anderen den Ball wegnimmt und nicht teilen will, hilft es auf lange Sicht nicht, die Situation zu lösen, indem man dem anderen Kind ein anderes Spielzeug organisiert.
"Das Kind lernt so nie das Geben und Nehmen und an das andere Kind zu denken", erklärt Michele Borba.
Sinnvoller ist es, dem Kind immer wieder die Perspektive des anderen Kindes aufzuzeigen: "Wie würdest du dich denn fühlen, wenn man dir etwas wegnimmt?" So entwickeln Kinder mit der Zeit Empathie für andere.
"Sobald ein Kind erkennt, dass es nicht nur nehmen kann, sondern auch abgeben muss, beginnt es, sich von seiner Ich-Bezogenheit zu lösen", so die Psychologin.
Auch wenn dieser Prozess einige Zeit dauert, lohnt es sich, am Ball zu bleiben. Kinder werden so auf lange Sicht einfühlsamer, belastbarer und glücklicher.
Quelle: huffpost.com