Alte Muster durchbrechen

Mama-Komplex: Welche Auswirkungen eine toxische Beziehung zur Mutter auf Männer hat

Mütter können beides: Kraft und Zuversicht geben – oder zum Problem werden. Welche Auswirkungen die Bindung zur Mutter auf die späteren Beziehungen von Männern hat ...

Vintage-Foto von Mutter, die ihrem Kind die Flasche gibt.© iStock/Shanina
Eine ungesunde Beziehung zur Mutter hat Auswirkungen aufs ganze Leben.

Vom sogenannten Vaterkomplex hat wohl jeder schon mal gehört. Aber was ist eigentlich mit dem Gegenteil, dem Mutterkomplex?

Wenn eine Frau immer wieder in ungesunde Beziehungen gerät, werden ihr gern mal "Papa-Probleme" – auf Englisch: "Daddy-Issues" – nachgesagt. Gemeint ist damit, dass eine Frau in ihrer Kindheit vom eigenen Vater nicht genug Aufmerksamkeit erfahren hat und deshalb in späteren Partnerschaften immer wieder in die alten Muster verfällt.

Aber über die andere Seite wird selten gesprochen. Dabei können auch Männer einen Mutterkomplex haben.

Mutterkomplex ist keine Seltenheit

Psychologen haben längst herausgefunden, dass "Mama-Probleme" genauso häufig vorkommen.

Tatsächlich tragen sogar die meisten Menschen Probleme mit einem Elternteil mit sich herum, die es im Laufe des Lebens zu lösen gilt. "Wenn man atmet und menschlich ist, hat man auch Probleme mit Mama und Papa", so der Psychologe und Podcaster Ken Page. Die Bindung zu unseren Eltern habe eine starke Auswirkung auf die Beziehungen, die wir später führen. "Ein großer Faktor für unser Verhalten in Beziehungen ist die Art der Fürsorge, die wir von unseren Eltern erhalten", so der Experte. 

Denn: Egal, wie wunderbar unsere Erziehung auch war – es gibt keine perfekten Eltern. Allerdings betont der Psychologe auch, dass die Probleme nicht immer vom andersgeschlechtlichen Elternteil herrühren: Auch Männer können Probleme mit ihrem Vater mit sich herumtragen, und Frauen Probleme mit ihrer Mutter. 

Wenn die Rede vom Vater- oder Mutterkomplex ist, geht es in Wahrheit meist um Bindungsprobleme und ungesunde Familiendynamiken.

Eltern prägen unsere späteren Beziehungen

Unser Bindungsstil – ob nun ängstlich oder sicher – nimmt bereits in der Kindheit Gestalt an und wird davon geprägt, wie unsere Eltern uns behandeln. Diese frühen Erfahrungen entscheiden darüber, wie wir emotionale Bindungen zu anderen Menschen aufbauen.

"Die Art und Weise, wie unsere Eltern mit uns interagieren und auf unsere Bedürfnisse reagieren, lässt einen Rückschluss auf unsere zukünftigen Beziehungen zu", so Familientherapeutin Kati Morton gegenüber "Huffpost". So wird schon in der Kindheit der Grundstein gelegt, ob wir später Angst vor Intimität haben werden oder Schwierigkeiten bekommen, unsere Gefühle zu zeigen. Manche versuchen in späteren Beziehungen auch zu kompensieren, was sie als Kind vermisst haben. 

Die Beziehung zu unseren Bindungspersonen sei in der Kindheit überlebenswichtig. Vernachlässigung oder unerfüllte Bedürfnisse können daher dazu führen, dass wir uns später Partner suchen, von denen wir hoffen, dass sie uns unsere Bedürfnisse erfüllen. 

Wie sich der Mutterkomplex auswirkt

Betroffene Männer berichten beispielsweise oft davon, in ihrer Kindheit übertrieben verhätschelt worden zu sein und auch später das Bedürfnis zu haben, ständig Bestätigung erfahren zu müssen. Dies kann in Beziehungen zur Belastungsprobe werden.

Andere wiederum leiden darunter, von ihrer Mutter in der Kindheit vernachlässigt oder verlassen worden zu sein. In Folge haben diese Männer oft Schwierigkeiten, sich fest zu binden oder Nähe zuzulassen.

Bindungsprobleme wirksam heilen

Es ist jedoch möglich, Bindungsprobleme zu heilen und aufzuhören, uns von vergangenen Erfahrungen leiten zu lassen. "Die meisten von uns wachsen mit gewissen Störungen in der Familie auf. Wir sind zwar nicht dafür verantwortlich, wie wir erzogen wurden, aber dafür, was wir jetzt tun", so die Expertin. 

Der erste Schritt bestehe darin, Kindheitstraumata oder unerfüllte Bedürfnisse zu erkennen. Ziel ist, die eigenen Bedürfnisse benennen zu können, nicht, sie zu unterdrücken.

Ein hilfreiches Werkzeug ist es, durchzugehen, was alle bisher gescheiterten Freundschaften und Liebesbeziehungen gemeinsam hatten – und welche Rolle wir selbst darin spielten. Unter Umständen kann eine Therapie sinnvoll sein, um Verhaltensänderungen herbeizuführen.

Mutterkomplex: Woher stammt der Begriff?

Der Begriff "Mutterkomplex" stammt aus der psychologischen Theorie und bezieht sich auf komplexe und ambivalente Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen eines Menschen gegenüber seiner Mutter. Der Mutterkomplex ist ein Konzept, das von Carl Gustav Jung, einem Schweizer Psychiater und Psychoanalytiker, geprägt wurde und in der analytischen Psychologie eine Rolle spielt.

Zu den Merkmalen des Mutterkomplexes gehören:

1. Abhängigkeit und Bindung: Ein Mutterkomplex kann sich durch eine starke emotionale Abhängigkeit von der Mutter und eine intensive Bindung an sie manifestieren.

2. Ambivalenz: Der Mutterkomplex beinhaltet oft ambivalente Gefühle gegenüber der Mutter, die sowohl Liebe und Zuneigung als auch Wut, Frustration oder Enttäuschung umfassen können.

3. Identifikation: Ein Mutterkomplex kann dazu führen, dass eine Person sich stark mit der Mutter identifiziert und ihre Verhaltensweisen oder Einstellungen übernimmt.

4. Konflikte und Spannungen: Der Mutterkomplex kann zu inneren Konflikten und Spannungen führen, die das Selbstwertgefühl und die Beziehungen zu anderen beeinflussen können.