
Trennungsangst ist bei vielen Familien sogar mit dem Schuleintritt bei Kindern im Alter von etwa sechs Jahren noch mal Thema. Wir haben mit einem Experten gesprochen, was wir als Eltern dann am besten tun können, um unsere Kinder gut zu begleiten. Der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Ralph Schliewenz aus Soest (NRW) hat Tipps, wie man mit dieser Angst umgeht.
Trennungsangst bei sechsjährigen und älteren Schulkindern
Leidet ein Schulkind unter Trennungsangst, kann das unterschiedlichste Gründe haben. Ralph Schliewenz: "Oftmals sind diese Kinder grundsätzlich eher unsicher, leicht zu verunsichern, eventuell auch sensibel oder sogar hypersensibel und möglicherweise auch in ihren sozialen Kompetenzen eingeschränkt."
Wenn eine solche Trennungsangst zeitgleich mit dem Schulbeginn eintritt, handele es sich wohl eher um eine Art Schulangst, so der Psychologe. Der Eintritt in die Schule ist für die ganze Familie ein besonderes Ereignis, das auch mit Stress verbunden sein kann. Diesen gilt es, angemessen zu regulieren.
Trennungsangst überwinden: So kann es bei einem Schulkind klappen
Und wie kann man Kindern konkret bei einer solchen Angst helfen? Eltern können versuchen, ihr Kind zu ermutigen und sollten den Schulbesuch als etwas Normales darstellen. "Hilfreich ist es, ein Netzwerk aufzubauen, in dem das Kind sich auch auf dem Weg zur Schule und vor Ort wieder wohlfühlen kann. Dazu gehören sowohl Erwachsene als auch Gleichaltrige", rät Ralph Schliewenz.
Trennungsangst vor der Klassenreise
Seien wir mal ehrlich: In vielen Fällen haben die Eltern wohl mehr "Angst" vor der ersten Klassenreise ihres Nachwuchses als die Schulkinder selbst, oder? Wenn wir mit Vertrauen in die Situation reingehen, kann sich das auch auf unsere Kinder übertragen. Aber natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Kinder sich Sorgen um die anstehende Reise machen. "Eltern sollten sich bereits länger im Vorfeld für die Sorgen und Ängste des Kindes interessieren", rät Psychologe Schliewenz. "Sind sie bekannt und nachvollziehbar, werden sich gemeinsam Lösungen finden lassen."
In der Regel sei es bei Klassenreisen keine gute Idee, wenn die Eltern ständig für ihre Kinder erreichbar sind. Man sollte darauf vertrauen, dass die Begleitpersonen sich um alle Kinder kümmern und auch auf "Notfälle" vorbereitet sind. Im schlimmsten Fall besucht das Kind in der Zeit eine andere Schulklasse, wenn es nicht mitfährt. "Gelingt die Reise jedoch, wird das Kind daran 'gewachsen' sein", so Ralph Schliewenz.
In welchem Alter ist Trennungsangst normal?
Während der ersten zwei Wochen des Übergangs in eine Kindertageseinrichtung im Alter von drei Jahren ist eine Trennungsangst ziemlich normal und altersangemessen. Eine spätere Trennungsangst könne sich ungünstig auf die weitere Entwicklung auswirken, so der Psychologe. "Retrospektiv, also rückblickend, stellen wir immer wieder fest, dass auch bei schwerwiegenderen Symptomen im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter Trennungsängstlichkeit im Kindesalter zu verzeichnen war." Ralph Schliewenz hofft, dass man mit einer angemessenen Regulation in einem frühen Stadium möglicherweise auch späteres Leid verhindern kann. Es lohnt sich also, rechtzeitig und genau hinzuschauen, wenn euer Schulkind unter solchen Ängsten leidet.
Tipps einer Lehrerin
Bei Instagram hat die Lehrerin Saskia Niechzial ein paar Tipps, die Schulkindern bei Trennungsangst helfen können, zusammengestellt. Das schlägt sie vor:
- Malt euch selbst und eurem Kind ein kleines Herz auf den Daumen, eine Fingerkuppe oder die Handfläche. Drückt eure aufgemalten Herzen zum Aufladen fest aneinander. Vermisst das Kind euch in der Schule, kann es sein aufgeladenes Herz fest drücken, sich euch nah fühlen und eure Verbindung spüren, obwohl ihr euch nicht seht.
- Entwickelt ein kleines Abschiedsritual, an das ihr euch immer haltet. Besprecht zum Beispiel mit eurem Kind, wo ihr euch verabschiedet: an der Straßenecke, vorm Schultor oder vorm Klassenzimmer. Findet eigene Bestandteile für euer Ritual, zum Beispiel ein geheimes Zeichen oder einen kleinen Vers.
- Dem Gefühl von Kontrollverlust entgegenwirken. Lasst euer Kind mit entscheiden. Bleibt zum Beispiel an einer verabredeten Stelle stehen, wo euch euer Kind noch sehen kann, wenn es sich umdreht. Gibt es euch ein vorher verabredetes (Geheim-)zeichen, könnt ihr gehen. So bekommt das Kind das Gefühl mit entscheiden zu können, statt der Situation ausgeliefert zu sein.
- Steht der Lehrkraft positiv gegenüber. Während des Schultags ist sie die Vertrauensperson eures Kindes. Hilfreich können Sätze wie diese sein: "Was Herr XY wohl heute Schönes für euch vorbereitet hat ..." oder "Schau mal, da steht schon Frau XY und freut sich auf euch."
- Auch Freunde können über den Trennungsschmerz hinweghelfen. Vielleicht können sich die Kinder morgens treffen und zusammen reingehen. Wichtig ist dabei, dass sich kein Kind dafür verantwortlich fühlen muss, dass ein anderes gut im Klassenraum ankommt.
- Gebt eurem Kind Zeit und vertraut dem Prozess. Trennungsangst ist anfangs normal und legt sich meistens von allein.
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