Psychologie

Dies sind die besten Tipps, wenn euer Kind klaut!

Ein Kaugummi hier, oder sogar doch etwas Geld aus dem Portemonnaie der Eltern? Wenn Kinder stehlen, ist das nicht immer nur eine Kleinigkeit. Doch warum machen sie das überhaupt und was können wir als Eltern dann tun? 

Ein Mädchen nimmt Geld aus dem Portemonnaie seiner Mutter.© iStock/Madhourse
Wenn Kinder klauen, hat das Gründe.

Ist euch das auch schon mal passiert? Euer Kind hat verbotenerweise etwas genommen, was ihm nicht gehört. Vielleicht sogar beim Freund ein Spielzeug mitgehen lassen? Wir haben mit einem Psychologen gesprochen, der die Thematik einordnet und hilfreiche Tipps gibt. 

Kinder haben an sich ein gutes Verständnis von Moral

Wir haben uns gefragt, was dahintersteckt, wenn Kinder etwas klauen. Also entweder ein Spielzeug bei Freunden, Süßigkeiten, Kaugummi etc. im Supermarkt oder sogar Geld aus dem Portemonnaie der Eltern. Warum machen Kinder das? Wann wird es "bedenklich"? Ralph Schliewenz ist Diplom-Psychologe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in Soest und im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen aktiv. Er betont: "Grundsätzlich würde ich sagen, dass Kinder im Allgemeinen unabhängig vom Alter ein Gewissen und eine Moral besitzen, sich Dinge, die ihnen nicht gehören, nicht einfach so einzuverleiben. Dennoch kommt es selbstverständlich vor und sollte dann auch für den Einzelfall analysiert und verstanden werden." Bereits Kita-Kinder können unterscheiden zwischen "meins" und "deins". Es komme jedoch vor, dass sie ihre Fantasie einsetzen, um die Grenze dazwischen verschwimmen zu lassen. Dann könnte deins vielleicht doch auch ein wenig meins sein. "Mithilfe dieses 'Tricks' umgehen sie ihr Moralverständnis", sagt der Psychologe. 

Er ist überzeugt, dass Kinder sich in der Regel nichts nehmen, von dem sie nicht meinen, dass es ihnen zustehen könnte. "In Bezug auf Kleinigkeiten wie Schokolade und Co. kann das auch schon mal eine Mutprobe sein. Kommt das ans Tageslicht, sollte man es jedoch nicht als Lappalie abtun", so Ralph Schliewenz. "Kinder benötigen weiterhin die Bekräftigung der moralischen Grenze." Diese biete ihnen ja auch Schutz in Bezug auf ihr Eigentum.

Geld zu stehlen ist keine Lappalie

Nehmen Kinder Geld aus dem Portemonnaie der Eltern sieht das schon anders aus, da hier eine größere Grenze überschritten wird. Aber auch hier sollte der Einzelfall laut dem Experten genau unter die Lupe genommen werden. Man sollte sich beispielsweise die folgenden Fragen stellen: Bekommt das Kind evtl. kein Taschengeld? Hat es noch nicht gelernt, damit umzugehen? Was kauft es sich von dem gestohlenen Geld? Um welchen Betrag handelt es sich? Kommt es wiederholt vor? "Je nachdem, wie diese - und ggf. noch viele weitere - Fragen beantwortet werden, sollte man einen angemessenen Umgang mit dem Problem finden", rät der Psychologe. "Wird mein Grundschulkind evtl. von anderen - meist älteren - angehalten, oder sogar gezwungen, einen Diebstahl zu begehen, könnte ggf. sogar der Gang zur Polizei ratsam sein. Vorrang hat selbstverständlich immer der Schutz des betroffenen Kindes", stellt Ralph Schliewenz klar.

Wenn die Eltern den Diebstahl bemerken ...

Wie sollten Eltern damit umgehen, wenn sie bemerken, dass ihr Kind etwas gestohlen hat? Wie stellen sie ihr Kind am besten zur Rede? Der Experte rät, das bitte immer mit dem Bemühen um ein Verständnis anzugehen, also ohne Vorwurf oder Schimpfen, sondern mit klaren, offenen Worten.

Bezüglich möglicher Konsequenzen eines "kleinen" Diebstahls schlägt Ralph Schliewenz Eltern vor, ihre Kinder am Ende eines klärenden Gesprächs selbst zu fragen. "Sie werden erstaunt sein, welche 'Strafen' Kinder sich selbst auferlegen würden", sagt der Psychologe. Als Eltern haben wir dann die Möglichkeit, die notwendige Konsequenz evtl. sogar ein wenig "abzumildern". "Wichtig bei Konsequenzen ist, dass sie prompt und angemessen sind und einen Bezug zur Handlung haben", betont der Experte. "Am besten finde ich Wiedergutmachungen, das heißt, dass zum Schluss wirklich alles wieder gut ist, und zwar für alle Beteiligten.

Wenn das Kind zum "Wiederholungstäter" wird

Natürlich kann es passieren, dass das Kind weitermacht, obwohl man darüber gesprochen und scheinbar alles geklärt hat. "Kontrolle ist besser! Vielleicht muss der Rahmen dann enger abgesteckt werden", sagt der Kinderpsychologe. "Notfalls braucht es professionelle Hilfe, bspw. in Beratungsstellen, bei Psycholog:innen oder auch dem Jugendamt etc." Auf die Härte des Gesetzes würde Ralph Schliewenz erst dann setzen, wenn der Kontakt zum Kind zu entgleiten droht.

Es geht nicht in erster Linie um Strafen

Der Experte betont, dass Kinder zuerst einmal Kinder sind, die unseren Schutz und unsere erzieherische Begleitung benötigen. Es gehe nicht um Bestrafung oder darum, ihnen Angst vor Strafen zu vermitteln. "Sondern darum, ihnen die Regeln des Zusammenseins und Dazugehörens schmackhaft zu machen. Dann entwickeln sie bereits sehr früh eine Moral und ein Gewissen, das sie in ihrem Handeln leiten wird", ist Ralph Schliewenz überzeugt. Dann würden sie sich auch an die Gesetze halten.

Das eigene Kind wurde bestohlen

Findet man hingegen heraus, dass das eigene Kind von einem Freund/einer Freundin bei einem Playdate oder auf der Klassenreise bestohlen wurde, rät der Psychologe ebenfalls, einen guten Weg für ein Gespräch zu suchen. Eltern sollten auf jeden Fall mit ihrem Kind abstimmen, wie und auf welchem Weg das verursachende Kind darauf angesprochen wird. Man könne überlegen, ob das Kind selbst das andere Kind anspricht, oder ob das zunächst zwischen den jeweiligen Eltern geklärt werden soll. "Als Erziehungsberechtigter würde ich den erzieherischen Umgang damit auch eher den Eltern des anderen Kindes überlassen, jedoch verdeutlichen, dass eine Wiedergutmachung unerlässlich ist", rät der Psychologe.