
Meist zwickt es nur ganz kurz am Arm – dafür aber sind die geimpften Kinder zum einen vor gefährlichen Infektionskrankheiten geschützt, zum anderen tragen sie auch zum Schutz der gesamten Bevölkerung bei, indem sie die Verbreitung von Krankheitserregern eindämmen. Da Kinder im Grundschulalter besonders anfällig für Infektionen sind – ihr Immunsystem ist immerhin noch nicht vollständig ausgereift – und sie durch den Schulbesuch und andere soziale Aktivitäten einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, sollten Eltern regelmäßig ihren Impfschutz überprüfen.
Empfohlene Impfungen zum Schulbeginn
Kinderärztin Dr. Catharina Amarell berichtet uns über die Impfungen, die gemäß der STIKO in Deutschland empfohlen sind:
- Rotavirus-Schluckimpfung: zweimal in den ersten Lebensmonaten mit Abstand von mindestens 4 Wochen
- Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis (Kinderlähmung), Pertussis (Keuchhusten), Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B (Impfstoff als 6fach-Impfung vorhanden), Pneumokokken und seit Januar 2024 auch Meningokokken Typ B: im 2., 4. und 11./12. Lebensmonat
- Mumps, Masern, Röteln, Windpocken: zweimalige Impfung im Alter von 11 und 15 Monaten
- Meningokokken Typ C: im Alter von circa 12 Monaten (viele Kinderärzte empfehlen aber alternativ den Kombinationsimpfstoff gegen Meningokokken Typ ACWY, da diese Untergruppen der Meningokokken zunehmend an Relevanz gewinnen.
Termin vergessen? Impfung nachholen
"Generell gilt: Jede Impfung zählt: Wurde zum Beispiel eine 6fach-Imfpung verpasst, wird die Grundimmunisierung nicht nochmal von vorn begonnen, sondern so nachgeholt, dass dann insgesamt drei Impfungen erfolgt sind", erklärt die Kinderärztin.
Hinweise:
- Manche Impfungen werden nur bis zu einem bestimmten Alter empfohlen und müssen daher auch nur bis zu einem bestimmten Alter nachgeholt werden.
- Pneumokokken im Normalfall bis 2 Jahre (Ausnahme bei bestimmten Risikogruppen)
- Hämophilie influenzae Typ b (Hib) bis 5 Jahre
- Meningokokken TypB bis 5 Jahre
- Eine FSME-Impfung (Frühsommer-Meningoenzephalitis) ist für alle Kinder in Risikogebieten empfohlen.
Impfpflicht für Masern
"Aktuell gibt es für Kinder zum Besuch des Kindergartens und auch der Schule eine Impfpflicht für Masern", erklärt die Kinderärztin. "Eine zweimalige Impfung oder Masern-Immunität muss nachgewiesen sein. In Deutschland steht aber nur ein Kombinationsimpfstoff mit Mumps, Masern, Röteln zur Verfügung."
Welche Impfungen sollten zum Schulbeginn aufgefrischt werden?
Wenn der Schulstart naht, sollten der Impfschutz gegen folgende Erkrankungen aufgefrischt werden:
- Keuchhusten (Pertussis)
- Diphtherie
- Tetanus
Die Auffrischimpfung ist eine Kombinationsimpfung und wird im Alter von fünf bis sechs Jahren – also vor Schulstart, meist zur U9 – empfohlen.
HPV-Impfung für Mädchen UND Jungen
"Sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen empfiehlt die STIKO zwischen neun und 14 Jahren (definitiv vor Beginn des Sexualverkehrs) die Impfung gegen HPV", fügt die Expertin hinzu.
Noch bis 2018 wurde die HPV-Impfung nur für Mädchen empfohlen. Jetzt gilt die Empfehlung der Ständigen Impfkommission auch für Jungen. Wer nicht im Alter zwischen neun und 14 Jahren geimpft wird, kann sich bis zum 18. Geburtstag nachimpfen lassen. Über die Kosten für eine HPV-Impfung müssen sich Eltern dann keine Gedanken machen, denn in diesen Altersgruppen wird die HPV-Impfung von den Krankenkassen bezahlt. "Versäumte Impfungen sollten so früh wie möglich nachgeholt werden", betont Susanne Glasmacher vom Robert Koch-Institut (RKI). "Auch nach dem ersten Sex können und sollten ungeimpfte Mädchen oder Jungen noch gegen HPV geimpft werden.“ Selbst wenn es dann schon zu einer dauerhaften HPV-Infektion gekommen sein sollte, könne die Impfung trotzdem noch einen Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten.
Je nach Alter der Kinder wird zwei- oder dreimal geimpft. Im Alter von neun bis 14 Jahren erhalten die Kinder zwei Impfdosen. Zwischen den beiden Impfungen sollen mindestens fünf Monate Abstand liegen. Bei einem kleineren Abstand sind drei Dosen erforderlich. Ab dem Alter von 15 Jahren gibt es drei Impfdosen innerhalb eines Jahres.
Wieso Auffrischimpfungen so wichtig sind
"Wie oft wirklich aufgefrischt werden muss, ist von Erreger und Impfung abhängig", sagt Dr. Amarell. Gegen Mumps, Masern, Röteln müsse nach erfolgter Grundimmunisierung (also zwei Impfungen) nicht aufgefrischt werden. "Für Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung sind für die Grundimmunisierung drei Impfungen nötig, dann muss in entsprechenden Abständen aufgefrischt werden." Ähnliches gelte auch für FSME
Und warum überhaupt auffrischen? "Nun, über die Zeit gehen die Antikörper im Blut zurück, der Körper verliert sozusagen das Wissen darüber, wie er die Krankheit bekämpfen soll. Der Impfschutz lässt nach. Mithilfe einer Auffrischimpfung wird sozusagen das Gedächtnis wieder aufgefrischt", erklärt die Kinderärztin.
Unter welchen Umständen kann ein Kind nicht geimpft werden?
Was vielen bereits bekannt ist: Bei akuten, schweren Erkrankungen beziehungsweise Infekten kann der Kinderarzt erst nach der Genesung impfen. Weniger bekannt sind diese Gründe, die gegen eine Impfung sprechen: "Kontraindikationen können Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffs sein. In Betracht kommen vor allem Neomycin und Streptomycin sowie in seltenen Fällen Hühnereiweiß", erklärt Dr. Amarell. Personen, die bereits eine anaphylaktische Reaktion nach einer Impfung hatten, sollten eine allergologische Abklärung anstreben (RKI-Empfehlungen).
Eine Allergie gegen Hühnereiweiß stelle keine Kontraindikation gegen die FSME- oder MMR-Impfung dar. Das RKI schreibt dazu auf seiner Website: "Das Risiko für anaphylaktische Reaktionen nach MMR-Impfung bei Personen mit nachgewiesener Hühnereiweißallergie ist nicht höher als das allgemeine Risiko für eine anaphylaktische Reaktion."
Außerdem wichtig: Im Falle eines angeborenen oder erworbenen Immundefekts sollten laut der Kinderärztin vor der Impfung mit einem Lebendimpfstoff die den Immundefekt behandelnden Ärztinnen oder Ärzte konsultiert werden.
Sonstige Impf-Tipps für Eltern mit bald schulpflichtigen Kindern?
Die Kinderärztin hat noch ein paar Tipps für alle Eltern von Schulanfängern im Hinblick auf bevorstehende Impfungen parat:
- Informieren: Kinder vor dem Arztbesuch immer gut über Impfung aufklären, damit sie sich darauf einstellen können.
- Positive Sprache/ achtsame Sprache verwenden: Vermeiden von Piks, Schmerz, Spritze – es handelt sich um angstbesetzte Begrifflichkeiten.
- Keine Angst vor der Impfung machen: Eltern solltenaber auch nicht verharmlosen (z. B. "Das tut nicht weh"). "Denn, ja, es tut weh, aber Kinder verstehen in dem Alter schon, warum geimpft wird und wogegen es schützt", so Dr. Amarell.
- Bei der Impfung ablenken: Bezieht das Kind mit ein – zum Beispiel mit Musik oder kleinen Spielereien. "Seifenblasen sind auch eine Idee, wenn das für den Arzt okay ist. Oder ein Spiel wie 'Ich sehe was, was du nicht siehst', das kann auch Wunder bewirken und ablenken."
- Selbst entscheiden lassen: Überlasst eurem Kind, die Entscheidung darüber, wo es sitzen möchte. Ob allein oder auf dem Schoß.
- Liebevolle Begleitung: Wohl das Wichtigste ist eine liebevolle Begleitung bei den Impfungen. Kuscheleinheiten und viel Verständnis können einiges bewirken.
"Bei starker Spritzenangst kann unter Umständen auch ein lokal-betäubendes Pflaster vorher auftragen oder Eisspray verwendet werden. Das sollte aber vorher mit dem Arzt abgesprochen werden."
Und, kennt ihr schon den Zauberhandschuh-Trick? Schaut mal hier:
Impfempfehlungen und der Impfkalender
Die STIKO am Robert Koch-Institut gibt regelmäßig aktualisierte Impfempfehlungen heraus, die sich nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen richten. Der Impfkalender enthält genaue Angaben darüber, wann welche Impfungen für Kinder und Jugendliche vorgesehen sind. Er dient Eltern als gute Orientierungshilfe. So können sie die Impftermine für ihre Kinder sorgfältig planen und einhalten.
Die Bedeutung des Impfschutzes für die Gemeinschaft
Im Grundschulalter geimpfte Kinder sorgen nicht bloß für ihren eigenen Schutz, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Gemeinschaft. Durch die Reduzierung der Krankheitsfälle können Ausbrüche vermieden und die Verbreitung von Infektionskrankheiten eingedämmt werden.
Neben dem individuellen Schutz spielt eben auch die Herdenimmunität eine entscheidende Rolle beim Schutz der gesamten Bevölkerung. Ist ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung gegen eine bestimmte Krankheit geimpft, so wird die Übertragungskette unterbrochen. So sind auch nicht geimpfte Personen indirekt geschützt. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können – etwa Neugeborene oder Personen mit bestimmten Immunerkrankungen.
Fazit: Schutzimpfungen im Grundschulalter sind unerlässlich
Es lässt sich also sagen, dass Schutzimpfungen im Grundschulalter eine grundlegende Säule der öffentlichen Gesundheit darstellen. Sie schützen nicht nur das einzelne Kind, sondern tragen auch zum Wohl der gesamten Gemeinschaft bei. Als Eltern solltet ihr euch aktiv informieren und bei Unsicherheiten bei euren Kinderärzten nachfragen. So können gefährliche Krankheiten kontrolliert werden und unsere Kinder gesund aufwachsen.
Unser Buch-Tipp
Dr. Catharina Amarell ist selbst Mutter und gibt in ihrem neuen Buch "So bleibt dein Baby gesund. Was Kinder im ersten Lebensjahr stärkt – und welche Haus- und Heilmittel ihnen helfen" wertvolles Wissen und spannende Praxiserfahrungen weiter. Gerade auch im Hinblick darauf, wie unser Baby NATÜRLICH gesund bleibt und wie wir es bei Beschwerden bestmöglich unterstützen.