
Natürlich ist es normal, dass Kinder bzw. Babys erst mal einen Schlafrhythmus entwickeln, sich an den Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnen müssen. Doch laut dem Kinderarzt und Kinder- und Jugendpsychiater Boris Schößler aus Filderstadt können Schlafstörungen schon im frühkindlichen Alter entstehen.
Schlafstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern: Warum wird mein Kind nachts immer wach?
Schlafmuster sind individuell und bilden sich erst im Laufe des ersten Lebensjahres heraus.
Das betont Boris Schößler. Es sei wichtig herauszufinden, wie die Eltern eine Schlafstörung definieren. Außerdem gilt es einzuordnen, ob es sich um eine Einschlaf- oder Durchschlafstörung handelt. Will man herausfinden, ob tatsächlich eine Schlafstörung vorliegt, muss man viele Aspekte berücksichtigen. Zunächst einmal schauen sich die Fachleute das Kind genau an und ermitteln den allgemeinen Gesundheitszustand. Auch die Eltern-Kind-Interaktion spielt eine große Rolle. Wie feinfühlig sind die Eltern, reagieren sie auf die Impulse ihres Kindes und unterstützen sie die Autonomieentwicklung ihres Sprösslings?
Zusätzlich sind die Rollenverteilung in der Familie, die Betreuungssituation des Kindes und der aktuelle Kräftezustand der jeweiligen Familienmitglieder wichtig. In weiteren Schritten ermitteln die Ärzte mit professionellen Messverfahren die Schlafdauer, Schlafhäufigkeit und Schlaftiefe. In einigen Fällen kann auch ein Schlafprotokoll hilfreich sein. Übrigens: Der Schlafbedarf ist individuell unterschiedlich und etwaige Richtlinien sind eben nur Richtlinien, von denen man auch abweichen kann. Genauso ist auch das Temperament eines jeden Kindes anders.
Wie ist die Schlafsituation?
Die Ärzte werden die Eltern auch danach fragen, wie der Tagesablauf, die Schlafsituation und das Ins-Bett-Bringen konkret ablaufen. Möglicherweise lassen sich hier Hinweise finden, weshalb der Schlaf oder das Einschlafen gestört sind. Werden Übermüdungsanzeichen oder Unruhe des Kindes möglicherweise übersehen oder zu spät wahrgenommen? Oder kann man die Reize, die auf das Kind einströmen, noch runterfahren, wenn es in Richtung Schlafenszeit geht?
Wann ist es wirklich eine Schlafstörung?
Boris Schößler spricht hier von der "Dreier-Regel": Ist das Kind drei Mal in der Nacht wach, in drei Nächten pro Woche und das in drei aufeinanderfolgenden Wochen, liegt wohl eine Schlafstörung vor. Achtung: Dies gilt tendenziell etwa ab einem Alter von einem Jahr. Das weitere Vorgehen besprechen die Eltern dann mit dem Arzt.
Schlafstörungen bei Schulkindern
Schulkinder sollten – wenn man das pauschalisieren will – mindestens acht Stunden pro Nacht schlafen (natürlich brauchen Grundschulkinder aber prinzipiell mehr Schlaf als ältere Schulkinder). "Wenn die Gesamtdauer unter acht Stunden liegt und das auch am Wochenende nicht aufgeholt wird, ist eine Schlafstörung behandlungsbedürftig", sagt Boris Schößler. Um das zu ermitteln ist ein Schlaftagebuch bzw. das oben erwähnte Schlafprotokoll sinnvoll. Übrigens: "Nächtliches Wandern ist normal" und muss nicht gleich behandelt werden, betont der Kinderarzt.
Wie behandelt man Schlafstörungen bei Schulkindern?
Zunächst schließt der Kinderarzt Schnarchen und andere Störungen aus. Dann bespricht er mit den Eltern, wie ein angemessenes Abendritual und ein guter Schlafplatz aussehen können. Einige Stunden vorm Schlafengehen sollten Kinder keine Zeit mehr vor Bildschirmen verbringen. Natürlich müssen vorm Schlafen körperliche Bedürfnisse erfüllt sein, ein Kind sollte beispielsweise nicht hungrig ins Bett und ruhig vorher noch einmal auf die Toilette gehen.
Auch psychische Belastungen wie ein Krankheits- oder Todesfall in der Familie oder die Trennung der Eltern können für Schlafstörungen sorgen. Hier müsste man schauen, dass das Kind gut begleitet wird. Auch dürfen Eltern ruhig einmal hinterfragen, ob sie nicht altersgerechte Themen mit ihrem Nachwuchs besprechen, und WIE sie mit dem Kind darüber reden. "Viele Eltern gehen das zu intellektuell an", weiß der Kinderarzt aus Erfahrung.