
"Und morgen machen wir dann mal die erste Trennung."
Zack. Und plötzlich ist es da, dieses ungute Bauchgefühl. Die Erkenntnis, dass es nun wirklich ernst wird. Dass das hier kein unverbindlicher morgendlicher Zeitvertreib im Spieleparadies ist. Sondern dass das die Kita ist, in die das Kind fortan gehen wird. Der erste Schritt – oder vielleicht sogar: das erste Krabbeln – in seinem Leben ohne Mama und Papa. Ein Meilenstein, für Kinder und Eltern.
Keine Frage: Kita-Eingewöhnungen sind hart. Wie schwer sie für Kinder sein können, ist ein beliebtes Thema. Gern auch mal im Zusammenhang mit ein bisschen Mom-Shaming. "Was, in die Fremdbetreuung? Er ist doch noch so jung!"
Die Eingewöhnung ist auch für Mütter hart
Aber was ist eigentlich mit den Müttern? Die leiden auch – und meist nicht wenig. Denn in den meisten Fällen haben sie sich in den vergangenen zwölf Monaten – oder mehr – tagein, tagaus um ihr Kind gekümmert. Und haben sich dabei ein regelrechtes Inselwissen angeeignet. Wie schläft er am besten ein? Was isst er am liebsten? Zu welcher Uhrzeit macht er meist sein großes Geschäft? Und was meint er, wenn er "Da-da-da" ruft? Fragen, auf die nur die Eltern die Antworten kennt. Und plötzlich sollen Fremde ihre Aufgaben übernehmen? Das kann doch niemals gut gehen!
Klar, die Eingewöhnung ist nicht nur für Kinder da, sondern auch für die Eltern. Damit die Fremdbetreuung eben nicht mehr fremd ist. Damit sich eine Bindung und Vertrauen zu den Erzieherinnen und Erziehern aufbaut. Aber Fakt ist auch: Viel Zeit bleibt dafür meist nicht. Kitas haben schließlich auch Zeitpläne, und für die Eltern rückt der Wiedereinstieg in den Job näher. Also ist es nicht unüblich, dass Kinder schon nach wenigen Tagen eine kurze Zeit ohne Mama oder Papa in der Kita verbringen. Auch wenn sie vorher noch ganz blauäugig an die Sache herangegangen sind, ist spätestens jetzt klar: Diese Trennungen haben es wirklich in sich ...
Herz vs. Hirn – die Gefühle spielen verrückt
Rein kognitiv betrachtet ist die Sache einfach: Pädagogen sind sich heutzutage einig, dass Kinder von einer (guten) Betreuung im Kindergarten profitieren können. Und dass Kitas eben das sprichwörtliche Dorf ersetzen, das wir heutzutage nicht mehr haben.
Aber neben dem Kopf spricht eben auch das Herz mit. Und das fühlen viele Mütter regelrecht zerbröseln in dem Moment, in dem sie sich zum ersten Mal die Schuhe anziehen, dem Kind "Tschüß" sagen und die Tür hinter sich schließen ...
Es wird jeden Tag leichter
Wird die Eingewöhnung gut begleitet, dann werden die Tränen von Tag zu Tag weniger, die Trennungen länger, und schon bald gehen die meisten Kinder gern in die Kita. Dennoch begleitet der Kita-Start viele Eltern in Gedanken noch eine ganze Weile.
4 Mütter berichten ihre Erfahrungen über die Kita-Eingewöhnung:
"Ich habe unsere gemeinsame Zeit betrauert"
"Die Eingewöhnung hat mein Mann übernommen, weil ich zeitgleich wieder in den Job zurückgekehrt bin. Am Abend vorher war ich nervös und der Kindergarten spukte die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Als ich meinen Sohn ins Bett gebracht habe, habe ich erstmal geheult. Irgendwie ging jetzt halt auch 'unsere' Zeit miteinander ein bisschen zu Ende. Ich habe mir das einfacher vorgestellt vom Gefühl her. Er hat sich in der Kita dann tapfer geschlagen und trotzdem macht man sich Gedanken, ob man das beste für sein Kind tut. Ich war so froh, dass mein Mann da war und mich auch mal in den Arm genommen und wieder zum Lachen gebracht hat. Inzwischen genieße ich es, meinen Sohn nach einem 'Erwachsenen-Vormittag' wiederzusehen und den restlichen Tag mit ihm zu verbringen." Anne, 38
"Ich habe im Gruppenraum nur geweint"
"Den ersten Tag der Eingewöhnung musste die Erzieherin abbrechen – weil ich zu viel geweint habe. Es hat mich einfach fertig gemacht, mein kleines Mädchen zwischen all den 'großen' Kindern zu sehen. Die Erzieherin hat mir ins Gewissen geredet, dass ich es meinem Kind leichter machen würde, wenn ich ihr ein positives Gefühl vermitteln würde. Aber das ist gar nicht so einfach. Letztlich hat die Eingewöhnung dann doch schnell und problemlos geklappt. Beim nächsten Kind würde ich das jedoch meinen Mann machen lassen." Meike, 40
"Ich vermisste mein kleines Baby so sehr"
"Wir hatten eine tolle Eingewöhnung, die mehrere Wochen dauerte und sehr sanft war. Als ich meine Tochter das erste Mal allein in der Kita gelassen habe, hatte sie schon so eine gute Bindung zu den Erzieherinnen, dass sie gar nicht geweint hat. Als ich dann jedoch zum ersten Mal ohne sie zu Hause war und ihren alten Spielbogen fotografiert habe, um ihn im Internet zu verkaufen, musste ich plötzlich heulen und konnte drei Stunden lang nicht mehr aufhören. Die Erkenntnis, dass sie nun einfach kein Baby mehr ist, hat mich wirklich traurig gemacht." Laura, 31
"Alles lief anders, als ich es mir vorgestellt hätte"
"Ich hatte mir den Kita-Start wirklich herbeigesehnt, weil ich mich auf Entlastung gefreut hatte. Als es dann soweit war, kam die große Ernüchterung. Mein Sohn war völlig erschöpft, weil er eigentlich noch sein Vormittagsschläfchen gebraucht hätte, bekam prompt die erste fette Erkältung, und außerdem hatte ich das Gefühl, die Erzieherin wollte die Eingewöhnung schnell hinter sich bringen, weil die Urlaubszeit anstand. Statt Erleichterung fühlte ich mich nur gestresst und war mir in den ersten Wochen nicht sicher, ob das wirklich das beste für mein Kind war." Luise, 37