
Unser Autor Florian Nuxoll ist Lehrer und Vater. Er weiß, dass Kommunikationsfähigkeit weit über das Versenden von Textnachrichten oder das Teilen von Beiträgen in sozialen Netzwerken hinausgeht und hat tolle Tipps parat, wie wir Eltern unserem "Digital-Native"-Nachwuchs auf die Sprünge helfen können.
- Kommunikationskompetenz zeigt sich nicht nur online
- Auch zuhören können ist wichtig
- In lockeren Gesprächen lernt man gute Kommunikation
- Vom Tag erzählen und Erfahrungen kommunikativ teilen
- Aktives Zuhören schult die Kommunikationskompetenz
- Rollenspiel als Übung
- Auch Körpersprache ist Kommunikation
- Meinungen einholen, um eigene Ausdrucksfähigkeit zu steigern
Kommunikationskompetenz zeigt sich nicht nur online
Als ich kürzlich in einer Diskussionsrunde mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern das Thema Kommunikationskompetenz ansprach, meldete sich sofort ein Schüler, strahlte vor Selbstbewusstsein und sagte: "Toll, das kann ich schon! Dann bin ich mit dem Lernen fertig." Diese Aussage gab mir zu denken. In einer Zeit, in der Jugendliche scheinbar mühelos und täglich durch Chats navigieren, Beiträge posten und Likes sammeln, könnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass sie die Kunst der Kommunikation bereits meisterhaft beherrschen.
Aber ist das wirklich so? Eltern und Lehrkräfte wissen, dass es nicht so einfach ist. Quantität ist nicht gleich Qualität. Kommunikationsfähigkeit geht weit über das Versenden von Textnachrichten oder das Teilen von Beiträgen in sozialen Netzwerken hinaus. Es geht um die Kunst, sich klar und verständlich auszudrücken, aktiv zuzuhören, Empathie zu zeigen und über kulturelle und digitale Grenzen hinweg effektiv zu kommunizieren.
Der Kommentar des Schülers hat mir gezeigt, dass man mit Kindern und Jugendlichen über gute und erfolgreiche Kommunikation sprechen muss. Kommunikationskompetenz gehört nach Meinung von Experten zu den "21st century skills", also zu den Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert besonders wichtig werden. Für Kommunikation bedeutet das: Es reicht eben nicht aus, Nachrichten verschicken zu können und mit Freunden zwanglos zu plaudern.
Auch zuhören können ist wichtig
In einer (Berufs-)Welt, die zunehmend von Teamarbeit und digitaler Interaktion geprägt ist, müssen junge Menschen lernen, sich klar und effektiv auszudrücken. Dazu gehört nicht nur das Beherrschen der Sprache, sondern auch das Verstehen und Anwenden nonverbaler Kommunikation.
Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, die Grundlagen der verbalen Kommunikation zu erlernen, also Gespräche zu führen, zu argumentieren und eigene Gedanken und Gefühle auszudrücken. Ebenso wichtig ist es, nonverbale Signale wie Gestik, Mimik und Körpersprache zu verstehen und zu nutzen, um den emotionalen Gehalt einer Botschaft zu unterstreichen oder zu interpretieren.
Darüber hinaus ist aktives Zuhören ein wesentlicher Aspekt der Kommunikationskompetenz. Kinder und Jugendliche müssen lernen, aufmerksam zuzuhören, um Informationen zu verstehen und empathisch auf andere zu reagieren. Diese Fähigkeiten sind nicht nur für den schulischen Erfolg wichtig, sondern auch für die persönliche Entwicklung und den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen.
Die folgenden Tipps mögen auf den ersten Blick banal erscheinen, ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Sie helfen Kindern und Jugendlichen, die Fähigkeiten zu erwerben, die sie benötigen, um sich selbst auszudrücken und
mit anderen effektiv zu interagieren.
In lockeren Gesprächen lernt man gute Kommunikation
Kinder, die sich nur zögerlich artikulieren, profitieren sehr von regelmäßigen, lockeren Gesprächen. Diese Gespräche können in alltägliche Situationen integriert werden, um eine natürliche und entspannte Atmosphäre zu schaffen. Zum Beispiel ...
- ... unterwegs: Die Zeit im Auto, in der Bahn oder auf dem Rad kann gut genutzt werden, um über interessante Dinge zu sprechen, die einem auf der Fahrt begegnen, oder um Pläne für den Tag zu besprechen.
- ... beim Essen: Gemeinsame Mahlzeiten sind ebenfalls eine gute Gelegenheit, um über den Tag zu sprechen. Die meisten Kinder freuen sich, wenn sie gefragt werden, was ihnen heute am besten gefallen hat oder was sie gelernt haben.
- ... vor dem Schlafengehen: Auch die ruhige Zeit vor dem Schlafengehen eignet sich bestens, um über schöne Erlebnisse des Tages zu sprechen oder Pläne für den nächsten Tag zu schmieden.
- Ziel ist es, dem Kind das Gefühl zu geben, dass seine Meinung und seine Erlebnisse wichtig sind, und es zu ermutigen, sich aktiv an Gesprächen zu beteiligen.
Vom Tag erzählen und Erfahrungen kommunikativ teilen
Das Erzählen über den Tag hilft besonders jüngeren Kindern, ihr Erinnerungsvermögen zu verbessern und Ereignisse in einer logischen Reihenfolge zu erzählen.
Es ist hilfreich, wenn die Kids dabei nach bestimmten Ereignissen des Tages gefragt werden, zum Beispiel "Was war heute dein Lieblingsmoment in der Schule?" oder "Gab es heute etwas, das dich überrascht hat?". Nicht geeignet sind Fragen, die typischerweise von Eltern gestellt werden. Auf "Wie war es heute in der Schule?" gibt es oft nur die knappe Antwort "gut".
Besser: Erinnerungen zu wecken! Wer seinem Kind hilft, sich an Details zu erinnern, indem sie nach konkreten Aspekten des Tages gefragt werden, zum Beispiel "Mit wem hast du heute in der Pause gespielt?" oder "Was war das Thema im Kunstunterricht?", bekommt ausführlichere Antworten.
Außerdem ist es toll, eigene Erfahrungen zu teilen, vom eigenen Tag zu erzählen. Das zeigt den Kindern, dass Kommunikation ein wechselseitiger Prozess ist. Zum Beispiel: "Heute habe ich bei der Arbeit einen neuen Kollegen kennengelernt ..."
Aktives Zuhören schult die Kommunikationskompetenz
Zuhören ist ein oft unterschätzter, aber wesentlicher Teil der Kommunikation. Ein Kind, das aktiv zuhört, kann nicht nur Informationen besser aufnehmen und verstehen, sondern zeigt auch mehr Einfühlungsvermögen.
Deshalb ist es eine gute Idee zu zeigen, dass wir nicht nur körperlich zuhören, sondern auch geistig präsent sind. Wenn Kinder mit uns sprechen, können wir wichtige Punkte, die es erwähnt hat, wiederholen und dann Fragen stellen, um unser Interesse und Verständnis zu zeigen. Zum Beispiel: "Du hast erwähnt, dass du heute in der Schule ein neues Spiel gelernt hast. Wie wird es gespielt?" Dies fördert nicht nur die Erzählfähigkeit des Kindes, sondern stärkt auch sein Selbstvertrauen und das Gefühl, gehört und verstanden zu werden.
Rollenspiel als Übung
Viele Kinder und Jugendliche fühlen sich in bestimmten sozialen Situationen unsicher. Ihnen hilft es, solche Situationen durchzuspielen. Wenn das Kind zum Beispiel Angst hat, mit neuen Klassenkameraden in der Schule zu sprechen, können zu Hause Gesprächsanfänge geübt werden.
Als Elternteil kann man dabei abwechselnd die Rolle des Kindes und die des potenziellen neuen Freundes einnehmen. Wenn verschiedene Szenarien durchgespielt werden, kann das Kind in einer sicheren Umgebung ausprobieren, wie es auf verschiedene Gesprächspartner reagieren könnte.
Auch Körpersprache ist Kommunikation
Körpersprache ist ein wichtiger Aspekt der Kommunikation, der oft übersehen wird. Kinder müssen die nonverbalen Signale anderer aber verstehen lernen, damit sie sie selbstbewusst einsetzen können. Das kann so einfach sein, wie zu erklären, warum Menschen ihre Arme verschränken oder warum ein Lächeln ansteckend sein kann.
Um ein besseres Verständnis für nonverbale Kommunikation zu entwickeln, sind Spiele hilfreich, bei denen man sich nur durch Mimik und Gestik verständigen darf.
Meinungen einholen, um eigene Ausdrucksfähigkeit zu steigern
Die Meinung des Kindes zu einer Vielzahl von Themen einzuholen, ist ein wichtiger Schritt, um es zum Nachdenken anzuregen und seine Ausdrucksfähigkeit zu fördern. Das können anfangs ganz einfache, alltägliche Themen sein, die für Kinder leicht zugänglich sind. Zum Beispiel die Frage nach seiner Meinung zum Abendessen oder zu geplanten Freizeitaktivitäten: "Was möchtest du heute Abend essen?" oder "Was machen wir am Wochenende?" Auch über Filme und Bücher, die das Kind in letzter Zeit gesehen oder gelesen hat, lässt sich super diskutieren. Fragen wie "Was hat dir an dem Film gefallen und warum?" oder "Was würdest du anders machen, wenn du die Hauptperson in der Geschichte wärst?" regen zum kritischen Denken an.
Mit älteren Kindern können komplexere und anspruchsvollere Themen wie aktuelle gesellschaftliche Ereignisse, politische Fragen oder ethische Dilemmas einbezogen werden. Solche Gespräche helfen, verschiedene Perspektiven zu erkunden und sich eine eigene Meinung zu bilden. Dabei ist es wichtig, eine offene und wertfreie Atmosphäre zu schaffen, in der das Kind ermutigt wird, seine Gedanken frei zu äußern und zu begründen.
Unser Autor: Florian Nuxoll ist Englisch- und Gemeinschaftskundelehrer an einem Gymnasium, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Tübingen – und Vater eines Sohnes.