
Es ist Anfang Dezember, 18 Uhr: Bei Butterbrot und Gurkenscheiben wird fleißig über den Tag berichtet. In der Regel quasseln unsere drei Jungs gern gleichzeitig und in maximaler Lautstärke. In der Weihnachtszeit liegt noch mal extra viel Aufregung in der Luft. Und dann auf einmal die alles aufrüttelnde Frage: "Mama, bei mir in der Klasse haben alle einen Wichtel. Emma, Matteo, Leon ... alle! Warum wohnt bei uns denn keiner?" Stille.
Gute Frage! Warum nicht, das weiß ich eigentlich ganz genau. Und trotzdem habe ich in dem Moment erstmal herumgestammelt. So von wegen: "Ihr habt doch so einen schönen Adventskalender. Ja, sogar zwei. Guck mal die tollen Autos, die da drin waren – und die Schoki..." Ablenkung - wir Eltern lieben diese Taktik doch. Als mein Sechsjähriger dann entgegnete: "Die Mama von Ben hat letztes Jahr schon zu mir gesagt: 'Wenn du ganz brav bist, dann zieht bei euch im nächsten Jahr vielleicht auch einer ein?'" Okay okay, Leute, das geht zu weit. Gut, dass mein Mann dann übernahm: "Mit Bravsein hat das überhaupt nichts zu tun. Ihr seid doch super Jungs! In manche Häuser zieht der Wichtel eben ein, in andere nicht. Und das ist auch überhaupt nicht wild. Denn wir haben ja so viele andere coole Weihnachtstraditionen ... "
Daraufhin mein Großer: "Ja genau, Papa, weil eigentlich machen das doch eh die Eltern, oder?"
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Wer Wichteltüren basteln möchte, unbedingt! Aber: Ich. Habe. Keine. Zeit!
Wirklich und ernsthaft, das hier soll sowieso kein Wichteltür-Bashing werden. Im Gegenteil: Wenn Mamas (ich behaupte jetzt einfach mal, dass es zu 95 Prozent Frauen sind, die den Wichtel spielen) große Lust auf abendliche Bastelsessions im Miniformat haben: Go for it! Ich bewundere so viel Fleiß und Kreativität und Durchhaltevermögen sogar. Und es sieht ja auch putzig aus. Ja, ich glaube, dass es manchen dieser Mütter bestimmt großen Spaß bereitet. Na gut, ein paar machen es auch für den Instagram-Fame, oder nicht?
Selbstfürsorge statt Selbstgebasteltes
Ich vermute aber auch, dass einige über das endlose Scrolling durch Miniaturwichtelwelten auf Social Media da wirklich reinrasseln – und sich am Ende denken: Miste Kiste, was habe ich mir da bloß eingebrockt? Was soll der Wichtel denn nun noch wieder anstellen? Und das alles zwischen Geschenke-Shopping, Adventsfeier in der Kita, Baumkauf, Erkältungswahnsinn ... Stopp! Ich habe wirklich keine Fantasie, wie ich das schaffen sollte. Denn ich gebe das hier jetzt einfach zu: Wenn ich abends durch bin, mit Teilzeit-Job, Kinderspaß und Spülmaschine, dann freue ich mich auch auf meine Zeit. Dann gehe ich gern zum Pilates. Oder gucke einfach nur 'ne Runde Netflix auf der Couch. Egoistisch? Auf gar keinen Fall. Besonders in der stressigen Vorweihnachtszeit ist Selbstfürsorge doch wohl wichtiger denn je. Und bei mir sieht die eben so aus.
Und genau deshalb belasse ich persönlich es auch bei unseren Traditionen, die hier genau so für leuchtende Kinderaugen sorgen: Adventskalender, Nikolausstiefel, Kekse backen, Baum schmücken, Sterne basteln, Weihnachtslieder trällern ... und Heiligabend kommt ja erst noch. Ich bin busy.
Und für alle, die noch eine clevere Antwort auf die Wichtel-Frage suchen: Bei einer ehemaligen Kollegin las ich kürzlich auf Instagram, dass sie ihrer Tochter einfach verklickert hatte, der Wichtel komme doch jeden Morgen! Na, durch den Schornstein! Um den Adventskalender aufzufüllen! Hat die Kleine ihr abgekauft. ;-)