Ist das ein Problem?

Darf der neue Partner mit ins Familienbett?

Wenn die Eltern sich trennen und ein neuer Partner ins Leben tritt, kommt es zu vielen neuen Herausforderungen. Eine davon ist oft die Schlaf-Situation - besonders, wenn alle gemeinsam im Familienbett schlafen. Denn was ist, wenn der neue Partner dort plötzlich mitschlafen möchte?

Eine glückliche Mutter liegt mit ihrem eher traurigen Kleinkind und neuen Partner im Bett.© Pexels/Pavel Danilyuk
Das Familienbett ist für viele - besonders für Kinder - eine "heilige" Zone.

Es ist für alle keine leichte Situation, wenn sich die Eltern trennen und Kinder involviert sind. Beinahe täglich kommt es zu neuen und für alle ungewohnte Situationen, mit der erstmal auch alle lernen müssen umzugehen. Und dann, häufig wenn etwas Zeit verstrichen ist, tritt meist ganz unerwartet und wie von selbst ein neuer liebevoller Mensch in das Leben. Es kommt zu einer Patchwork-Familie, bei der wieder ganz neue und andere Herausforderungen auftreten können. Das kann auf einmal ganz schön viel sein ...

Wie können Eltern das Kind an den neuen Partner gewöhnen?

Bevor der neue Partner mit ins Familienbett kommen darf, ist es wichtig, dass euer Kind und der neue Partner eine Beziehung zueinander aufgebaut haben. Zunächst wirkt euer Kind vermutlich einer fremden Person gegenüber erst einmal zurückhaltend. Das ist völlig normal. Bei den Eltern kommt diese Haltung jedoch schnell so herüber, als würde das Kind den neuen Partner nicht akzeptieren. Das Wichtigste in der jetzigen Situation ist, dass ihr geduldig seid - mit euch, eurem Kind und eurem neuen Partner - und auf keinen Fall Druck ausübt, denn die wichtigste Regel lautet jetzt: Zeit! Und damit auch euer Kind sich am Ende an den neuen Partner gewöhnt, verraten wir euch ein paar hilfreiche Tipps, wie euch das gelingen kann.

  • Eure alte Beziehung ist gescheitert? Stellt klare Regeln bzgl. der Kindeserziehung mit eurem Ex-Partner auf. So ergeben sich häufig weniger Probleme für die neue Beziehung. Außerdem bekommt euer Kind mehr von der ganzen Trennung mit, als dem einen oder anderen oft "bewusst" ist. Wenn das Kind zu euch beiden eine sichere und gute Beziehung hat, dann muss es auch keine Angst haben, den einen Elternteil durch einen neuen Partner der Eltern zu verlieren.
  • Es gibt kaum ein schöneres Gefühl, als verliebt zu sein. Doch überstürzt die neue Beziehung nicht und gebt euch und eurem neuen Partner ausreichend Zeit zum Kennenlernen. Erst, wenn beide sich richtig sicher sind und eine Beziehung miteinander eingehen möchten, könnt ihr langsam anfangen, eurem Kind von dem neuen Partner zu berichten.
  • Das erste Aufeinandertreffen von eurem Kind und eurem neuen Partner sollte gut überlegt und möglichst locker und ungezwungen sein. Am besten ihr unternehmt etwas zusammen, das euch allen Spaß bereitet und passend zum Alter eures Kindes ist, z. B. ein Besuch auf dem Bauernhof, im Indoorspielplatz oder im Zoo. Die Dauer des Treffens bestimmt dabei euer Kind, damit es am Ende auch wirklich ungezwungen ist, falls euer Kind ihn oder sie nicht sofort mag.
  • Stellt den neuen Partner vielleicht nicht direkt als solcher vor. Ihr könnt auch erstmal sagen, dass es sich dabei um einen Freund oder eine Freundin handelt. So verunsichert ihr euer Kind nicht gleich und fangt entspannt mit dem Kennenlernen der beiden an.
  • Bindet den neuen Partner nach dem ersten Kennenlernen häufiger bei gemeinsamen Aktivitäten außerhalb euer eigenen vier Wände mit ein. Danach könnt ihr ihn oder sie auch bei alltäglichen Dingen zu Hause einladen. Auf diese Weise wird der neue Partner zunächst als Gast und nicht als Eindringling wahrgenommen und die beiden gewöhnen sich langsam aneinander.
  • Wundert euch nicht, wenn euer Kind in der Kennenlernzeit (und auch in der Zeit danach) mal eifersüchtig auf den neuen Partner sein sollte, auch das ist völlig normal, schließlich dreht sich jetzt nicht mehr nur noch alles um das Kind. Das muss euer Kind aber auch erstmal verstehen, insbesondere dann, wenn ihr beiden vorher schon eine Zeit lang allein gelebt habt. In diesem Fall ist es wichtig, dass ihr immer offen und ehrlich mit eurem Kind sprecht und ihm zeigt, dass ihr es genauso lieb habt wie vorher. Auch eure vorher gelebten Rituale sollten nicht vernachlässigt werden.
  • Wenn euer Kind sieht, dass euch der neue Partner unheimlich guttut, dann kann es sein, dass euer Kind auch schneller Vertrauen zu ihm oder sie aufbaut. Kann, muss aber nicht.
  • Der neue Partner soll auf keinen Fall den anderen leiblichen Elternteil ersetzen, deshalb ist es super wichtig, dass sie eine eigenständige Beziehung zueinander aufbauen. Vielleicht bemerkt ihr mit der Zeit, dass sie gemeinsame Interessen teilen und sie so ihren Spaß zusammen haben.
  • Der neue Partner sollte vor dem Kind kein schlechtes Wort über den anderen leiblichen Elternteil verlieren, egal, wie sie zueinander stehen. Im Beisein vom Kind sollte grundsätzlich immer respektvoll miteinander umgegangen und gesprochen werden.
  • Ob sich euer Kind letztlich an euren neuen Partner gewöhnt hat, erkennt ihr schnell an kleinen Dingen im Alltag, z. B., wenn es von Freunden, von der Kita oder von der Schule berichtet oder aber euer Kind schenkt ihm eine Zuwendung in Form von einem selbst gemalten Bild.
  • Inzwischen ist ausreichend Zeit vergangen, euer Kind und der neue Partner haben sich aneinander gewöhnt und eine gemeinsame Zukunft steht euch kurz bevor. Wie schön! Sprecht dazu unbedingt ausgiebig, ehrlich und offen mit eurem Kind, denn Kinder sehen diesen Schritt zunächst oft eher kritisch, weil sie Angst haben und z. B. bemerken, dass die Trennung der Eltern wirklich endgültig und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Auch, wenn sie den neuen Partner mögen und sich vielleicht auch ein klitzekleines bisschen freuen.
  • Und wann darf der neue Partner nun mit ins Familienbett kommen? Das verraten wir euch nachfolgend.

Familienbett: Ein Platz für die ganze Familie - oder nicht?

Während früher das Kind relativ schnell an das eigene Kinderbett gewöhnt wurde, schlafen heutzutage die meisten Familien in einem sogenannten Familienbett. Einem extrabreiten Bett, in der Platz für die ganze Familie ist. Hauptsache die körperliche Nähe zum Kind und die Bindung zu Mama und Papa sind gegeben. Viele Familien schwören darauf. Verständlich, schließlich bringen Familienbetten verdammt viele Vorteile mit sich:

  • Beruhigung: Es ist bewiesen, dass Kinder weniger nachts schreien, wenn sie mit ihren Eltern in einem Bett schlafen. Außerdem ist es für euch praktischer, wenn ihr eurem Kind die Brust nachts geben müsst und wenn euer Kind nachts doch mal etwas hat.
  • Bindung: Ein Familienbett stärkt die Bindung zwischen euch und eurem Kind und sorgt für mehr Nähe und Kuscheleinheiten.
  • Selbstvertrauen: Das gemeinsame Schlafen im Familienbett kann sich positiv auf die Entwicklung sowie das Selbstvertrauen deines Kindes auswirken.
  • Sicherheit: Wenn Babys den Atem einer anderen Person wie etwa den der Mutter oder des Vaters hören, stimuliert das den eigenen Atemrhythmus, sodass im Unterbewusstsein ein Gefühl von Sicherheit geschaffen wird und ein plötzlicher Kindstod verhindert werden kann.

Doch, wo es auch Vorteile gibt, sind Nachteile nicht weit entfernt:

  • Unruhe: Denn häufig herrscht eher Unruhe im Bett. Der Grund: Eine Person mehr im Bett bedeutet oft auch mehr Bewegungen, Geräusche und Körperteile, die durchaus auch mal im Gesicht des Elternteils landen und euren eigenen Schlaf beeinflussen können.
  • "Selbstständigkeit": Wenn ihr euer Kind täglich in den Schlaf begleitet, kann es ihm schwerfallen, sich auf sich selbst zu verlassen. Lasst euer Kind (je nach Alter natürlich) deshalb auch mal allein im Familienbett einschlafen und ermutigt es zwischendurch immer mal wieder, auch mal im eigenen Bett zu schlafen. Schläft euer Kind hingegen irgendwann selbst im eigenen Bett ein, fördert dass das Selbstvertrauen eures Kindes. Irgendwann möchte euer Kind von selbst im eigenen Bett schlafen.
  • Gewohnheit: Wenn euer Kind es nicht anders kennt, als bei euch im Familienbett zu schlafen, wird es schwieriger für die Großeltern und Co. sein, wenn sie das Kind mal ins Bett bringen. Auch die Umgewöhnung ans eigene Bett kann dem Kind durchaus zu schaffen machen.
  • Partnerschaft: Lasst euer Liebesleben trotz Familienbett nicht zu kurz kommen und vergesst generell euren Partner nicht, denn durch das gemeinsame Schlafen mit Kind kann die Beziehung schnell mal in Mitleidenschaft gezogen werden. Und eine intakte Beziehung zwischen Mama und Papa wirkt sich wiederum positiv auf das Kind aus.

Ab welchem Zeitpunkt darf der neue Partner mit im Familienbett schlafen?

Wenn sich euer Kind an den neuen Partner gewöhnt hat und sie eine gewisse Verbindung zueinander aufgebaut haben, könnte der Moment gekommen sein, wo der neue Partner das erste Mal mit im Familienbett schlafen darf. Einen vorgeschriebenen Zeitpunkt dafür gibt es nicht, da jeder Mensch anders ist und anders mit neuen Gegebenheiten umgeht und zurechtkommt. Dieser große Schritt sollte vorab aber gut überlegt sein, denn das Familienbett ist für viele Kinder eine "heilige" Zone - und in der sind "Eindringlinge" nicht unbedingt gern gesehen.

Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf hat für Betroffene gute Tipps: "Vorsichtig sein. Und auf das Kind achten. Ein 'neuer Partner' hat mal zu dem Sohn seiner neuen Freundin gesagt: 'Du bist der Erdenbürger und ich bin der Außerirdische', damit hat er deutlich gemacht, dass er sich darüber sehr bewusst ist, dass er in die Familie neu kommt und dass er respektiert, dass der Sohn zuerst da war. Er hat ihm vermittelt, dass er, der Außerirdische, auf die Gefühle und Stellung des Erdenbürgers Rücksicht nimmt. Es hat sich eine sehr schöne Beziehung zwischen den Beiden entwickelt."
Und eines darf man dabei als Elternteil nicht vergessen: "Kinder wünschen sich in der Regel, dass es so ist, wie im Märchen, dass die Eltern miteinander glücklich leben bis an das Ende ihrer Tage. Jetzt ist das aber nicht mehr so. Das ist schon schwer zu verkraften. Dann kommt da noch eine neue Person in ihr Leben und soll sogar den Platz im Bett einnehmen, den der Vater oder die Mutter hatte. Also: große Zurückhaltung ist angesagt", so die Expertin.

Und was ist, wenn sich das Kind vehement dagegen wehrt?

Natürlich hat so ziemlich jedes Elternteil seine Wunschvorstellung, aber genau die haben Kinder eben auch - und die kann ganz anders aussehen als die eigene. Wenn das Kind nicht möchte, dass der neue Partner des leiblichen Elternteils mit im Familienbett schläft, dann gibt es nur eine richtige Lösung und die lautet: "Es zu lassen und Geduld zu haben. Auch für das Kind ist das Familienbett ein Rückzugsort. Hier kann es sich wohl fühlen und muss sich um nichts sorgen. Da kommt da plötzlich eine fremde Frau oder ein fremder Mann dazu. Nein. Das Familienbett muss der Rückzugsort bleiben und der neue Partner hat nur Zutritt mit Einverständnis des Kindes." Denn nur, wenn alle Parteien damit einverstanden sind, ist ein guter Weg für die Patchwork-Familie geebnet.

Elisabeth Raffauf - Zur Person

Elisabeth Raffauf ist Diplom-Psychologin und Autorin.© Tina Niedecken

Elisabeth Raffauf ist Diplom-Psychologin und Autorin. Sie hat Erziehungsratgeber und Aufklärungsbücher geschrieben (u.a. "Erzieht uns einfach!", "Die tun nicht nichts, die liegen da und wachsen: Was in der Pubertät hilft" und "Wann ist endlich Frieden?").