Eigenständigkeit fördern

Werden Kinder unselbstständiger, wenn sie im Familienbett schlafen? Pädagogin klärt auf.

Einfach mal machen lassen. Damit Kinder selbstständig werden, brauchen sie Freiheiten. Welche Aufgaben schon die Kleinsten übernehmen können und ob das Familienbett der Eigenständigkeit schadet, erklärt Diplompädagogin Barbara Weber-Eisenmann.

Eltern und Kind liegen im Familienbett und lachen.© iStock/miniseries
Macht ein Familienbett Kinder unselbstständiger? Eine Expertin verrät, worauf Eltern achten sollten.

Allein spielen, allein anziehen, allein schlafen – spätestens wenn das Kleinkindalter zu Ende geht, fragen sich viele Eltern: Sollte mein Kind das nicht schon können?

Kinder haben einen angeborenen Drang, Dinge allein zu schaffen. Nicht umsonst gehören "Selber machen" oder "Allein" oft zu den ersten Wörtern, die Kinder ausrufen, sobald sie sprechen lernen. Doch viele Eltern stehen dem Entdeckergeist ihrer Kinder im Weg. Der Grund: Überbehütung und das Bedürfnis, dem Kind alles abnehmen zu wollen, erklärt Diplompädagogin Barbara Weber-Eisenmann. "Kinder müssen und sollen ihre eigenen Erfahrungen sammeln dürfen und dabei auch Fehler machen dürfen", so die Mutter einer Tochter und Autorin ("Ich kann das schon!: Wie du dein Kind liebevoll unterstützt, kleine Aufgaben zu meistern und eigenständig zu werden."). "Das bedeutet natürlich auch loslassen müssen und das fällt oft schwer. Vertrauen ins Kind und aushalten können, wenn etwas daneben geht oder enttäuschend fürs Kind ist, ist dabei ganz wichtig."

Schadet das Familienbett der Selbstständigkeit?

Autoritäre Erziehung ist heutzutage nicht mehr angesagt. Stattdessen setzen viele Eltern auf Bedürfnisorientierung – und dazu gehört in vielen Fällen auch das Familienbett. Statt im eigenen Bett im Kinderzimmer schlafen viele Kinder bei ihren Eltern – oft weit bis übers Babyalter hinaus. Von der älteren Generation müssen sich Eltern dafür oftmals den Vorwurf gefallen lassen, ihr Kind zu sehr zu verwöhnen und zur Unselbstständigkeit zu erziehen. Doch ist an dieser Sorge wirklich etwas dran. "Nein", sagt Barbara Weber-Eisenmann. "Ob ein Kind im eigenen Bett oder im Familienbett schläft, hat nichts mit Eigenständigkeit zu tun, sondern einfach mit dem Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit beim Schlafen. Das eigenständige Schlafen kommt irgendwann dazu, hat aber nichts mit der grundsätzlichen Eigenschaft eigenständig sein zu tun. Im Alltag können beide Kinder genauso selbstständig oder unselbstständig sein."

Dabei legen alle Kinder ein unterschiedliches Tempo an den Tag. "Natürlich spielt auch die Persönlichkeit des Kindes eine Rolle. Eltern können aber die Selbstständigkeit in vielen Bereichen fördern und unterstützen, indem sie ihrem Kind so viel wie möglich zutrauen und selbst machen lassen. Manche Kinder brauchen da mehr liebevolle Stupser als andere Kinder."

Selbstständigkeit altersgemäß fördern

Ein guter Anfang ist es, Kinder in alltägliche Aufgaben mit einzubeziehen. "Bereits kleine Kinder können schon beim Tischdecken helfen, die Waschmaschine mit den Eltern zusammen füllen oder zusammen kochen, indem das Kind etwas in den Topf schüttet oder eine Banane zermatscht", weiß Barbara Weber-Eisenmann. Die Aufgaben steigern sich mit dem Alter des Kindes: Ist ein Kind sicher in einer Aufgabe, kann der Schwierigkeitsgrad erhöht werden. "Je mehr Eltern ihren Kindern zutrauen und sie ermutigen, desto mehr trauen sich auch die Kinder zu."

Wenn es darum geht, allein zu spielen oder sich morgens selbstständig anzuziehen, zeigen viele Kinder so gar kein Interesse. "Kinder müssen erst lernen, sich mit sich selbst zu beschäftigen, manche Kinder können das besser, manchen gelingt es schwieriger. Wichtig ist auch, sich als Elternteil klar abzugrenzen: 'Ich kann jetzt nicht mit dir spielen, da ich noch dies oder das zu Ende bringen möchte. Wenn ich fertig bin, spiele ich wieder mit dir'", erklärt die Diplompädagogin. Hilfreich ist es, wenn Eltern Anreize für das Kind schaffen, allein zu spielen, indem sie Spielsachen oder Angebote fürs Kind gut erreichbar platzieren.

Spielerisch zu mehr Eigenständigkeit

Wenn Kinder in bestimmten Bereichen Eigenständigkeit komplett verweigern und sich beispielsweise nicht allein anziehen möchten, gilt es herausfinden, was dahintersteckt. "Manchmal steckt das Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit dahinter und es ist einfach schön, den Körperkontakt mit Mama oder Papa zu genießen in diesem Moment. Oder es ist noch zu kalt in der Früh oder das Kind zu müde. Dann ist es völlig legitim, dem Kind zu helfen, auch wenn es das eigentlich auch schon selber kann", so die Expertin. Darüber hinaus ist es sinnvoll, Anreize zu schaffen und das Kind viel selbst entscheiden lassen: Möchtest du lieber das rote oder das blaue Shirt anziehen? "Oft hilft es, dem Kind eine Auswahl zu geben. Zwei Wahlmöglichkeiten reichen da bereits, um das Kind nicht zu überfordern." Ein spielerischer Angang motiviert Kinder zu Eigenständigkeit. "Ist das Kind noch zu müde, hilft manchmal eine Kleiderstraße, in der die Kleidungsstücke bereits in der richtigen Reihenfolge auf dem Boden liegen und das Kind nur reinschlüpfen muss. Wenn das Ganze spielerisch passiert und die Nähe der Eltern trotzdem noch da ist, klappt das Anziehen immer besser."