Verlust verarbeiten

Fehlgeburt: Wenn Paare unterschiedlich trauern - so lässt sich die Beziehung retten

Eine Fehlgeburt hat Auswirkungen auf jede Beziehung – besonders wenn die Partner unterschiedlich trauern. Wie Paare wieder zusammenfinden können.

Paar trauert nach Fehlgeburt© iStock/Mary Long
Die Trauer nach einer Fehlgeburt wird für Paare zur Belastungsprobe.

Wenn ein Paar ein Kind verliert, bedeutet das einen tiefen Einschnitt im Leben. Die Trauer kann eine Beziehung entweder stärken, oder sie zerbricht daran. Entscheidend ist, auf welche Art die Partner trauern und wie sie mit der Fehlgeburt umgehen.

Besonders durch inkongruente Trauer – also wenn die Art zu trauern nicht deckungsgleich ist – entstehen oftmals tiefe Gräben zwischen den Partnern. 

Studien beweisen, was viele längst geahnt haben: Männer und Frauen gehen mit dem Verlust meist sehr unterschiedlich um. Frauen trauern in der Regel intensiver, drücken ihre Gefühle offener aus und möchten darüber sprechen. Männer hingegen verschließen ihre Emotionen typischerweise in sich, lenken sich ab und übernehmen die Rolle des Unterstützers. Sie sehen sich also als den Part, der stark bleiben und sich zusammenreißen muss. 

Da sich viele Männer immer noch als Beschützer der Familie verstehen, fällt es ihnen oft schwer, mit ihrer Trauer nach einer Fehlgeburt umzugehen. "Diese Geschlechterstereotype können auch gleichgeschlechtliche Paare betreffen, je nachdem, wie sehr sich ein Partner mit der männlichen oder weiblichen Rolle identifiziert", erklärt die Psychologin Dr. Venetia Leonidaki gegenüber "Psychology Today".

Wie intensiv die Trauer über die Fehlgeburt empfunden wird, hängt auch davon ab, wie stark die Partner jeweils eine Bindung zum ungeborenen Kind aufgebaut haben. "Oft, aber nicht immer, entwickeln die Partner diese starke Bindung schon früher in der Schwangerschaft", so die Expertin. Manchmal aber eben nicht gleich stark.

Wie die Trauer nach der Fehlgeburt Paare entzweien kann

Push-Pull-Dynamnik: Verläuft die Trauer unterschiedlich, besteht das Risiko, dass die stärker trauernde Person den Partner als unsensibel und distanziert wahrnimmt. Das führt oftmals dazu, dass sie ihn von sich wegstößt. Letztlich fühlen sich dann oft beide missverstanden und ziehen sich nur noch weiter zurück. Dadurch berauben sich die Partner selbst der Unterstützung, die sie so dringend bräuchten.

Emotionale Verletzungen: Je mehr ein Paar durch die unterschiedlichen Arten zu trauern entzweit wird, desto ausgeprägter empfinden die beiden den Verlust und fühlen sich vom anderen im Stich gelassen. Diese Verletzung kann sogar starke Beziehungen zerstören.

Auswirkungen auf die Sexualität: Fehlgeburten können auch eine Auswirkung auf die Intimität haben. Oftmals kehren im Schlafzimmer die Erinnerungen an den Verlust zurück, und auch die Angst vor einer weiteren Schwangerschaft kann eine Rolle spielen. Verliert einer der Partner das Interesse an Sex, kann das zu Spannungen in der Beziehung führen.

So lässt sich die Trauer gemeinsam bewältigen

Gemeinsam an das Baby denken: Auch wenn beide Partner unterschiedlich trauern, kann ein gemeinsames Trauerritual oder eine Gedenkzeremonie verbindend wirken. 

Reden und zuhören: Das Gefühl der Entfremdung kann in einer Beziehung letztlich zu einer Trennung führen. So einfach es klingt: Reden ist das beste Mittel, um zu vermeiden, dass sich beide in ihr Schneckenhaus zurückziehen. Wichtig ist, die eigenen Gefühle mitzuteilen und genauso zuzuhören, was der andere zu sagen hat. Vorwürfe und Schuldzuweisungen haben dabei nichts zu suchen. Das Gespräch kann hitzig werden, und manchmal auch unangenehm. Es darf Pausen haben und später wieder aufgenommen werden. Entscheidend ist, ins Gespräch zu kommen und in Verbindung zu bleiben. Ist die Situation bereits so verfahren, dass Gespräche kaum noch möglich sind, kann eine Paartherapie helfen. 

Unterstützung holen: Die meisten Paare erwarten, dass der Partner am besten versteht, wie es dem anderen nach einer Fehlgeburt geht. Das ist jedoch nicht immer zwangsläufig der Fall. Gehen Paare sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer um, hilft Unterstützung oder Ablenkung von Freunden oder Angehörigen. Auch eine Online-Community kann ein guter Ort für Austausch sein. Genauso erlaubt ist es, seine Trauer durch Arbeit, Spiele oder Heimwerkerprojekte zu bewältigen. Wichtig ist nur, dem Partner das Bedürfnis nach Rückzug mitzuteilen, damit sich der andere nicht ignoriert und vergessen fühlt.