Dieser Artikel enthält unter anderem Produkt-Empfehlungen. Bei der Auswahl der Produkte sind wir frei von der Einflussnahme Dritter. Für eine Vermittlung über unsere Affiliate-Links erhalten wir bei getätigtem Kauf oder Vermittlung eine Provision vom betreffenden Dienstleister/Online-Shop, mit deren Hilfe wir weiterhin unabhängigen Journalismus anbieten können.

Es ist oft mehr ein Gefühl als eine bewusste Entscheidung: Wir wollen es anders machen. Erziehen ohne Strafen, ohne Schreien, ohne gewaltsame Worte. Und es aushalten, wenn der eigene Weg als Weichspülerziehung verunglimpft wird.
Bedürfnisorientierung, gewaltfreie Kommunikation, Augenhöhe – das sind die Schlagworte, an denen sich die meisten Eltern inzwischen orientieren.
Bestseller-Autorin Danielle Graf ("Das gewünschteste Wunschkind treibt mich in den Wahnsinn") beschreibt es so: "Das Ziel der heutigen Erziehung sind nicht mehr angepasste und funktionierende Kinder, stattdessen wünschen wir uns für unsere Kinder eine sichere Bindung, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und ein stabiles Selbstwertgefühl."
Die Anforderungen an Eltern steigen
Ein ambitioniertes Vorhaben. Der Realitätscheck zeigt: Im Alltag verlangt diese neue Auffassung von Erziehung Eltern oftmals einiges ab. "Sie bemühen sich zunehmend um eine partnerschaftliche Erziehung, die die Verarbeitung ihrer eigenen Kindheit einbezieht. Sie reflektieren alte Verhaltensmuster und versuchen, diese bewusst zu verändern, um eine respektvollere und gleichwertige Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen, ohne zu beschämen oder zu strafen", erklärt Kathrin Hohmann, Kindheitspädagogin und Autorin ("Ich sehe, was du brauchst: Wie wir Kinder heute in die Welt begleiten").
So lobenswert diese neue Herangehensweise ist, so fordernd ist sie auch. Elternschaft ist komplexer und anspruchsvoller geworden, weiß die Expertin. "Die schnelle Veränderung der Welt und die hohe Flexibilität, die heute gefordert wird, haben die Anforderungen an Eltern stark erhöht. Viele Eltern erleben Erschöpfung, da sie sich mit den gestiegenen Erwartungen an Mobilität, Flexibilität und Verfügbarkeit auseinandersetzen müssen."
Erziehung als Streitthema zwischen den Generationen
Oftmals zerrissen zwischen Job, Erziehung, Haushalt und Freizeit stehen Eltern unter Zeit-, Organisations- und Leistungsdruck. Stress ist da vorprogrammiert. Hinzu kommen die kritischen Stimmen der eigenen Eltern oder Großeltern, die den neuen Weg ihrer Kinder häufig nicht nachvollziehen können. "Trotz der vermeintlichen Freiheit, Kinder nach eigenem Ermessen zu erziehen, bleibt es schwierig, neue Erziehungswege zu gehen, besonders unter der Beobachtung von der älteren Generation", erklärt die Pädagogin.
Dennoch lohnt sich die Mühe, die Konventionen hinter sich zu lassen und den eigenen Weg zu finden. Denn früher war eben nicht alles besser. "Viele der früheren Wertvorstellungen waren nicht besonders konstruktiv." Wer jedoch neue Wege beschreitet und sich dabei nicht oder nur in Teilen an den Erziehungsmethoden vorheriger Generationen orientieren möchte, braucht Kraft und Durchhaltevermögen.
Eltern tragen heute mehr Eigenverantwortung und müssen Entscheidungen selbst treffen. Dies führt zwar zu zusätzlichem Druck, bietet aber auch die Chance, individuellere und authentischere Erziehungswege zu gehen.
Eltern und Kinder stehen vor neuen Herausforderungen
Eltern sind heutzutage in der Lage, flexibler und kreativer auf die Bedürfnisse ihrer Kinder einzugehen – eben freier zu entscheiden, was für ihre Familie gut und richtig ist. "Diese Freiheit ermöglicht es, Erziehungsstile zu entwickeln, die besser zu den eigenen Werten und den einzigartigen Bedürfnissen der Kinder passen."
Hinzu kommt, dass in einer sich rasant verändernden Welt neue Herausforderungen auf die heranwachsende Generation warten. Digitale Medien, Klimawandel, Kriege – die neuen Anforderungen an Eltern sind immens, da sie in Zeiten des Umbruchs selbst um Sicherheit und Orientierung ringen. "Die derzeitige Begleitung von Kindern stellt uns vor die Aufgabe, sie auf eine schnelle, raue und mit Krisen konfrontierte Welt vorzubereiten", so Kathrin Hohmann. Dabei ist entscheidend, dass Eltern mit gutem Beispiel vorangehen, ihren Kindern Leuchttürme sind. Die Grundprinzipien dabei: Gewaltfreiheit, Flexibilität und Gleichwürdigkeit.
"Auch der Stress und der Leistungsdruck nehmen zu, was ihre psychische Gesundheit beeinflussen kann", weiß die Expertin. "Diese Herausforderungen erfordern von Kindern neue Fähigkeiten, Resilienz und die Unterstützung von Erwachsenen, um sie erfolgreich zu bewältigen."
Grenzen kommunizieren ist entscheidend
Bei all den Anforderungen und dem oft hohen Perfektionsanspruch, den Eltern an sich selbst stellen, sollten jedoch auch die eigenen Grenzen und Bedürfnisse nicht außer Acht gelassen werden. Eine Falle, in die viele Eltern tappen – auch Kathrin Hohmann selbst: "Inzwischen habe ich erkannt, dass es entscheidend ist, meine eigenen seelischen und körperlichen Grenzen zu kennen und zu kommunizieren. Dadurch werde ich nicht nur besser verstanden, sondern zeige den Kindern auch, wie wichtig es ist, für sich selbst einzustehen."
Erziehung ist zweifellos vielschichtiger geworden – doch die Anstrengungen, die es bedeutet, alte Muster aufzubrechen, machen sich am Ende bezahlt, davon ist Kathrin Hohmann überzeugt. "Zu jedem Weg gehören Kurven, Schrägen, Hindernisse und Stolpersteine. Die gehören auch in jede Elternschaft. Es ist nicht entscheidend wie groß die Schritte sind, die wir gehen, sondern viel entscheidender ist, in welche Richtung diese laufen."
Unsere Expertin: Kathrin Hohmann
Kathrin Hohmann hat Erziehung und Bildung im Kindesalter und Soziale Arbeit studiert. Sie arbeitet als Kindheitspädagogin und betreibt ihren eigenen Blog unter www.kindheiterleben.de