Kontroverses Thema

Fasching ohne Spielzeugwaffen? Psychologin plädiert FÜR entspannten Umgang

Spielzeugwaffen für Kinder – unter Eltern ein umstrittenes Thema. Viele lehnen sie ab, andere sehen in ihnen eine Möglichkeit zur Förderung sozialer Kompetenzen und Fantasie. Eine Expertin sagt sogar, dass sie die Bindung stärken können.

Ein Junge als Cowboy mit Spielzeugpistole© iStock/Imgorthand
Zum Cowboy gehört der Colt, oder!? 

Ein Cowboy ohne Colt!? Ein Polizist ohne Pistole?! Und ein Jäger ohne Gewehr!? Vor allem an Fasching kommt die Debatte um Spielzeugwaffen wieder hervor. In den meisten Schulen und Kitas ist das Mitbringen verboten. Einige Institutionen sehen den Umgang aber auch auch lockerer. 

Spielzeugwaffen für Kinder sind seit jeher ein äußerst umstrittenes Thema. Manche Eltern und Erziehungsberechtigte lehnen sie zu 100 Prozent ab, da sie der Meinung sind, dass sie Gewalt verherrlichen und zu aggressivem Verhalten führen können. Andere sehen darin ein harmloses Spielzeug, mit dem sich Kinder ausprobieren. Tatsächlich gibt sogar einige Argumente, die für einen entspannten Umgang sprechrn. Spielzeugwaffen sollen laut einer Psychologin nämlich die Bindung zwischen Kindern und ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen stärken können …

Deshalb stärken Spielzeugwaffen die Bindung

"Wir Erwachsenen verbinden Waffen mit Krieg, Elend und Mord. Verständlich, dass Eltern oft besorgt sind, wenn Kinder mit Spielzeugwaffen spielen möchten. Dabei sind sie in Wirklichkeit sogar wertvoll für die Entwicklung", sagt Doris Schelberger (www.doris-schelberger.at), Psychologin für ein entspanntes Elternsein mit Schwerpunkt in der Beratung von Mamas und Papas, die gelassen und ruhig bei ihren Kindern reagieren wollen. "Für Kinder – vor allem für jüngere – ist das Spielen mit Waffen ein sogenanntes Machtumkehrspiel. Wenn sie im Spiel das Gegenüber töten, dann nicht, weil sie denjenigen/diejenige wirklich umbringen möchten. Sondern vielmehr, weil sie sich damit ein Bedürfnis erfüllen. Das Bedürfnis danach, auch einmal die Führung zu übernehmen und zu bestimmen."

Was solche Machtumkehrspiele bewirken können

Man gibt den Kindern also damit das Gefühl, dass sie einem überlegen sind. Und das kann Stress abbauen. "So kann ich als Elternteil auch für eine emotionale Ausgeglichenheit sorgen, wenn ich solche Spiele zulasse und mitmache", erklärt die Expertin weiter. 

Spielzeugwaffen: Ein Ventil, um Konflikte zu verarbeiten

"Kinder müssen in Wahrheit sehr oft kooperieren, nachgeben und werden von der Umgebung oft korrigiert und sie brauchen einfach ein Ventil, um Konflikte zu verarbeiten und damit umzugehen", so Psychologin Doris Schelberger. "Machtumkehrspiele sind dafür eine gute Möglichkeit und stärken somit auch die Bindung zu den Eltern."

Die andere Art des Machtumkehrspiels: Eltern stellen sich unwissend und schwach

Eine andere Art des Machtumkehrspiels wäre Schelberger zufolge, wenn sich ein Elternteil total unwissend oder schwach gibt. "Das muss nicht unbedingt in Verbindung mit Waffen sein. Ich kann mich zum Beispiel total unwissend stellen, wenn es darum geht, eine Zahnbürste zu benutzen. Und frage mein Kind dann Dinge wie: 'Diese Bürste gehört zum Haare bürsten, oder? Nein, nicht? Wofür dann? Ach, bitte zeig mir doch mal wie das geht.' Und das Kind wird es genießen, mich zu korrigieren und mir zu erklären und zu zeigen, wie das richtig gemacht wird."

Eine weitere Art des Machtumkehrspiels seien beispielsweise Spiele mit Zauberstab und Magie. "Auch hier sind meistens die Kinder die Zauberer, die uns verwandeln möchten. Und auch hier geht es um das Bedürfnis nach Machtumkehr, sagt die Expertin.

Expertin rät: "Eltern, lasst eure Kids mit Waffen spielen"

Mama und Papa müssen nicht um jeden Preis das Spiel mit Waffen verhindern. Ganz im Gegenteil: "Lasst die Spiele mit Waffen zu. Macht mit und stellt euch schwach und unwissend. Lasst euch dramatisch zu Boden fallen, wenn ein Ritter euch mit seinem Schwert besiegt. Stellt euch total unwissend, wenn es darum geht, zum Beispiel die Kleidungsstücke richtig anzuziehen. Lasst euch verzaubern und abschießen!", so Doris Schelberger.

Diese Regeln gilt es allerdings zu beachten

Wie in jedem Spiel gibt es auch hier Regeln. Das bedeutet, auch hier gibt es Grenzen, vor allem wenn es um die psychische und körperliche Gesundheit geht.

  1. Grenzen respektieren: Es darf nur dann jemand im Spiel abgeschossen werden, wenn der/diejenige das auch erlaubt. "So wahre ich auch die Grenzen meines Gegenübers."
  2. Andeutung: Es wird immer nur angedeutet, dass mit einer Waffe geschlagen wird. "Niemand kommt zu Schaden, ganz wichtig!"
  3. Alternativen zum Sterben vereinbaren: "Damit die Kinder auch nicht unbedingt das Töten mit Waffen in Verbindung bringen, wäre es zum Beispiel eine Möglichkeit, dass der/diejenige nach drei Sekunden wieder aufsteht (und eben nicht endgültig tot ist im Spiel). Eine andere Möglichkeit wäre, zu simulieren, dass aus der Kanone zum Beispiel Schlafkugeln herauskommen und wenn man von dieser abgeschossen wird, schläft man ein. Oder man erstarrt zu Stein. Was auch immer – der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt."
  4. Kindgerechte Aufklärung ab acht Jahren: Etwa ab dem achten Lebensjahr sind Kinder dazu in der Lage, das Konzept des Tötens beziehungsweise das Konzept des Sterbens kognitiv zu erfassen. "Hier ist es wichtig, das Kind für dieses Thema zu sensibilisieren und kindgerecht aufzuklären. Das bedeutet, dass ab diesem Alter Kindern auch kindgerecht erklärt werden sollten, wofür Waffen in der realen Welt verwendet werden."

"Wenn man diese wichtigen Punkte im Auge behält und das Spiel dann regelkonform umsetzt, steht einer starken Bindung also nichts mehr im Wege", erklärt die Psychologin.