
Toxische (also giftige) Sätze kommen meist scheinbar harmlos daher und sind in vielen Fällen erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen. Denn die Botschaft, die mitschwingt – die kleinen Gemeinheiten und Abwertungen –, sickert oft langsam ins Bewusstsein ein und entfaltet dort ihr Gift.
Eigene Hilflosigkeit als Grund für toxische Sätze
Meist greifen Eltern auf toxische Sätze zurück, weil sie mit ihrem Latein am Ende sind und sich nicht mehr anders zu helfen wissen. Und klar: Kinder brauchen Regeln. Allerdings lassen sich Grenzen auch ohne Manipulation, Drohungen oder emotionale Erpressung setzen.
Wie das so ist mit Gift: Die Dosis macht's. Wer immer wieder hört, zu empfindlich, undankbar oder untalentierter als die Geschwister zu sein, wird es irgendwann höchstwahrscheinlich glauben.
Dass wohl alle Eltern hin und wieder Sätze von sich geben, auf die sie im Nachhinein nicht unbedingt stolz sind – geschenkt. Es geht auch nicht um Unfehlbarkeit, sondern um die Grundhaltung. Wenn der allgemeine Umgangston mit unseren Kindern geprägt ist von Respekt, Liebe und Einfühlungsvermögen, fällt der ein oder andere verbale Fehlgriff sicherlich weniger ins Gewicht. Deshalb hier noch einmal als Erinnerungsstütze, welche toxischen Sätze lieber vermieden werden sollten.
Toxische Sätze, die Eltern vermeiden sollten
"Niemand wird dich mögen, wenn du dich so verhältst."
Wenn Kinder im Umgang mit Gleichaltrigen immer wieder Wutanfälle bekommen, schreien, schlagen, beißen oder Spielzeuge wegnehmen, ist das für Eltern schwer zu ertragen. Doch es ist wichtig zu wissen: Kinder reagieren so, weil sie überfordert sind und sich nicht anders zu helfen wissen. Statt ihnen Angst vor sozialer Ausgrenzung zu machen, ist es sinnvoller, ihnen andere Wege an die Hand zu geben, um mit den starken Gefühlen umzugehen.
"Wenn du jetzt nicht kommst, gehe ich ohne dich."
Wohl der Klassiker unter den toxischen Sätzen. Wenn sich das Kind beharrlich weigert, sich auch noch einen Zentimeter zu bewegen, obwohl wir dringend losmüssen, platzt vielen Eltern die Hutschnur. Allerdings: Die Drohung, ein Kind allein zurückzulassen, weckt Urängste. Denn für Kinder war es schon immer überlebenswichtig, bei ihrer Familie zu bleiben. Diese Drohung erzeugt also Stress und kann langfristig das Vertrauensverhältnis beeinträchtigen.
"Du bist doch kein Baby mehr!"
Dieser Satz gibt dem Kind das Gefühl, sich nicht altersgerecht zu verhalten, was zu Scham und Schuldgefühlen führen kann.
"Wenn du nicht hörst, werfe ich das Spielzeug weg."
Das Kind durch Einschüchterung dazu zu bringen zu kooperieren, ist sicherlich keine empfehlenswerte Strategie. Eltern missbrauchen so ihre Macht und setzen das Kind unter Druck. Durch Sätze wie diese lernen sie außerdem, Konflikte durch Drohungen und Erpressung zu lösen.
"Wenn Oma/Opa/der Weihnachtsmann das erfährt ..."
Autsch. Wenn Eltern nicht mehr weiterwissen und die Verantwortung auf Dritte abwälzen, ist das einfach nur manipulativ und extrem unfair.
"Dein Bruder/deine Schwester kann das doch auch!"
Werden Kinder mit anderen verglichen, kann das ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Jedes Kind verdient es, so angenommen zu werden, wie es ist – und bedingungslos geliebt zu werden.
"Ich mache alles für dich, und du benimmst dich so!"
Außer einem schlechten Gewissen bringt dieser Satz herzlich wenig. Kinder sind ihren Eltern nicht zu Dankbarkeit verpflichtet, und ihnen Schuldgefühle zu vermitteln, kann die gesunde emotionale Entwicklung und die Bindung zu den Bezugspersonen schwächen.
"Gib Oma ein Küsschen, sonst wird sie ganz traurig."
Emotionale Erpressung in Reinform. Kinder sind nicht für die Gefühle von anderen verantwortlich und dürfen selbst entscheiden, wann und wem sie (körperliche) Zuneigung zeigen.
Und wenn uns doch mal einer dieser Sätze rausrutscht?
Im stressigen Alltag lassen sich verbale Entgleisungen oft nicht komplett vermeiden. Dann geht es jedoch um Schadensbegrenzung. Die folgenden drei Schritte helfen dabei:
Fehler zugeben: Indem wir eingestehen, uns nicht richtig verhalten zu haben, gehen wir mit gutem Beispiel voran und leben unseren Kindern vor, konstruktiv mit Fehlern umzugehen.
Aufrichtig entschuldigen: Jeder freut sich über eine Entschuldigung, wenn er ungerecht behandelt wurde – auch Kinder.
Sich selbst kritisch hinterfragen: In welchen Situationen reißt regelmäßig mein Geduldsfaden? Welche Verhaltensweisen bringen mich so richtig auf die Palme? Nur wer sein eigenes Verhalten reflektiert und seine Trigger erkennt, kann an sich arbeiten.