Große Emotionen

8 Tipps, damit Kinder lernen, ihre Gefühle zu regulieren

Die Welt der Gefühle kann für kleine Kinder überwältigend sein. Umso wichtiger ist es, dass Eltern sie liebevoll begleiten und ihnen Anleitung geben. Mit diesen 8 Tipps klappt's!

Kind kuschelt mit seiner Mutter.© iStock/miniseries
Große Gefühle können anstrengend sein. Kuscheln wirkt oft wahre Wunder.

Selbstregulation ist die Fähigkeit, die eigenen Gefühle hoch- und herunterzuregeln sowie emotionale Ausnahmezustände vorherzusehen und rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen. Selbst für uns Erwachsene kann das herausfordernd sein. Kein Wunder also, dass Kinder einige Unterstützung brauchen, bis sie mit Wut, Trauer, Frust und Ärger umzugehen gelernt haben.

Die ganzen Stürme, die im Inneren toben, können Kinder noch nicht alleine überstehen. Sie brauchen Hilfe ihrer Eltern. Doch die stehen manchmal selbst am Rande der Verzweiflung, wenn es man wieder darum geht, ihr Kind in einem Wutanfall zu beschwichtigen. 

Es gibt acht zentrale Tipps, die Kindern dabei helfen, ihre Gefühle selbst zu regulieren. Dabei gilt: Übung macht den Meister. Erst durch unzählige Wiederholungen stellen sich Erfolge ein. Das kann anstrengend sein, lohnt sich aber.

So lernen Kinder, ihre Gefühle zu regulieren:

1. Vorbild sein

Viele Eltern kommen im Umgang mit ihren Kindern gelegentlich an ihre persönlichen Grenzen. Und es ist auch ganz natürlich, in stressigen Alltagssituationen zu verzweifeln. Von sich selbst Perfektion zu verlangen, baut nur unnnötigen Druck auf. Oftmals ist es hilfreich, dass momentane emotionale Chaos zu akzeptieren – mit liebevollem Blick auf sich selbst. In Stresssituationen ist unser Kampf- oder Fluchtreflex aktiviert. Selbstfürsorge ist in solchen Momenten das beste Mittel, um die Ruhe zu bewahren. Erst wenn es Eltern gelungen ist, sich selbst zu beruhigen, ist es ihnen überhaupt möglich, einen Konflikt konstruktiv zu lösen.

2. Aktives Zuhören

Kinder profitieren davon, wenn sie gehört und ernstgenommen werden – auch wenn uns Erwachsenen so manch ein Gefühlssturm völlig übertrieben erscheinen mag. Dennoch ist es wichtig, auf die Gefühle einzugehen und Verständnis zu zeigen. 

3. Emotionen benennen

Wut, Trauer, Frustration – Gefühle, die wir ohne Nachdenken einordnen können, sind für Kinder oft überwältigend und unbekannt, und ihnen fehlen Strategien, damit umzugehen. Wenn der Bauklotzturm umgefallen ist, kann es sich für ein Kind anfühlen, als würde die Welt untergehen. Sie sind in diesen Momenten auf Bezugspersonen angewiesen, die die Gefühle für sie einordnen und Lösungen anbieten: "Du bist traurig, weil dein Turm umgefallen ist. Komm, wir bauen ihn wieder auf."

4. Sprache fördern

Durch gezieltes Nachfragen können Eltern ihre Kinder ermutigen, eigene Worte für ihre Emotionen zu finden. "Kannst du mir sagen, warum du wütend bist?" Wer selbst die Antwort findet, merkt sich die Lösung meist nachhaltiger, als wenn sie von anderen vorgesagt wird. Dadurch wird die Selbstkompetenz des Kindes gestärkt. 

5. Rituale etablieren

Jedes Kind spricht auf andere Mittel zur Beruhigung an. Manchen hilft ein geliebtes Kuscheltier, andere reagieren gut auf eine Umarmung oder liebevolle Worte. Hilfreich ist, herauszufinden, wodurch sich ein Kind gut beruhigen lässt und diese Strategien immer wieder einzusetzen. Durch solche Rituale bekommen Kinder ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.

6. Grenzen setzen

In der Erziehung geht es auch darum, den Willen eines Kindes zu begrenzen – was häufig zu lautstarken Protesten führt. Eltern kommt dabei die Rolle zu, den Frust des Kindes anzuerkennen und empathisch zu begleiten, ohne seinen Wünschen stattzugeben. In gestresstem Zustand kann es sinnvoller sein, lieber gleich dem Willen des Kindes nachzugeben, statt diesen erst zu begrenzen und dann doch erschöpft zuzustimmen. Ein klares Nein ist mit emotionaler Kraftanstrengung verbunden und bedarf Konsequenz.

7. Erfolge loben

Wenn es Kindern gelungen ist, die eigenen Gefühle selbst zu regulieren, kann ein Lob dafür motivierend wirken. So werden Kinder darin bestärkt, es beim nächsten Mal wieder zu probieren, und sie entwickeln Selbstbewusstsein. 

8. Beruhigende Atemübungen

In kritischen Situationen können spezielle Atemübungen zu Beruhigung führen – das gilt für Kinder und für Eltern. Langes Ausatmen signalisiert dem Gehirn, dass keine Lebensgefahr besteht – auch wenn das Kind sich nicht anziehen will oder sich im Supermarkt schreiend auf den Boden wirft. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Aufmerksamkeit auf die eigenen Füße zu lenken und die Standfestigkeit nachzuspüren. Kinder kann es helfen, wenn Eltern ihnen Anleitung geben: "Lass uns zusammen tief durchatmen."

Gefühle regulieren: Das passiert im Gehirn

Der vordere Vagusnerv ist für die Beruhigung zuständig und nicht bei allen Kindern gleichermaßen stark ausgeprägt. Um ihn zu aktivieren, hilft körperliche Nähe, Rückversicherung und leise, beruhigende Worte. Der frontale und präfontale Cortex im Gehirn unterstützt die Selbstregulation, beginnt jedoch erst ab dem siebten Lebensjahr zu arbeiten. Bis dahin sind Kinder besonders auf Erwachsene angewiesen, die ihnen helfen, mit großen Gefühlen gut umzugehen. 

Die emotionale Reifung ist ein fortlaufender Prozess, der sich über die gesamte Kindheit und Jugend erstreckt. Es ist wichtig zu bedenken, dass sich jedes Kind in seinem eigenen Tempo entwickelt. Einige Kinder zeigen früher Reife in der emotionalen Regulation, während andere mehr Zeit und Unterstützung benötigen. Geduld, Verständnis und konsequente Anleitung durch Bezugspersonen sind entscheidend, um Kindern zu helfen, diese wichtige Fähigkeit zu erlernen.