
"In der jahrelangen Arbeit mit Eltern, Kindern und Schulen hat sich gezeigt, dass es einen einheitlichen Ansatz gibt, der Eltern helfen kann, ihren Kindern Widerstandskraft, Selbstvertrauen, Eigeninitiative und die Fähigkeit zu lieben zu vermitteln", erklärt Elena Lister, Professorin für Psychiatrie am Weill Cornell Medical Center, gegenüber "Psychology Today". "Dieser Ansatz basiert auf bedingungsloser Liebe."
Doch was bedeutet bedingungslose Liebe eigentlich? Und was bedeutet sie nicht?
Liebe in Worten und Taten
"Bedingungslose Liebe bedeutet nicht, dass alles, was das Kind tut, automatisch gutgeheißen wird", so die Expertin. "Kinder können sich, wie jeder Mensch, auch unfreundlich verhalten, schlechte Angewohnheiten entwickeln oder wichtige Regeln brechen."
Um seinem Kind bedingungslose Liebe zu vermitteln, braucht es mehr als nur Worte. "Es geht auch nicht darum, dem Kind ständig zu versichern, dass man es liebt", erklärt Elena Lister. Sie räumt allerdings ein, dass es für Kinder dennoch wichtig sei, diese Worte zu hören. Auch wenn die Eltern das Gefühl haben, dass sie ihre Liebe auf andere Weise zeigen, ist es wichtig, es trotzdem auch deutlich zu auszusprechen. "Es gibt Menschen, deren Eltern es versäumt haben, ihnen ihre Liebe direkt zu zeigen. Diese Menschen sehnen sich oft danach, es zu hören, auch wenn sie wissen, dass ihre Eltern sie lieben", weiß die Therapeutin.
Liebe offen zeigen
Manchen Eltern fällt es schwer, ihre Liebe offen zu zeigen. Ist das der Fall, kann es hilfreich sein, sich damit auseinanderzusetzen, woran das liegen könnte. "Es ist wichtig zu verstehen, dass die Liebe, die man seinen Kindern entgegenbringt, nicht davon abhängt, ob sie bestimmte Dinge tun oder nicht und dass sie Kindern hilft, an sich selbst zu glauben." Es hat nichts damit zu tun, sie zu verwöhnen.
Bedingungslose Liebe bedeute auch nicht, dass man dem Kind alles erlaubt, was es möchte. Ein wichtiger Teil der Erziehung bestehe darin, angemessene Grenzen zu setzen.
"Eltern können ihren Kindern zeigen, dass ihre Liebe unerschütterlich ist, indem sie ihnen diese Liebe sowohl in Worten als auch in Taten vermitteln", erklärt Elena Lister. Das bedeutet: Auch wenn es Konsequenzen für Fehlverhalten gibt und Eltern manchmal wütend werden, bleibt die Liebe bestehen. Wichtig ist, dies dem Kind deutlich zu sagen, denn Kinder denken oft, dass ihre Eltern sie nicht mehr lieben, wenn sie mit ihnen schimpfen oder wütend auf sie sind. Wenn Eltern ihnen versichern, dass sie sie dennoch lieben, hilft das den Kindern zu verstehen, dass Wut nichts an der Tatsache ändert, dass ihre Eltern sie lieben. "Dieses Wissen ist wichtig für alle Beziehungen, die sie in ihrem Leben führen werden."
Mit Enttäuschungen umgehen
Oftmals müssen sich die Eltern zunächst jedoch selbst über ihre Gefühle klarwerden. "Um bedingungslose Liebe wirklich leben zu können, müssen Eltern sich auch mit ihren eigenen Enttäuschungen auseinandersetzen, die sie in Bezug auf ihr Kind empfinden." Denn Kinder entsprechen nicht immer den Erwartungen ihrer Eltern – sei es in Bezug auf Schulnoten, im Verhalten oder in ihren Interessen. "Solche Situationen können Ärger und Enttäuschung bei Eltern auslösen." Es sei entscheidend, dass Eltern sich ihrer eigenen Erwartungen bewusst werden und überlegen, wie sie mit diesen Enttäuschungen umgehen können.
"Jedes Kind ist ein einzigartiges Individuum. Es wird Eltern immer wieder enttäuschen, verärgern und vor den Kopf stoßen, aber es wird sie auch erfreuen, überraschen und ihnen Mut machen. Eltern sollten ihre Kinder in all ihren Facetten lieben, denn diese Liebe hilft ihnen, zu der besten Version ihrer selbst zu werden."