Trotzphase

Wutanfall auf dem Spielplatz: 7 Tipps, wie Eltern richtig reagieren

Ein Wutanfall in aller Öffentlichkeit ist für Eltern besonders herausfordernd. Dieser 7-Punkte-S.O.S.-Plan hilft, den kindlichen Zorn liebevoll zu begleiten – damit schnell wieder die Sonne scheint.

Mädchen liegt auf dem Spielplatz auf dem Boden.© iStock/ErikaMitchell
Ein Wutanfall in aller Öffentlichkeit ist für Eltern eine besondere Herausforderung.

Zwei Kinder, ein Bagger – und ein großer Wutanfall. Auf dem Spielplatz ist gerade bei Kleinkindern Streit ums Spielzeug an der Tagesordnung – und für Eltern ist es eine ziemliche Herausforderung, in solchen Situationen die komplette Eskalation zu vermeiden. 

Keine Frage: Ein Wutanfall ist für Eltern immer eine Herausforderung. Wenn sich der Zornausbruch jedoch im öffentlichen Raum ereignet, ist der Stress besonders groß. Die Blicke der anderen lassen sich meist nur schwer ausblenden, und das erhöht den Druck. Denn wenn wir schon so viel (ungebetenes) Publikum haben, wollen wir doch schließlich beweisen, dass wir die Lage im Griff haben ...

Erschwerend kommt hinzu, dass gerade auf dem Spielplatz oft noch andere Kinder in den Wutanfall verwickelt sind. Es gilt also nicht nur, den Gefühlssturm des eigenen Kindes zu beruhigen, sondern auch noch, gegebenenfalls zwei Streithähne zu trennen und fair zu schlichten. Ganz schön viele Anforderungen auf einmal ...

Was passiert beim Wutanfall im Gehirn?

Großen Gefühlen ist oft mit ein bisschen Logik beizukommen – zumindest gilt das für uns Erwachsene. Schauen wir uns also einmal an, was sich im kindlichen Gehirn während eines Wutanfalls abspielt. Ein scheinbar banaler Auslöser – eine durchgebrochene Banane in der Snackbox oder das falsche Sandförmchen – reicht, damit sich die linke Gehirnhälfte, die für das logische Denken, Sprechen und Analysieren zuständig ist, vorübergehend abschaltet. Die rechte Hälfte – die für Emotionen und Kreativität zuständig ist – übernimmt. Die Folge: Das Kind ist wütend, regelrecht außer sich, meist gar nicht mehr ansprechbar. Gutes Zureden und schlüssige Argumente stoßen dann erstmal auf taube Ohren.

Was dann hilft? Ein Patentrezept gibt es leider nicht. Wenn sich Eltern jedoch an die folgenden sieben Schritte halten, lässt sich ein Wutanfall gemeinsam durchstehen – und am Ende scheint in der Regel auch wieder die Sonne.

7 Schritte, um einen Wutanfall zu begleiten

1. Ruhe bewahren

Zugegeben: Dieser Punkt ist genauso wichtig wie schwierig. Wer keinen Puls kriegt, wenn das eigene Kind in der Sandkiste in Rage gerät, muss über nahezu buddhistische Ruhe verfügen. Auf einen Wutanfall angemessen – und idealerweise gelassen – zu reagieren, ist also meist nicht ganz leicht. Oftmals hilft es, die eigenen Gefühle – zumindest im Kopf – auszusprechen ("Ich fühle mich gestresst. Ich könnte schreien."). Das sorgt dafür, dass wir Klarheit über die eigenen Gefühle erlangen und uns selbst regulieren. Die beste Basis, um Ruhe aufs Kind zu übertragen.

Experten empfehlen, sich neben das Kind zu knien, von 100 rückwärts zu zählen und in dieser Zeit einfach abzuwarten und lediglich dafür zu sorgen, dass das Kind niemanden verletzt. Danach ist die Chance besser, dass es wieder ansprechbar und zugänglicher ist. Bis dahin gilt es, die starken Gefühle auszuhalten.

2. Aufs Kind fokussieren

Empörte Blicke oder gar abfällige Kommentare machen einen Wutanfall auf dem Spielplatz oft besonders unangenehm. Wichtig ist jetzt, den Druck rauszunehmen und nach möglich die Reaktionen anderer auszublenden. Mischt sich ein Außenstehender ein, ist es sinnvoll, freundlich, aber bestimmt darauf hinzuweisen, dass seine Meinung gerade nicht gefragt ist. Das Kind braucht jetzt vor allem Eltern, die ihm helfen, seine Gefühle zu bewältigen. Bis sie etwa sechs Jahre alt sind, sind Kinder in herausfordernden Situationen auf die Co-Regulation angewiesen.

3. Ruhigen Ort aufsuchen

Wenn möglich, ist es sinnvoll, sich zurückzuziehen, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, sich zu beruhigen, ohne sich beobachtet zu fühlen. Manchmal kann es auch hilfreich sein, die Quelle des Ärgers zu verlassen. Wenn es im Sandkasten ständig Streit gab, hilft möglicherweise eine Runde schaukeln oder rutschen.

4. Emotionen benennen

Ist der erste Zorn verraucht, sollten Eltern die Emotionen ihres Kindes benennen: "Du bist wütend, weil du nicht mit Toms Bagger spielen darfst / Du bist traurig, weil du noch länger auf dem Spielplatz bleiben wolltest." Dadurch lernt das Kind seine Gefühle kennen und vergrößert seinen Wortschatz im Bezug auf Emotionen. Wichtig ist, dass Eltern die Gefühle ihrer Kinder ernst nehmen und nicht bagatellisieren durch Sätze wie "Ist doch nicht so schlimm".

5. Richtig trösten

Sobald die erste Wut abgeflaut ist, lassen sich die meisten Kinder wieder in den Arm nehmen und trösten. Allerdings ist hier Sensibilität gefragt. Sind die Stresshormone noch zu stark, stoßen Kinder die tröstende Hand oft weg. Eltern sollten durch Worte oder Gesten signalisieren, dass es jederzeit zu ihnen kommen kann.

6. Kompromisse finden

Hat sich das Kind wieder beruhigt, ist es an der Zeit, über die Ursache des Wutanfalls zu sprechen. Beispielsweise warum es die Schaufel zurückgeben musste oder wieso es nun Zeit ist, nach Hause zu gehen. Manchmal flammt der Zorn dann noch einmal auf, aber meistens nicht mehr so stark. Dann geht es zurück zu Punkt eins – anstrengend, aber leider unvermeidlich. Wichtig ist, dass Eltern jetzt standhaft bleiben. Oftmals lässt sich jedoch ein Kompromiss aushandeln: "Wollen wir stattdessen zusammen eine große Sandburg bauen? / Noch dreimal schaukeln, dann gehen wir nach Hause."

7. Darüber reden

Sobald das Kind wieder gut gelaunt ist, ist es sinnvoll, den Vorfall in einer ruhigen Situation noch einmal anzusprechen: "Du warst vorhin auf dem Spielplatz super wütend, dass du nicht mit Toms Bagger spielen durftest, oder?" Wichtig ist: Keine Bewertung, keine Ratschläge. Das Kind fängt dann oft selbst an, das Erlebte aus seiner Sicht wiederzugeben und findet durch gezieltes Nachfragen womöglich Lösungen, wie es das nächste Mal anders reagieren könnte. 

Wutanfälle im Vorfeld verhindern

Der ein oder andere Wutanfall lässt sich relativ leicht vermeiden, indem sich Eltern an die folgenden Regeln halten:

Übergänge ankündigen

Wer beispielsweise Ortswechsel rechtzeitig ankündigt, gibt dem Kind die Chance, sich darauf einzustellen. Im Zweifelsfall gilt: Lieber fünf Minuten später gehen als 15 Minuten lang einen Wutanfall zu regulieren.

Absprachen treffen

Wenn das Kind von Anfang an weiß, welche Verhaltensregeln gelten, schafft das Orientierung und Sicherheit.

Alternativen vorschlagen

Sobald sich ein Konflikt beispielsweise um ein Spielzeug anbahnt, können Eltern einlenken, bevor die Situation eskaliert und ein neues Spiel vorschlagen oder die Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken.