Legitim oder fahrlässig?

Zweifache Mutter: "Darum gehe ich mit meinen Kindern nicht mehr zu Vorsorgeuntersuchungen"

Keine Frage: Die U ist Pflicht. Oder? Eine zweifache Mutter erklärt, warum sie mit ihren Töchtern nicht mehr zu den Vorsorgeuntersuchungen geht.

Mutter steht mit zwei kleinen Mädchen am See.© iStock/ASphotowed
Eine Mutter, die mit ihren Kindern nicht zu U-Untersuchungen geht, polarisiert.

Es gibt ein paar Termine im Kalender, die sind einfach unumstößlich: Geburtstage, Ostern, Weihnachten – und U-Untersuchungen …

Anfangs alle paar Wochen, später einmal im Jahr stehen Eltern regelmäßig mit dem gelben U-Heftchen beim Kinderarzt auf der Matte und lassen ihr Kind gründlich durchchecken. Motorik, Sprache, Gehör, Sehvermögen – das Kind wird dabei einmal von Kopf bis Fuß in Augenschein genommen.

Die Vorsorgeuntersuchungen haben einen guten Grund: Der Arzt kontrolliert den allgemeinen Gesundheitszustand und die altersgemäße Entwicklung. Mögliche Probleme können so frühzeitig erkannt und behandelt werden, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit.

U-Untersuchungen nur teilweise verpflichtend

In Bayern, Hessen und Baden-Württemberg sind die U1 bis U9 sogar verpflichtend, in allen anderen Bundesländern freiwillig. Die allermeisten Eltern kommen den Untersuchungen trotzdem nach: Laut RKI nehmen mehr als 95 Prozent der Kinder an den Vorsorgeuntersuchungen teil.

Noch im Krankenhaus bekommen frisch gebackene Eltern das berühmte U-Heft in die Hand gedrückt, in dem in den folgenden Jahren vom Kinderarzt Wachstum und Entwicklungsfortschritte eingetragen werden. Die Botschaft ist eindeutig: Ohne U geht es nicht. Oder etwa doch?

Umso aufsehenerregender ist da eine zweifache Mutter, die jetzt in einem Instagram-Post offen bekennt, mit ihren Kindern nicht mehr zu den U-Untersuchungen zu gehen. Sie sagt: "Bitte keine Vorsorgeuntersuchungen mehr!"

Dabei ging sie in den ersten Jahren noch ganz regelmäßig mit ihren beiden Mädchen zu den Untersuchungen: "Als unsere Töchter noch Babys waren, fand ich sie beruhigend. Es ist schön, wenn man hört, dass man ein normal entwickeltes Kind hat", erklärt sie.

Mutter boykottiert die Vorsorgeuntersuchungen

Mit den Jahren jedoch änderte sich jedoch ihre Haltung. "Umso älter Kinder werden, desto unterschiedlicher werden sie. Das ist gut so. Das war mir schon immer klar. Was mir nicht immer klar war, ist, wie schnell man sich verunsichern lässt als junge Mama", so Christina. "Eins meiner Kinder war der Ärztin zu schüchtern. Weil mein Kind sich von ihr nicht gleich anfassen lassen wollte. Außerdem brauchte sie einen Moment, um aufzutauen, als sie einen Turm bauen sollte."

Auch wegen ihrer zweiten Tochter gab es Diskussionen. "Sie wuchs der Ärztin nicht schnell genug. Klar: meine Schuld! Das Kind muss mehr essen! Also sofort abstillen, damit sie am Tisch besser isst. Fünfmal täglich müsse sie im Stuhl sitzen und Brei bekommen. Am besten einen Fertigen mit viel Fleisch. Das ist nämlich gesund und hilft beim Wachsen. Bloß kein Fingerfood! Das verdirbt den Appetit, weil’s so anstrengend zu essen ist", schildert Christina bitter.

Ihr Fazit: "Ich ging zur Vorsorge mit zwei gesunden Kindern, die sich toll entwickelten, jede im eigenen Tempo und jede in ihre eigene Richtung. Raus kam ich voller Zweifel. Ich war plötzlich verunsichert und verurteilte mich selbst. Bin ich eine schlechte Mama? Weil ich nach Bedarf stille? Weil ich das Essen für mein Baby selbst koche? Oder weil ich finde, dass meine kleine Tochter nicht gezwungen werden sollte, sich von Fremden berühren zu lassen? Weil ich finde, dass sie selbst entscheiden soll, mit wem sie interagiert und mit wem nicht?"

Inzwischen weiß sie: "Ich bin kompetent genug zu beurteilen, ob meine Kinder sich angemessen entwickeln. Ich muss sie nicht mit anderen vergleichen lassen, aufgrund einer Momentaufnahme. Wir verzichten und leben ruhiger."

Das U-Heft fristet bei ihr seither ein Dasein in der Schublade, aus der es so schnell wohl auch nicht mehr hervorgeholt wird.

Dürfen Eltern U-Untersuchungen einfach platzen lassen?

Klar: Erlaubt ist das. Die Untersuchungen sind schließlich – weitgehend – freiwillig. Ob Eltern bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Arzt nicht eher in Betracht ziehen sollten, diesen zu wechseln, anstatt komplett auf die Vorsorge zu verzichten, ist hingegen eine andere Frage. Schließlich ist die Meinung des Arztes letztlich erstmal nur genau das: eine Einschätzung aufgrund medizinischer Leitlinien. Ob Eltern diese teilen oder nicht, entscheiden sie im Endeffekt selbst. Sie sind schließlich die Experten für ihr Kind – und sollten als diese andere Ansichten (auch vom Arzt) richtig einordnen können, anstatt sie einfach auszublenden.

Wie seht ihr das?

Findet ihr es okay, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder ausfallen zu lassen?

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Was passiert bei Nicht-Teilnahme an den U-Untersuchungen?

Auch wenn die Vorsorgeuntersuchungen in den meisten Bundesländern nicht verpflichtend sind, erhalten Eltern dennoch ein Einladungsschreiben von der Krankenkasse oder einer zentralen Stelle ihres Bundeslandes. Erbringen Eltern keinen Nachweis über die Teilnahme an der Untersuchung, wird das Gesundheitsamt informiert, das daraufhin seinerseits eine Einladung verschickt. Wenn Eltern auch darauf nicht reagieren, wird das Jugendamt informiert, das ggf. kontrolliert, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt.