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Die Kita – das ist ein Ort zum Spielen, zum Wachsen. Ein Ort, an dem die ersten Schritte ohne Mama und Papa getan, an dem erste zarte Freundschaften geschlossen werden. Kurz: ein Ort der Freude – ohne Druck, Zwang, Strafen, Angst und natürlich ohne Gewalt. Darauf zumindest vertrauen Eltern, die ihre Kinder oftmals noch während der Schwangerschaft auf eine der überfüllten Wartelisten setzen und im Kleinkindalter dann die Eingewöhnung starten.
Doch die Realität sieht in vielen Fällen anders aus.
Kürzlich sorgte ein Bericht des Bayrischen Rundfunks für Aufsehen, in dem von steigender Gewalt in Kitas die Rede war. Dazu zählt etwa, dass Kinder vom Fachpersonal zum Essen gezwungen werden, erniedrigt, bloßgestellt oder grob angefasst werden. 232 Meldungen über seelische und körperliche Gewalt wurden 2022 dokumentiert. Die Dunkelziffer soll noch deutlich höher liegen.
Emotionale Gewalt ist in vielen Kitas Realität
Dabei besagt Paragraf 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ganz klar: Kinder haben das Recht auf gewaltfreie Erziehung. "Körperliche Bestrafung, seelische Verletzung und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig", heißt es dort. Grobes Fehlverhalten des Fachpersonals kann somit eine Straftat darstellen.
"Emotionale Gewalt ist in vielen Kitas leider sehr etabliert", bestätigt uns Christin Füchtenschneider, Systemische Beraterin und Supervisorin in Kitas. "Dazu zählt, Kinder bloßzustellen, zu beschämen, sie nicht ernst zu nehmen, ironisch und sarkastisch mit Kindern zu reden, ihre Bedürfnisse kleinzureden, schlecht über ihre Eltern zu sprechen sowie Machtmissbrauch."
Sie weiß auch: "Das ist der Part, den Eltern unterschätzen. Natürlich gibt es auch sehr viele reflektierte, achtsame Erzieherinnen und Erzieher. Trotzdem sollten Eltern für das Thema sensibilisiert werden."
Körperliche Gewalt sei dabei eher die Ausnahme. "Die subtile, emotionale Gewalt, wie Kinder zum Essen, zum Schlafen, zum Ausflug zu zwingen, dazu zu zwingen, im Morgenkreis etwas zu sagen, obwohl sie das nicht wollen, das ist leider in vielen Kitas die Realität", so Christin Füchtenschneider, die selbst zwölf Jahre als Kita-Leitung und anderthalb Jahre als Trägerverantwortliche tätig war.
Die Gründe dafür seien vielfältig. "Viele Fachkräfte sind in ihrem Job absolut nicht richtig aufgehoben", sagt Christin Füchtenschneider. "Es liegt an eigenen Glaubenssätzen, an der eigenen Biografie, daran, wie adultistisch man selbst aufgewachsen ist. Oft fehlt die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Das Fachpersonal sollte Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sein. Gefährlich wird es, wenn die Menschen nicht offen sind, an sich zu arbeiten."
Oft stecke auch das Gefühl von Macht dahinter, wenn Erzieherinnen und Erzieher Kindern gegenüber gewalttätig werden.
Viele fühlen sich in ihrem eigenen Leben machtlos und kompensieren das, indem sie sich über die Kinder stellen.
Worauf Eltern achten sollten
Eltern sollte des schon bei der Wahl der Kita genau hinschauen. "Ich rate dazu, aufs Bauchgefühl und auf den ersten Eindruck zu vertrauen", so Christin Füchtenschneider. "Sehe ich vertrocknete Blumen? Sehe ich Staub? Sehe ich zehn Jahre alte Zeitschriften? Es ist wichtig, dass sich gekümmert wird. Das heißt natürlich nicht, dass die Kita schlecht ist, wenn mal eine Blume verwelkt ist. Trotzdem würde ich auf den ersten Gesamteindruck wert legen."
Aussagekräftig sei auch die Stimmung in der Kita. Sie rät dazu, sich an folgenden Fragen zu orientieren: "Wie begrüßen mich die Fachkräfte? Werde ich überhaupt begrüßt? Wird mir ins Gesicht geschaut oder stellt man sich sogar vor? Wird auch Kontakt zum Kind aufgenommen? Ist das Gespräch vorbereitet? Bekomme ich alle wichtigen Informationen? Wie wird auf meine Fragen eingegangen: genervt oder interessiert?" Sie empfiehlt Eltern, sich vorab Fragen zu überlegen und sich beispielsweise nach einem Kinderschutzkonzept zu erkundigen. "Eltern sollten nicht nur auf Meinungen von Freunden oder Nachbarn vertrauen, sondern aufs eigene Herz hören."
Weitere wichtige Qualitätsmerkmale einer Kita:
- Fachkräfte besuchen Fortbildungen
- Die Leitung ist den Eltern gegenüber transparent und informiert darüber, an welchen pädagogischen Themen gerade gearbeitet wird
- Die Leitung sollte up to date sein, Konzepte überarbeiten und offen für Weiterentwicklung sein
- Die Bedürfnisse aller im Haus sollten ernst genommen werden
- Eltern sollten als enge Kooperationspartner gesehen werden
Zertifikaten hingegen sollten Eltern nicht blind vertrauen. "Gerahmte Urkunden im Eingangsbereich sind oft mehr Schein als Sein. Wichtiger ist, dass die Menschen, die dort arbeiten, jeden Tag ihr Bestes geben, damit die Kinder ein sicheres Umfeld haben", so Christin Füchtenschneider. "Die Leitung sollte ihr Team im Blick haben. Glückliche Mitarbeiter bedeuten glückliche Kinder und glückliche Eltern. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter gern zur Arbeit kommen."
Jedes Kind reagiert anders auf Gewalterfahrung
Doch wie können Eltern wirklich sicher sein, dass ihr Kind in der Kita behütet und geschützt ist? Wichtig sei es, auf die Alarmzeichen des Kindes zu achten – doch die können ganz unterschiedlich aussehen. "Manche werden 'auffällig unauffällig', fressen alles in sich hinein und resignieren", so die Expertin. "Manche Kinder fangen vermehrt an zu beißen, sie beißen sich sozusagen frei. Andere nässen sich ein oder bekommen Schlafprobleme. So zeigen sie Erwachsenen, dass es ihnen nicht gut geht."
Manche Kinder wollen auch partout nicht mehr in die Kita und betonen, dass sie einen Erzieher "doof" finden. "Wenn Kinder sagen, dass die Fachkräfte etwas gemacht haben, sollte man ihnen erstmal Glauben schenken. Das ist natürlich ein komplexes Thema, weil Kinder manchmal in ihrer Welt etwas konstruieren."
Sie rät dazu, den Kindern ihre Erlebnisse nicht abzusprechen, "auch wenn es sich absurd anhört". Es gilt: Eltern müssen hinhören, nachfragen, auf ihr Bauchgefühl hören und sich im Zweifelsfall an die Kita wenden. "Im Gespräch merkt man auch, wie die Leitung oder die Fachkräfte reagieren. Wird es abgetan oder besteht Interesse daran, das Problem zu klären?"
Eine gute Eingewöhnung ist das A und O
Schon in den allerersten Wochen wird oft der Grundstein für eine erfolgreiche Kita-Zeit gelegt. Die Qualität der Eingewöhnung ist dabei sehr entscheidend. Die Fachkräfte sollten sich daher am Tempo des Kindes orientieren. "Für mich sind es eine gescheiterte Eingewöhnung, wenn ein Kind über Monate partout nicht in die Kita will – genauso, wenn sich dogmatisch an irgendwelche Modelle gehalten wird oder die Eingewöhnung zu schnell beendet wird, wenn das Kind noch gar keine Bindung zur Fachkraft hat", so Christin Füchtenschneider.
Eine gelungene Eingewöhnung hingegen schaffe ein sicheres Fundament – für Eltern und Kinder.
"Es ist ein neuer Lebensabschnitt, der die ganze Familie betrifft, weil eine neue Routine einkehrt. Eltern sollten auch in ihren Sorgen ernst genommen werden. Die Eingewöhnung sollte bedürfnisorientiert und empathisch sein", erklärt sie.
Eltern geben Fachkräften einen großen Vertrauenvorschuss, und das sollte nicht ausgenutzt werden.