
Die meisten Eltern haben hohe Ansprüche an ihre Erziehungsmethoden – und Bestrafungen gehören nicht dazu. Zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis passiert es oft eben doch: Die Nerven liegen blank, es wird gemeckert, geschrien oder mit Konsequenzen gedroht. Obwohl wir es doch eigentlich besser machen wollten ...
Die Wissenschaft hat längst herausgefunden, dass Strafen die gesunde Entwicklung eines Kindes hemmen können. Und: Sie haben keinen nachhaltigen Effekt. Die Motivation, die Hausaufgaben zu erledigen, wird durch Strafen nicht größer, und Regeln werden dadurch auch nicht öfter eingehalten.
Aber warum strafen dennoch so viele Eltern? Psychologen wissen: Wer als Kind mit seinen eigenen Bedürfnissen nicht gesehen wurde, wird vermutlich in der Elternrolle die Erfahrung machen, sich genau dann vom Verhalten der eigenen Kinder getriggert zu fühlen, wenn diese unverarbeiteten Gefühle berührt werden.
Geht es auch ohne Strafen?
Obwohl viele Eltern sich vornehmen, ihr Kind ohne Strafen zu erziehen, wissen sie sich dennoch oft nicht anders zu helfen, werden laut oder drohen mit Konsequenzen für unerwünschtes Verhalten.
Doch wie kommt man heraus aus dieser Falle?
Wichtig ist für Eltern zu wissen, dass hinter jedem Verhalten eines Kindes ein Bedürfnis steckt. Wer sich die Zeit nimmt, herauszufinden, was das Kind gerade wirklich braucht, kann entsprechend handeln – ohne zu strafen.
Das gleich geht auch andersrum: Eltern sollten ihren Kindern ruhig erzählen, welche eigenen Bedürfnisse sie gerade haben. Erziehung auf Augenhöhe ist hier das Stichwort.
Sinnvoll ist auch, sich mit der eigenen Erfahrung mit dem Thema Strafen auseinanderzusetzen. Hier lohnt sich ein Blick in die eigenen Kindheit.
Bei der straffreien Erziehung geht es im Übrigen nicht darum, dem Kind jeden Wunsch zu erfüllen. Eltern haben die Aufgabe, Grenzen zu setzen und genau zwischen Wunsch und echtem Bedürfnis zu unterscheiden.
Und wenn es doch mal wieder passiert ist und wir laut geworden sind? Dann sollten wir ein gutes Vorbild sein, mit unserem Kind im Nachhinein darüber reden und uns entschuldigen. Schließlich müssen Eltern nicht perfekt sein – sie sollten nur aus ihren Fehlern lernen.
5 Lektionen, die Kinder lernen, wenn sie bestraft werden:
"Fehler sind nicht okay."
Wenn Kinder erfahren, dass sie für falsches Verhalten bestraft werden, ist es wahrscheinlich, dass sie Fehler künftig verheimlichen, sich dafür schämen und sich ihren Eltern nicht mehr anvertrauen.
"So, wie ich bin, bin ich nicht liebenswert. Ich muss mich verändern, um geliebt zu werden."
Wer als Kind nicht bedingungslos geliebt wird, leidet oft ein Leben lang unter einem schwachen Selbstwertgefühl und wird ständig den Druck verspüren, es anderen Recht zu machen.
"Ich schäme mich. Ich bin nicht okay."
Wenn Eltern schimpfen oder ihr Kind vor anderen maßregeln, ist dies für Kinder beschämend und wird dazu führen, dass sie an sich selbst zweifeln.
"Meine Gefühle sind nicht okay. Ich muss sie unterdrücken, um geliebt zu werden."
Wut und Frustration äußern Kinder oft ganz ungefiltert. Wenn Eltern diese negativen Gefühle nicht annehmen, können Kinder keinen gesunden Umgang damit lernen.
"Wenn ich Fehler mache oder meinen Gefühlen freien Lauf lasse, ist es hier für mich nicht sicher."
Leben Kinder in ständiger Angst vor Bestrafungen, kann dies ihre gesunde Entwicklung beeinträchtigen und Bindungsunsicherheit fördern.