Dieser Artikel enthält unter anderem Produkt-Empfehlungen. Bei der Auswahl der Produkte sind wir frei von der Einflussnahme Dritter. Für eine Vermittlung über unsere Affiliate-Links erhalten wir bei getätigtem Kauf oder Vermittlung eine Provision vom betreffenden Dienstleister/Online-Shop, mit deren Hilfe wir weiterhin unabhängigen Journalismus anbieten können.

Wie oft fühlen wir uns klein, wollen am liebsten im Erdboden versinken, wenn wir einen Fehler gemacht haben?! Dabei bremsen wir uns und unsere Kinder mit dieser – anerzogenen – Haltung selbst aus. Wir haben mit der Familientherapeutin Elisabeth Raffauf aus Köln gesprochen, die weiß, warum Fehler wichtig sind.
- "Fehler werden als problematisch angesehen"
- Keine Fehler machen zu dürfen, hemmt die Kreativität
- Fehler haben nichts mit Intelligenz zu tun
- Was Eltern tun können
- Eine gesunde Fehlerkultur leben: Eltern als Vorbilder
- Neue Fehlerkultur in Schulen: Was sich ändern muss
- Wie wir Kindern helfen können, ihre Angst vor Fehlern zu verlieren
- Fun Fact
- Unser Buch-Tipp
Durch Fehler wird man klug, darum ist einer nicht genug.
Was Wilhelm Busch schon vor langer Zeit erkannte, ist leider bisher noch immer nicht in unserer Gesellschaft angekommen. Nach wie vor zählt der Leistungsanspruch vielerorts am meisten, jeder will alles richtig machen, keiner will sich Fehler erlauben. Ja, das ist etwas überspitzt formuliert, zeigt aber doch eine klare Tendenz, die sich durch Kita, Schule, Beruf, Hobby und Alltag zieht.
"Fehler werden als problematisch angesehen"
Das bestätigt auch die Psychologin. Warum Kinder Angst davor haben, Fehler zu machen? "Weil Fehler als problematisch angesehen werden. Es gibt oft Ärger und Strafen", sagt Elisabeth Raffauf, "Kinder erleben zum Beispiel, dass sie eine Mathearbeit zurückbringen. Sie haben von zehn Aufgaben neun richtig und zu Hause wird über die eine falsche geredet und gar nicht auf die neun richtigen geschaut." Das machen die Eltern natürlich meistens nicht aus böser Absicht, sondern weil sie es selbst nicht anders kennen. Genau hier muss aber ein Wandel her.
Keine Fehler machen zu dürfen, hemmt die Kreativität
Allzu oft wollen unsere Kinder tunlichst vermeiden, Fehler zu machen. Und wenn wir ehrlich sind, geht uns das als Erwachsene nicht anders. Dabei wäre es wichtig, offener und dadurch freier zu sein, um sich wirklich entfalten und auch Neues entwickeln zu können. Elisabeth Raffauf: "Wenn ich weiß, dass ich Ärger bekomme, dann ist doch klar, dass ich Fehler lieber verstecke und Angst habe, sie zu zeigen. Und natürlich kann ich dann nicht so frei und kreativ sein, weil ausprobieren ja gefährlich ist. Es birgt das Risiko, Fehler zu machen." Dabei helfen Fehler sogar bei der Entwicklung: "Fehler eröffnen uns neue Möglichkeiten. An Fehlern lernen wir. Nicht daran, dass alles richtig ist." Natürlich soll das nicht heißen, dass wir mutwillig und inflationär Fehler machen sollten. Es geht schlicht und ergreifend um den Umgang mit und der Einstellung zu ihnen. Wir sollten sie als Chance und Potenzial begreifen, statt sie um jeden Preis vermeiden zu wollen.
Fehler haben nichts mit Intelligenz zu tun
Lerncoachin und Sinnfluencerin Caroline St. Ange schreibt in einem Instagram-Post darüber, warum es problematisch ist, wenn Kinder das Fehlermachen mit ihrer Intelligenz verbinden. Ganz schnell bekämen wir in unserer Gesellschaft ein Abzeichen aufgedrückt, zum Beispiel "Du bist ja schlau!". "Wenn ich der Meinung bin, dass ich etwas kann, weil ich so intelligent bin, werden Fehler zum Problem", schreibt die Lerncoachin. Denn dann liege es wohl an der Intelligenz, wenn man etwas nicht kann. Wenn man also einen Fehler macht, schlussfolgern diese Menschen, dass sie nicht intelligent (genug) seien. Für sie ist die Intelligenz aber ganz wichtig für den Selbstwert. Aus diesem Grund wollen viele Kinder keine Fehler machen. Um das zu ändern und sich stattdessen zuzugestehen, aus Fehlern zu lernen und sich auch Schwieriges zuzutrauen, bietet Caroline St. Ange "Growth Mindset Online-Kurse" an. Damit Kinder lernen, Herausforderungen als Chancen anzusehen, sich gerne weiterentwickeln und mit Freude auf Neues einlassen.
Hier seht ihr ihren Post:
Was Eltern tun können
Die Familientherapeutin Elisabeth Raffauf schlägt Eltern vor, aktiv auf das Gute zu schauen und bei Fehlern zu trösten. Zum Beispiel bei Ergebnissen aus der Schule. Bei guten Noten können wir uns mit unseren Kindern freuen. Bei schlechten Noten brauchen sie Trost und einen Blick auf etwas anderes als den Fehler bzw. die Schule. Dazu hat die Psychologin einen schönen Vorschlag, was Eltern dann zu ihren Kindern sagen könnten:
Bei einer 5 gibt's ein Eis, bei einer 6 gehen wir beide zusammen Kuchen essen und reden nicht über die Schule. Versprochen!
Und natürlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, wie wir unseren Kindern im Hinblick auf unsere Fehlerkultur ein gutes Vorbild sein können.
Eine gesunde Fehlerkultur leben: Eltern als Vorbilder
- Offen auch über eigene Fehler sprechen. Oft machen wir das ganz automatisch: Wenn unserem Kind ein Fehler passiert, zeigen wir Mitgefühl und erzählen vielleicht eine Situation, in der es uns ähnlich ging. Wir gehen dann offen darauf ein, wie wir uns zuerst gefühlt haben und wie wir damit umgegangen sind.
- Perspektivwechsel: Fragen wir uns doch mal, wie die Situation aus der Sicht des Kindes ablief. Elisabeth Raffauf sagt dazu: "Vielleicht war der Fehler kein Fehler, sondern einfach ein anderer Weg, zum Ziel zu kommen. Vielleicht hat ein bestimmtes unerwartetes Verhalten einen wichtigen Grund und weist uns auf etwas hin. Also: Dinge, die in Elternaugen 'Fehler' sind, sind aus Sicht der Kinder möglicherweise total sinnvoll und nachvollziehbar!"
- Fehler als Chancen zum Lernen und Wachsen ansehen. Hier kommt es sehr stark auf die Wörter an, die wir verwenden. Statt Fehler mit Scham zu behaften, sei es wichtig, die Kinder gerade NICHT zu beschämen, sie nicht in die Enge zu treiben, sondern ihnen immer die Möglichkeit zu geben, ihr Gesicht zu wahren, rät Familientherapeutin Raffauf.
Neue Fehlerkultur in Schulen: Was sich ändern muss
Auch in Schulen besteht Handlungsbedarf. Das richtige Ergebnis sollte nicht im Vordergrund stehen, sondern die Bemühungen des Kindes, eigene Ideen und kreative Lösungswege zu finden. "Fehler sollten als Weg zum Lernen begriffen werden. Als Weg, selber etwas herauszufinden und als etwas ganz Normales", betont die Psychologin. "Alle Menschen machen Fehler. Sonst wären sie ja Maschinen. Und das wäre schrecklich." Uns das immer mal wieder vor Augen zu führen, ist sicher hilfreich.
Wie wir Kindern helfen können, ihre Angst vor Fehlern zu verlieren
Einige Kinder sind vielleicht schon – aufgrund von Erziehung oder Vorbildern in Schule und Elternhaus – sehr verängstigt und voreingenommen, was Fehlermachen angeht. Wenn ein Kind bereits fest davon überzeugt ist, dass Fehler schlimm sind, können wir uns als Eltern immer noch genau so verhalten, wie oben beschrieben. Das Gute ist: Sowohl wir als auch unsere Kinder lernen nie aus und so gibt es auch kein "zu spät". Wir können gemeinsam beginnen, "auf das Gute zu schauen und Fehler als etwas Normales zu begreifen, das uns manchmal sogar zu neuen Wegen führt", schlägt Elisabeth Raffauf vor. Und weiter:
Wenn wir als Erwachsene unsere eigenen Fehler zugeben können, sie weder verstecken, noch uns selbst dafür schämen oder uns runtermachen, helfen wir uns selbst und unseren Kindern.
Fun Fact
Kleine Notiz zum Schluss: Ist euch schon mal aufgefallen, dass die Wörter "Fehler" und "Helfer" aus genau den gleichen Buchstaben bestehen? Man könnte also sagen, Fehler sind Helfer, nur anders geschrieben 😉
Und: Fehler kann man auch so sehen, dass etwas gefehlt hat, was der Grund dafür ist, dass sie einem unterlaufen sind. Oftmals liegt das an fehlender Information.
Unser Buch-Tipp
In ihrem Buch "Erzieht uns einfach! Was Kinder und Jugendliche von ihren Eltern brauchen" zeigt die Familienpsychologin und Autorin Elisabeth Raffauf auf, was Eltern brauchen, um ihre Elternrolle wirklich anzunehmen und nicht zu Kumpeln ihrer Kinder zu werden. Und: Was Kinder und Jugendliche für eine gute Entwicklung von ihren Eltern brauchen. Nämlich Liebe, Halt und Orientierung.