Erschreckende Studie

Studie: Jedem fünften Kind wird nie vorgelesen! Glaubt ihr das?

Diese Zahlen der "Stiftung Lesen" können wir kaum fassen: Fast 40 Prozent der Kinder in Deutschland wird nie oder weniger als einmal die Woche vorgelesen. Dabei lieben die Kleinen nicht nur die Geschichten und die Zeit mit ihren Eltern, sondern brauchen diese Art der Förderung auch.

Mutter liest ihrer Tochter vor.© Getty Images/zeljkosantrac
Kindern vorlesen macht nicht nur Spaß, es macht sie auch schlau.

Diese Studienergebnisse können wir hier in der Redaktion kaum glauben: Fast jedem fünften Kind in Deutschland wird in der eigenen Familie nie vorgelesen. Gehört allein das kuschelige Vorlesen kurz vorm Einschlafen doch zum täglichen Ritual für die meisten Familien – dachten wir ...

Ergebnisse der Vorlesestudie

Fakt ist: Mütter lesen laut Studie häufiger vor als Väter. Familien mit geringerem Bildungsniveau seltener als Familien mit höherem. Wird Menschen in ihrer Kindheit vorgelesen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie es bei ihren eigenen Kindern auch machen – selbst bei eher geringerem Bildungsgrad.

Die Basis für diese Ergebnisse: die sogenannte Vorlesestudie. Sie wird seit 2007 alljährlich von "Die Zeit, Stiftung Lesen" und der "Deutsche Bahn Stiftung" initiiert. 2023 wurden dafür 833 Mütter und Väter von ein- bis achtjährigen Kindern zu ihrem Vorleseverhalten befragt. Die Ergebnisse: traurig!

Denn die Vorteile vom Vorlesen bei Kindern liegen zum Teil auf der Hand, alle anderen haben wir hier noch mal für euch aufgeführt:

Vorlesen hat zahlreiche Vorteile

Vorlesen macht nicht nur Spaß, sondern es unterstützt auch in vielfacher Hinsicht die Entwicklung des Kindes. Schon 15 Minuten Vorlesen am Tag sind für einen positiven Effekt ausreichend, wichtig ist nur, dass man regelmäßig vorliest. Lesen ist eine Schlüsselkompetenz, während und vor allem auch nach der Schulzeit. Und nichts bereitet Kinder besser darauf vor als Vorlesen, wie Studien der "Stiftung Lesen" zeigen.

1. Vorlesen fördert das Miteinander

Taucht das Kind in die Geschichten ein, lernt es automatisch sich in andere hineinzuversetzen. Es lernt, Verhaltensweisen einzuschätzen und sich sogar anzueignen. So ist Einfühlungsvermögen eine wichtige soziale Kompetenz, die Kinder über das Vorlesen schneller erwerben. Jedes Kinderbuch hat darüber hinaus eine Botschaft oder Moral, die sich Kinder zu eigen machen.

2. Vorlesen schult die Konzentrations- und Lernfähigkeit

Auch wilde Kinder brauchen mal eine Verschnaufpause. Eine gemeinsame Lesezeit hilft ihnen, zur Ruhe zu kommen und ihre Konzentrationsfähigkeit zu schulen. Die Bilder anschauen, genau zuhören, sich Dinge merken, sich in die Figuren hineinversetzen – da läuft eine ganze Menge gleichzeitig ab. Und man darf sich dabei nicht ablenken lassen, sonst verpasst man einen Teil der Geschichte und kommt nicht mehr mit. Eine Herausforderung für ein Kind, die es gut bewältigt, wenn es damit vertraut ist. Daher sollten Eltern regelmäßig vorlesen – und das gerne auch im Gespräch mit den Kindern. Denn das gemeinsame Vorlesen hilft zum einen auch unruhigeren Kindern, am Ball zu bleiben, zum anderen fördert es auch das Sprachvermögen der Kleinen.

3. Vorlesen weckt die Fantasie

Bücher beflügeln die Fantasie. Zu den gehörten Worten bilden sich im Kopf ganz eigene Bilder. In solche, ganz eigenen Welten einzutauchen, fördert die Vorstellungskraft. Dazu kommen Kinder nach einer Geschichte auf viele tolle Ideen. So malen sie ein Bild vom eben gehörten Abenteuer oder kneten die Tiere des Bauernhofs aus dem Buch nach – Vorlesen macht einfach erfinderisch.

4. Vorlesen schult das Sprachgefühl

Das Sprachverständnis von Kleinkindern muss sich erst noch entwickeln. Sie müssen den Aufbau und die Struktur der Sprache kennenlernen, sowie ihre unterschiedlichen Laute und Betonungen. Kinder, denen schon früh und regelmäßig vorgelesen wird, bekommen ein Gefühl für die Melodie und den Rhythmus der Sprache und ihren Aufbau und fangen häufig früher an zu sprechen. Sie lernen neue Ausdrücke und prägen sich anspruchsvollere Satzmuster ein, als die, die wir in unserer Umgangssprache verwenden. Wie Studien zeigen, können sich diese Kinder besser ausdrücken, da sie über einen signifikant größeren Wortschatz verfügen. Wem schon früh vorgelesen wird, der entwickelt außerdem später eine bessere Lese- und Schreibkompetenz – die wichtigste Grundlage für das Lernen. Auch zeigen Kinder, denen viel vorgelesen wird, ein größeres Interesse am Lesen als andere Kinder. Lesen und Schreiben fällt ihnen leichter.

5. Vorlesen vermittelt Wissen und Gefühle

Kinder lernen nicht nur neue Wörter durch das Vorlesen, sondern sie beschäftigen sich so auch mit neuen Themen. In den Geschichten, die Eltern auswählen, können auch Themen aufgegriffen sein, die die Kinder gerade beschäftigen. Wie lebt ein Pferd? Wie funktioniert ein Auto? Aber auch Themen wie etwa, wenn ein neues Geschwisterchen kommt, Einschulung oder auch Trennung. Das hilft, mit den Kindern über diese Themen ins Gespräch zu kommen und macht es den Kindern leichter, Fragen zu stellen. Geschichten wie Märchen lassen Kinder ihre Wünsche, Gefühle und auch Ängste verarbeiten. Sie können innere Konflikte besser verstehen und in ihrem Alltag besser bewältigen oder lernen auch ganz neue Themen spielerisch kennen. Anhand von Bilderbüchern können Eltern ihrem Kind Dinge zeigen und erklären, die es im Alltag so nicht zu sehen bekäme.

6. Vorlesen erzeugt Nähe

Beim Vorlesen nimmt man sich Zeit für das Kind. Am besten liest es sich in einer ruhigen Atmosphäre. Auf dem Sofa, eingekuschelt in eine Decke. Oder abends im Kinderbett vor dem Schlafen. Der Klang der Stimme und die körperliche Nähe vermitteln dem Kind Geborgenheit und Vertrauen und das Kind bekommt dazu ungeteilte Aufmerksamkeit. Es wird Vorlesen immer mit Zuwendung und Geborgenheit verbinden. Was gibt es Schöneres für ein Kind! 

7. Vorlesen festigt den Gerechtigkeitssinn

Wenn Kinder ihre Buchhelden auf ihren Abenteuern begleiten, erfahren sie, wie Probleme entstehen und sich lösen lassen. Das ist, laut Stiftung Lesen, auch hilfreich bei Konflikten im Alltag.

8. Vorlesen macht Spaß

Das Vorlesen kann jederzeit unterbrochen werden. Durch Fragen oder einfach mal gemeinsames Lachen. Man kann auch kleine Späße einbauen, gemeinsam den Elefanten nachmachen, den Namen des Kindes in die Geschichte einbauen oder, wenn das Kind schon selbst lesen kann, sich gegenseitig vorlesen – so macht Vorlesen richtig Spaß. Gut zu wissen: Vorlesen verringert gleichzeitig das Stresslevel beim Vorlesenden.

9. Vorlesen geht in jedem Alter

Je früher das Vorlesen zum Alltag zählt, desto besser. Dabei kann man austesten, wie lange das Kind jeweils "durchhält". Das ist sehr unterschiedlich. Manche Kinder können schon früh größere Textmengen verarbeiten, andere brauchen mehr Bilder, um der Geschichte folgen zu können. Das hängt sicher auch mit dem ausgewählten Buch zusammen und dem Interesse des Kindes an dem Thema. Interaktive Bücher können auch helfen, das Interesse des Kindes zu wecken. Klappen, Laschen und andere bewegliche Elemente helfen den Kindern, die Abbildungen auch haptisch zu erleben.

10. Vorlesen schafft Rituale

Wann man vorliest, spielt keine große Rolle. Nach dem Mittagessen, vor dem Schlafengehen – wann es am besten passt. Wichtig ist nur, dass man sich beim gemeinsamen Lesen richtig Zeit und Ruhe dafür nimmt, sich auf das Kind einzulassen. Auch feste Vorlesezeiten sind bei Kindern beliebt. Denn Kinder lieben Rituale. Und so wissen sie verlässlich, dass zu einer bestimmten Zeit am Tag Geschichtenzeit ist.

11. Vorlesen schafft Leser

Vorlesen ist die beste Investition in die spätere Lesefähigkeit von Kindern. Wenn schon die Allerkleinsten erleben, dass ihre Eltern Spaß an Büchern haben, verbinden sie später Lesen mit schönen Erinnerungen. Dadurch erhöht sich auch ihr Interesse an Büchern und Heften.

Mein Kind mag Vorlesen nicht

Das ist ein häufig genannter Grund, warum Eltern nicht vorlesen. Klar haben Kinder auch manchmal keine Lust und es ist auch okay, mal nicht vorzulesen. Wenn es aber häufig vorkommt, bietet es sich an zu hinterfragen, warum das Kind Vorlesen nicht mag. Wenn es schon alt genug ist: Fragt es einfach selbst. Dazu könnt ihr überlegen, ob die Umgebung zu unruhig ist. Biete ich Vorlesen zu einer Zeit an, zu der das Kind noch zu energiegeladen ist? Nutze ich Vorlesen als "Strafe" ("Es gibt jetzt kein Tablet, wir lesen jetzt!")? Ist das Buchthema spannend für mein Kind? Denn welches Buch gelesen wird, sollte das Kind möglichst selbst bestimmen. Auch, wenn es immer dasselbe Buch ist. Auch ein gemeinsamer Ausflug in die Bücherei macht Kindern oft richtig Spaß. Ein Haus voller Geschichten – dort kann man gemeinsam stöbern und beobachten, welche Bücher das Kind anspricht. Wichtig: Nicht entmutigen lassen, wenn das Kind mal keine Lust hat – das Vorlesen einfach am nächsten Tag wieder anbieten. 

Ein Hörbuch kann das Vorlesen nicht ersetzen

Hörspiele und Hörbücher können das Vorlesen nicht ersetzen, da dort die persönliche Bindung durch das gemeinsame Lesen fehlt. Zudem kann man beim Vorlesen das Tempo, in dem die Inhalte aufgenommen und verstanden werden, selbst bestimmen, bzw. das Kind bestimmen lassen. Auch für Fragen kann das Lesen jederzeit unterbrochen werden.

Doch tatsächlich lassen sich auch digitale Medien für das Vorlesen nutzen: So bieten beispielsweise Apps eine Art digitale Bibliothek, wie das kostenlose "einfach vorlesen!" der Stiftung Lesen (Download: einfachvorlesen.de). Ist die passende Geschichte nicht gleich zur Hand, findet man in diesem digitalen Bücherschrank nach Alter geordnet eine große Auswahl und jede Woche kommen drei neue Geschichten hinzu. Praktisch auch für unterwegs, wenn man gerade kein Buch zur Hand hat.

Digitale Vorlese- oder Hörstifte wie "TipToi" (Ravensburger, etwa 40 Euro) ermöglichen dem Kind, Bücher auf eigene Faust zu erkunden. Was wegfällt, ist das Kuscheln und die Interaktion mit den Eltern. 

Vorlesen ist die beste Investition in die spätere Lesefähigkeit von Kindern. Wenn schon die Allerkleinsten erleben, dass ihre Eltern Spaß an Büchern haben, verbinden sie später Lesen mit schönen Erinnerungen. Dadurch erhöht sich auch ihr Interesse an Büchern und Heften.

Und sollte mal keine Zeit zum Vorlesen sein, ist Lesespielzeug wie Sami eine gute Alternative. Auch hier entfällt natürlich das wertvolle Kuscheln und Bonding mit den Kindern, die Leselust und Freude an Büchern werden dennoch geweckt bzw. gefördert: