Vertrauen

Ohne Freunde in die Schule – wird mein Kind darunter leiden?

Lehrer, Pausenhof, Hausaufgaben – am Anfang ist alles ist neu. Da tut es gut, wenn in der Klasse ein paar vertraute Gesichter sitzen. Und wenn nicht? Unsere Gastautorin Viola Patricia Herrmann ist Lehrerin und vierfache Mutter und erklärt, wie der Start ohne Kita-Kumpels gelingen kann.

Mädchen fühlt sich alleine in der Schule© Getty Images/SDI Productions
Ohne Freunde in die Schule? Das kann anfangs schwer sein.

Ganz alleine in einer Klasse ohne Freunde – schafft mein Kind das? Wird es sich wohlfühlen? Wie schnell findet es neue Kontakte, und leidet seine Konzentration vielleicht darunter, dass es den Einstieg in die Grundschule ohne die Unterstützung von Freunden bewältigen muss? Das fragen sich viele Eltern, wenn ihre Sprösslinge ohne Freunde in die erste Klasse kommen. Aus meiner Erfahrung als Grundschullehrerin kann ich sagen: Kinder sind weitaus anpassungsfähiger, als wir Eltern oft vermuten. Minis, die gänzlich ohne Freunde eingeschult werden, fühlen sich am Anfang zwar weniger wohl als diejenigen, die ein oder zwei Kita-Kumpels an ihrer Seite wissen. Ihnen fehlt ein Stück weit die Sicherheit, die vertraute Gesichter in einer fremden Umgebung mit sich bringen.

Kinder knüpfen schnell Kontakte

Doch dieser vermeintliche Nachteil gleicht sich bei den meisten Kindern bereits innerhalb der ersten Schultage aus. Denn Kinder sind meist sehr offen und neugierig, was ihre Klassenkameraden betrifft. Da reicht ein heruntergefallener Stift oder ein tolles buntes Zopfgummi, um zaghaft einen ersten Kontakt herzustellen. Sobald das Eis aber gebrochen ist, entwickeln sich Freundschaften unglaublich schnell.
Ich habe es schon schon erlebt, dass frisch eingeschulte Kinder einander im Unterricht scheu begegnen, nur um in der nächsten Pause fröhlich im Hof zusammen zu spielen. Kleine Grüppchen, die andere Kinder ausschließen, bestehen zu Beginn der ersten Klasse noch nicht. Von daher ist es für Kinder leicht, Anschluss zu finden. Was noch dazukommt: Freundschaften im Kindesalter mischen sich immer wieder neu. Ein bester Kita-Freund bleibt nicht unbedingt auch der beste Schulfreund. Kinder testen und probieren aus, mit welchen Kindern sie harmonieren. Wer hüpft am besten Seil, rennt am schnellsten oder hat die lustigsten Pausen-Ideen? All das sind Kriterien, die Kinder bei der Wahl ihrer Freundschaften beeinflussen. Und da es immer wieder neue Ideen gibt, ergeben sich auch immer wieder neue Verbindungen innerhalb einer Schulklasse.

Auch schüchterne Schulkinder tauen auf

Euer Kind ist sehr schüchtern, und war im Kindergarten nicht gut darin, Kontakte zu anderen aufzubauen? Auch sehr zurückhaltende Kinder werden ihren Platz in der Klasse finden und Kontakte knüpfen. Auch – oder erst recht – dann, wenn sie ohne Freunde eingeschult wurden. Eventuell wird es länger dauern, bis sie in die Gruppe integriert sind und gezielt Freunde gefunden haben. Manchmal kann auch ein wenig Unterstützung vom Lehrer hilfreich sein, der zum Beispiel während Gruppenarbeitsphasen oder der Verteilung von Ämter-Teams darauf achtet, zurückhaltenden Kindern geeignete Partner an die Seite zu stellen.

Und wenn mein Kind doch allein bleibt?

Falls ihr das Gefühl habt, euer Kind tut sich nach einigen Wochen noch schwer mit dem Schulbesuch, solltet ihr auf jeden Fall das Gespräch suchen. Nehmt euch Zeit und lasst euch in Ruhe von seinem Schulalltag und den damit verbundenen Gefühlen berichten. Empfindet es euer Kind genauso als Problem, noch keinen Anschluss gefunden zu haben? Oder war es vielleicht nur euer Blick von außen, der euch Sorgen bereitet hat? 

Hat sich euer Gefühl bestätigt? Nehmt Kontakt zum Klassenlehrer auf und sprecht über das Problem. Seine Aufgabe ist es, die Integration eures Kindes verstärkt zu fördern. Sollte sich euer Verdacht als unbegründet erwiesen haben – prima! Nehmt euch trotzdem jeden Tag ein paar Minuten Zeit, um aktuelle Berichte eures Kindes zu hören. So seid ihr immer gut informiert und könnt zeitnah reagieren, falls doch mal ein Problem auftritt.

Unsere Gastautorin

© privat

Viola Patricia Herrmann ist Schulexpertin und Elterncoach. Mehr findet ihr auf ihrer Seite mama-und-co.de

Angst-Helfer, wenn dein Kind noch keine anderen Mitschüler oder Mitschülerinnen kennt ... 

Kennt dein Kind noch niemanden in seiner zukünftigen Klasse? Dann könnten Rituale zum Anker werden, rät Pädagogin und Bestseller-Autorin Inke Hummel in ihrem Buch "Miteinander durch die Grundschulzeit": "Überlegt euch kleine Abläufe: neuen Kakao zum Frühstück, Abklatschen an der Haustür, einen Witz des Tages unterwegs erzählen, Glücksbringer am Handgelenk. Ihr könnt auch gemeinsam in die Wolken schauen und euch versichern, dass ihr das nach der Trennung am Schultor immer wieder macht, wenn eine*r in der Schule ist, der oder die andere bei der Arbeit, sodass das Hochblicken euch verbindet." Außerdem empfiehlt die Expertin, im Vorfeld Kontakt zu den zukünftigen Klassenkameraden aufzubauen, ggf. auch über die Eltern. Auch organisierte Besuche in der Schule durch die Kitas können die Angst vor dem Unbekannten immens schmälern.