Die Geburt Revue passieren lassen

Wusstet ihr, dass ihr einen Bericht eurer Geburt anfordern könnt?

Jede Geburt ist einmalig – kann aber für viele Mütter auch Fragen aufwerfen. Auch noch im Nachhinein. Einen Geburtsbericht anzufordern kann Licht ins Dunkel bringen und helfen, seelische Wunden heilen zu lassen.

Mütter haben nach der Geburt die Möglichkeit, beim Krankenhaus einen detaillierten Geburtsbericht anzufordern. © Foto: Getty Images
Mütter haben nach der Geburt die Möglichkeit, beim Krankenhaus einen detaillierten Geburtsbericht anzufordern.

Kaum ein Erlebnis ist so prägend wie die Geburt des eigenen Kindes. Viele Bilder sind noch glasklar in der Erinnerung abgespeichert: Der erste Blick in das Gesicht dieses kleinen Wesens. Dieser unverwechselbare Duft. Diese unglaublich feinen Babyhärchen. Aber klar, auch die ersten Wehen. Und die letzten Wehen. Der Blasensprung. Selbst das Wetter am Tag der Geburt ... all das können viele Mütter meist sehr detailliert wiedergeben. Und doch legt sich über die Geburt ein gewisser Schleier des Vergessens. Einiges wird nicht mehr erinnert. Oftmals die medizinischen Details. Hier kann ein Geburtsbericht Klarheit bringen. 

Wofür braucht man einen Bericht der Geburt?

Einige Mamas sind einfach neugierig. Sie möchten genau wissen, wie ihre Geburt abgelaufen ist. Von A bis Z. Oder sie möchten einfach ihre Gedächtnislücken füllen.

Für andere Mütter gibt es ernstere Gründe, einen Geburtsbericht anzufordern: 

  • Sie versuchen ein Geburtstrauma zu verarbeiten.
  • Die Geburt verlief als Kaiserschnitt (unter Vollnarkose).
  • Schmerzmittel oder andere Medikamente wurden verabreicht und vernebeln die Erinnerung.
  • Das Baby leidet nach der Geburt, ist vielleicht sogar traumatisiert.
  • Eine weitere Geburt steht an. 

Welche Infos enthält ein Geburtsbericht?

Sobald eine Schwangere in ihrer Klinik ankommt, wird von den Ärzten und Hebammen in einem Geburtsbericht dokumentiert, was nachfolgend passiert. In diesem Dokument werden unter anderem folgende Informationen festgehalten:

  • Zeitlicher Ablauf der Geburt
  • CTGs über die Wehentätigkeit der Schwangeren und die Herzschläge des Babys
  • Ergebnisse zu allen vaginalen Untersuchungen
  • Lageveränderungen
  • Ultraschall- bzw. allgemeine Untersuchungsergebnisse
  • Verabreichte Medikamente
  • medizinische Eingriffe der Ärzte und Hebammen
  • Geburtspositionen
  • Ggf. Gespräche zwischen Ärzten, Hebammen, der Gebärenden und dem Partner

Wie kann man einen Geburtsbericht anfordern?

Aus Datenschutzgründen dürfen Kliniken die Unterlagen nicht einfach so herausgeben. Ihr müsst euch also immer ausweisen, um die vertraulichen Dokumente zu bekommen. Anrufen alleine genügt also nicht, am besten fordert ihr den Bericht schriftlich an und legt eine Kopie eures Personalausweises dazu.

Wichtig: Es sollte unbedingt nach dem "Geburtsjournal" oder der "Patientenakte" gefragt werden – mit dem Hinweis, Einblick in die "vollständigen Behandlungsunterhaltungen" zu erhalten. Dann erhaltet ihr den kompletten Geburtsverlaufsbericht inklusive aller Details. 

Wie lange die Bearbeitung dauert, kann von Klinik zu Klinik unterschiedlich sein und hängt unter anderem auch davon ab, wie lange die Geburt schon her ist und ob die Krankenakte digitalisiert vorliegt. Manche Kliniken brauchen einige Wochen, bis der Bericht verschickt wird. Andere sind wesentlich schneller. Es besteht auch die Möglichkeit, den Bericht persönlich zu besprechen – in der Klinik, gemeinsam mit einem Arzt oder einer Hebamme. Nachfragen lohnt sich also.

Gut zu wissen: Alle Hebammen sind dazu verpflichtet, einen Geburtsbericht zu schreiben. Auch bei einer Hausgeburt oder in einem Geburtshaus!

Warum wollen manche Kliniken die Unterlagen nicht herausgeben?

In Foren liest man immer wieder, dass einige Mütter Schwierigkeiten hatten, ihren Geburtsbericht ausgehändigt zu bekommen. Es wird gemutmaßt, dass Krankenhäuser sich vor Klagen und Schadensersatzforderungen sorgen, die ein Geburtsbericht nach sich ziehen könnte. Doch lasst euch davon nicht verunsichern! Jede Frau hat nach ihrer Geburt ein Anrecht auf einen detaillierten Einblick in ihre Patientenakte. Das bestätigt auch das Bürgerliche Gesetzbuch laut Paragraph §630. Auf das Original hat die Patientin zwar keinen Anspruch, aber auf Kopien. Dafür können gegebenenfalls Kosten anfallen. Denn: Tatsächlich dürfen Kliniken die Porto- und Bearbeitungsgebühren an die Patientin weiterleiten. Längst nicht alle Kliniken tun dies auch, aber man sollte lieber damit rechnen. Aber keine Sorge: Es kommen keine Unsummen auf euch zu ...

Muster zum Anfordern des Berichts

Solltest ihr eine schriftliche Anfrage stellen wollen, wie es von den meisten Krankenhäusern gewünscht wird, könnt ihr euch zum Beispiel an dieser Vorlage orientieren. Diese Nachfrage kann in der Regel auch per E-Mail verschickt werden.

Gibt es eine Frist? Wie lange ist es möglich, einen solchen Bericht anzufordern?

Die Archivierungsfrist in Deutschland beträgt 30 Jahre für stationäre Unterlagen – so lange habt ihr theoretisch nach der Geburt Zeit, euren persönlichen Bericht anzufragen. Wenn ihr ambulant entbunden habt, also direkt nach der Geburt das Krankenhaus verlassen habt, muss die Klinik eure Unterlagen zehn Jahre aufbewahren. 

Wichtig: Das solltet ihr unbedingt bedenken!

Unter Umständen kann der Geburtsbericht versteckte Traumata aufleben lassen oder sogar Informationen darlegen, die die Mutter auch noch im Nachgang stark aufwühlen, sogar schockieren könnten. Ein Geburtsbericht sollte gelesen werden, wenn man sich entweder in seelisch gesunder Verfassung befindet oder mit therapeutischer Unterstützung. Auch die Wochenbetthebamme kann hier zur Seite stehen, nicht zuletzt um fachspezifische Begriffe zu erklären. Nichts wäre schlimmer, als wenn eine ohnehin traumatisierte Mama nach dem Lesen ihrer Geburtsgeschichte noch aufgewühlter wäre als vorher.

Fazit: Meine persönliche Erfahrung

Ich habe zwei Geburten in zwei unterschiedlichen Krankenhäusern erlebt. Beide Kliniken zeigten sich äußerst unkompliziert beim Verschicken der Geburtsberichte. Beide wollten nur eine formlose E-Mail mit meinem Namen, Geburtsdatum und Adresse und forderten keine Kostenerstattung. Nach ein paar Tagen lagen die Geburtsberichte auf meinem Tisch – und ich habe sie tatsächlich mit großem Interesse gelesen. Viele Erinnerungen kamen zurück. Einiges war mir völlig neu. Nun kann ich mich glücklich schätzen, unter keinerlei Traumata zu leiden – auch wenn beide Geburten mit einigen Besonderheiten einhergingen (zwei Blasensprünge, ein kleiner Sternengucker, eine spontane Zwillingsgeburt ...).

Mütter, die unter den Erinnerungen an ihre Geburt leiden, würde ich auf jeden Fall zur Vorsicht raten und den Bericht am besten gemeinsam mit einer Vertrauensperson lesen und aufarbeiten. Dann kann er aber sicher auch eine Chance auf eine echte Verarbeitung sein.

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