Im Detail

Impfreaktionen beim Baby – eine Kinderärztin klärt auf

Was genau ist eine Impfreaktion? Wie begleitet ihr sie als Eltern bei eurem Baby? Und ab wann muss man zum Arzt? Dr. Catharina Amarell klärt auf. 

Ein Baby wird in den Oberschenkel geimpft.© iStock/Smederevac
Der erste Pieks kann beim Baby eine Impfreaktion hervorrufen. 

Impfungen sind nicht nebenwirkungsfrei 

Moderne Impfungen sind in der Regel gut verträglich und nach derzeitigem Wissensstand der beste und größtmögliche Schutz vor bestimmten Infektionserkrankungen. Als Eltern solltet ihr euch sorgfältig über die empfohlenen Impfungen, ihren Nutzen und auch die Risiken informieren. Der Kinderarzt oder die Kinderärztin ist hier eure erste Anlaufstelle, aber auch auf der Website des Robert Koch-Instituts (RKI) oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.impfen-info.de) findet ihr diese Informationen. Die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen sind nicht nebenwirkungsfrei, aber die zu erwartenden Nebenwirkungen sind deutlich geringer als die Schäden, die durch die Krankheiten entstehen können, vor denen sie schützen.

Mögliche Impfreaktionen bei Babys und ihre Wahrscheinlichkeit

Relativ häufig (20 %) kommt es zu leichten lokalen Impfreaktionen wie Rötung, Schwellung und Überwärmung. Diese sind harmlos und zeigen die Reaktion des Körpers auf den Impfstoff an. Auch Lymphknoten in der Nähe der Impfstelle können geschwollen sein.

Gelegentlich (7–10 %, bei einzelnen Impfungen wie z.B. gegen Meningokokken B sogar 60–80 %) kommt es auch zu Allgemeinsymptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Unleidlichkeit, Unruhe, Trinkunlust oder Fieber. Bei Totimpfstoffen können diese bereits wenige Stunden nach der Impfung bis zu 72 Stunden später auftreten, bei Lebendimpfstoffen (z.B. gegen Masern) dagegen erst nach fünf bis zehn Tagen.

Selten (1 %) kommt es zu einer örtlichen Verhärtung des Gewebes unter der Haut an der Impfstelle (ein sogenanntes Impfgranulom). Hierbei handelt es sich um eine Reaktion des Körpers auf Lösungsmittelzusätze im Impfstoff. Dies kann Wochen bis Monate bestehen bleiben und bildet sich spontan zurück.

Extrem selten (Promille-Bereich) sind Impfkomplikationen und Impfschäden. Möglich sind: Verletzungen der Blutgefäße und Nerven, anhaltende Missempfindungen, Narben, Abszesse, allergische Reaktionen, Erkrankungen des Nervensystems (Nervenentzündungen, Lähmungen, Krampfanfälle). Diese Komplikationen sind seit 1987 in Deutschland meldepflichtig. 

Kommt es bei eurem Baby zu anderen Reaktionen oder Beschwerden nach einer Impfung, solltet ihr das immer mit eurer Kinderärztin oder eurem Kinderarzt besprechen.

Wie kann man Impfreaktionen vorbeugen und behandeln? 

  • Bereitet euch und euer Kind auf die Impfung vor. Gerade die erste Impfung unserer Babys mit zwei Monaten belastet viele Eltern sehr. Wir sehen unser Baby weinen und wollen nicht, dass es Schmerzen erlebt. Mir ging es als Mutter nicht anders. Aber macht euch bewusst, dass ihr wisst, warum diese Impfung wichtig ist. Begleitet euer Kind liebevoll und voller Zuversicht. Wenn ihr ängstlich seid und hadert, spürt das euer Kind und wird womöglich auch unsicher.
  • Die Impfung im ersten Lebensjahr erfolgt in die Oberschenkelmuskulatur. Zieht euer Baby so an, dass ihr es einfach aus- und nach der Impfung rasch wieder anziehen könnt.
  • Nehmt euer Kind zum Impfen auf den Schoß, so gebt ihr ihm Sicherheit und seid ganz nah bei ihm.
  • Plant am Tag der Impfung viel Zeit ein und nehmt euch anschließend keine Ausflüge, Erledigungen, Besuche vor. Die erste Impfung ist für euer Baby meist das erste "Schmerzerlebnis". Daher ist es so wichtig, dass es merkt, dass ihr da seid, um es zu halten und zu stärken. Euer Baby benötigt wahrscheinlich viel Kuschelzeit und Nähe an diesem Tag. Eine Trage kann dann Gold wert sein.
  • Bietet eurem Baby nach der Impfung häufiger Flüssigkeit an, also Mutter- oder Flaschenmilch (Vorsicht: Nach der Rotavirus-Impfung soll eine Stunde davor und danach wegen einer möglichen Abschwächung der Impfantwort nicht gestillt werden) und nach der Beikosteinführung Wasser.
  • Bei Rötung oder Schwellung der Impfstellen:
    Kühle Auflagen, ggf. mit Zusatz von einigen Spritzern Essig (zusätzlich kühlend) oder Arnika-Essenz (1:10 verdünnt).
    Alternativ Quarkauflagen: kühlen Quark auf ein Küchentuch auftragen, in ein Stofftaschentuch einschlagen und auf die Impfstelle auflegen.
    Ihr könnt natürlich auch ein Coolpack nutzen, allerdings nicht aus dem Gefrier-, nur aus dem Kühlschrank, wegen der Erfrierungsgefahr für die Haut.

Fieber als Impfreaktion 

  • Entscheidend ist dabei immer, wie es eurem Kind geht. Entscheidet je nach Allgemeinzustand, ob ihr das Fieber senken "müsst"; es gibt hier keine pauschale Temperaturgrenze, ab der ihr das tun solltet .
  • Je nach Alter sind folgende Anwendungen hilfreich: lauwarme Waschungen, Pulswickel, Tuina (chinesische Massageform).
  • Bei Schmerzen, starker Unruhe, Unwohlsein, Trinkverweigerung und wenn die oben genannten Mittel keine Linderung bringen, könnt ihr Paracetamol oder Ibuprofenin altersentsprechender Dosierung geben.
  • Prophylaktisch (also z.B. direkt nach der Impfung) solltet ihr diese Mittel aber nicht anwenden. Es hat sich gezeigt, dass für einzelne Komponenten der Pneumokokken- und Sechsfach-Impfung die Impfantwort (Bildung von Antikörpern und Immunzellen) schwächer ausfallen kann, was ggf. Auswirkungen auf die Schutzwirkung haben kann (ist nicht bewiesen).

Schmerzen beim Impfen gering halten

Auch wenn es nicht ohne den Piks geht – wir sollten gerade bei Impfungen alles dafür tun, um die Schmerzen unseres Kindes möglichst gering zu halten. Denn gerade diese kleinen, augenscheinlich "banalen" Eingriffe wie Impfungen und Blutabnahmen haben einen bleibenden Effekt auf unser Schmerzgedächtnis. Wie unsere Kinder schmerzhafte kleine Eingriffe erleben und empfinden, beeinflusst ihr Schmerzempfinden langfristig. Um die Schmerzen beim Impfen im ersten Lebensjahr zu lindern, gibt es einige Tipps und Tricks: 

  1. Gebt eurem Baby beim Impfen gern die Brust, das Fläschchen oder einen Schnuller, denn Nuckeln hat einen schmerzlindernden Effekt.
  2. Auch die Gabe einiger Tropfen Glukoselösung (25-prozentiger) hat erwiesenermaßen einen schmerzstillenden Effekt.
  3. Nähe und Berührung: Nehmt euer Kind während des Pikses auf den Schoß und streichelt es, wenn ihr mögt, sanft (und zwar in der Geschwindigkeit von drei Zentimeter pro Sekunde): Die Schmerzaktivität im Gehirn sinkt dadurch erwiesenermaßen um 40 Prozent
  4. Lenkt euer Kind ab: Auch wenn es banal erscheint – damit reduziert ihr Schmerzen deutlich, Schmerzreize werden so bereits im Rückenmark abgeschwächt. Beispiele können sein: Glitzerstäbe, Seifenblasen, Licht, Musikbücher ... Videos auf Handy oder Tablet können zwar auch gut funktionieren, empfehle ich euch aber in diesem Alter noch nicht
  5. Die Kraft der Worte: Nutzt eine angstmindernde, positive Sprache und vermeidet angstauslösende Worte wie "Stich", "Schmerz", "wehtun". Bleibt dabei aber immer ehrlich ("Das tut gar nicht weh" stimmt leider nicht.).
  6. Bereitet (euer älteres Kind) zu Hause immer schon auf eine anstehende Impfung vor.

Wann muss man mit einer Impfreaktion mit dem Baby zur Kinderärztin?

  • Wenn euer Kind nach einer Impfung in einem schlechten Allgemeinzustand ist, das Trinken verweigert oder schrill schreit.
  • Wenn Fieber auch noch länger als drei Tage nach der Impfung anhält.
  • Bei einem Fieberkrampf: Notarzt (112) rufen!
  • Wenn ihr kein gutes Gefühl habt oder in eine Situation geratet, in der ihr nicht weiterwisst oder unsicher seid.

Zum Weiterlesen: Unser neues Buch

Dr. Catharina Amarell ist selbst Mutter und gibt in ihrem neuen Buch "So bleibt dein Baby gesund. Was Kinder im ersten Lebensjahr stärkt – und welche Haus- und Heilmittel ihnen helfen" wertvolles Wissen und spannende Praxiserfahrungen weiter. Gerade auch im Hinblick darauf, wie unser Baby NATÜRLICH gesund bleibt und wie wir es bei Beschwerden bestmöglich unterstützen.