Familienleben

Nesteltern: "Für unser Lebensmodell bekommen wir viele verwirrte Blicke"

Beim Nestmodell bleiben die Kinder in ihrem gewohnten Zuhause, die Eltern leben abwechselnd dort. Doch kann diese Lösung wirklich funktionieren? Eine Familie erzählt ...

Gebrochenes Ei im Nest© iStock/C_FOR
Das Nestmodell kann nach einer Trennung eine gute Lösung für Familien sein.

Wenn die Eltern sich trennen, bedeutet das für Kinder – neben vielen anderen Veränderungen – vor allem auch: neue Wohnorte. Ein Pendeln zwischen Mama und Papa. Aber es geht auch anders: mit dem Nestmodell. Nicht die Kinder packen ihre Sachen und wechseln zwischen zwei Wohnungen hin und her, sondern die Eltern pendeln. In der einen Woche ist der Papa im Haus, macht Frühstück, hilft bei den Hausaufgaben, liest Gute-Nacht-Geschichten vor. Am Ende der Woche geht er in seine Wohnung zurück, und Mama kommt.

Im Familienrecht spricht man vom Nestmodell, da die Eltern sich verhalten wie Vögel, die abwechselnd zum Nest fliegen, um ihre Küken zu füttern. Es klingt so einfach und so gut, doch Familien, die dieses Modell praktizieren, findet man kaum.

Nestmodell ist eher ungewöhnlich

Die beiden US-Journalisten Anna Whitehouse und Matt Farquharson gehen diesen Weg und teilen offen, was dieser eher ungewöhnliche Ansatz für ihre Familie bedeutet. Als sich das Paar nach 17 Jahren trennte, entschieden sich Anna und Matt, es mit dem Nestmodell zu versuchen. "Nach der Trennung haben wir beschlossen, 'Nesteltern' zu werden", erklärt sie bei Instagram. Heißt konkret: Die Kinder leben weiterhin im Familienhaus, abwechselnd mit Mama oder Papa, und am Sonntag treffen sich alle zum Familienessen. "Wir haben definitiv verwirrte Blicke bekommen, wenn wir unsere Situation erklärt haben", so die Moderatorin und Podcasterin. "Aber es hat bis jetzt wirklich gut funktioniert. Die Zeit wird es zeigen. Aber wir sind hier und alle lächeln irgendwie."

Oftmals wird das Nestmodell für den Übergang nach der Trennung genutzt, bis beide Elternteile ihr neues Leben geordnet haben. Schließlich ist die Logistik, die dahintersteckt, meist nicht ganz unkompliziert. In der Regel müssen auch drei Wohnsitze unterhalten werden: je ein Zuhause für Mutter und Vater und das gemeinsame Nest. Ob es bei Anna Whitehouse und Matt Farquharson wirklich auf Dauer funktionieren wird, wird die Zeit zeigen. Dennoch ist ihr Modell eine Inspiration für ihre Follower: "Ich finde, das ist eine tolle Idee", "Ich habe mich oft gefragt, warum die Kinder, die am verletzlichsten sind, den ganzen Stress des Umzugs ertragen müssen", "Wie erfrischend, zwei Erwachsene zu sehen, bei denen trotz Trennung die Kinder die oberste Priorität haben", heißt es in den Kommentaren.

Was ist das Nestmodell?

Das Nestmodell im Familienrecht ist eine Form der gemeinsamen elterlichen Sorge nach einer Trennung oder Scheidung. Bei diesem Modell behalten die Kinder ihren gewohnten Lebensmittelpunkt in einem gemeinsamen Zuhause, während sich die Eltern abwechselnd dort aufhalten. Die Eltern haben jeweils eine eigene Wohnung, in der sie sich während der Zeiten, in denen sie nicht bei den Kindern sind, leben. Das Nestmodell ermöglicht es den Kindern, in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben und minimiert die Auswirkungen der Trennung auf ihr tägliches Leben. Es erfordert jedoch eine gute Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern, da sie weiterhin eng zusammenarbeiten müssen, um das Modell erfolgreich umzusetzen.

Vorteile des Nestmodells

  1. Stabilität und Sicherheit: Das Nestmodell minimiert die Auswirkungen der Trennung oder Scheidung auf die Kinder, da sie nicht den Verlust eines Elternteils oder ihres gewohnten Zuhauses erleben. Sie haben weiterhin regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen und können eine enge Beziehung zu beiden aufrechterhalten.
  2. Bessere Kommunikation zwischen den Eltern: Das Nestmodell erfordert eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Eltern, da sie sich regelmäßig abwechseln müssen. Dies kann dazu führen, dass die Eltern effektiver miteinander kommunizieren und sich besser auf die Bedürfnisse der Kinder konzentrieren.
  3. Flexibilität für die Eltern: Das Nestmodell ermöglicht es den Eltern, ihre Zeit mit den Kindern besser zu planen und ihre eigenen Bedürfnisse und Verpflichtungen zu erfüllen. Sie können ihre Zeit außerhalb des Nestes nutzen, um sich zu erholen, zu arbeiten oder soziale Aktivitäten zu unternehmen, ohne dass dies die Zeit mit den Kindern beeinträchtigt.
  4. Reduzierte finanzielle Belastung: Das Nestmodell kann auch finanzielle Vorteile haben, da die Eltern möglicherweise keine zusätzlichen Wohnkosten für separate Wohnungen haben. Dies kann dazu beitragen, die finanzielle Belastung nach einer Trennung oder Scheidung zu verringern.

Nachteile des Nestmodells

  1. Konfliktpotenzial: Obwohl das Nestmodell eine gute Kommunikation zwischen den Eltern fördern kann, kann es auch zu Konflikten und Schwierigkeiten führen. Die Eltern müssen in der Lage sein, effektiv zu kommunizieren und Entscheidungen über den Wohnort und den Zeitplan zu treffen. Wenn die Eltern Schwierigkeiten haben, miteinander zu kooperieren, kann das Nestmodell zu zusätzlichem Stress und Konflikten führen.
  2. Schwierige Übergänge: Das Nestmodell erfordert, dass die Kinder regelmäßig zwischen den Eltern wechseln. Dies kann für einige Kinder schwierig sein, insbesondere wenn sie sich an unterschiedliche Regeln und Routinen anpassen müssen. Die ständigen Übergänge können auch zu emotionaler Belastung führen.
  3. Begrenzte langfristige Lösung: Das Nestmodell ist oft als vorübergehende Lösung gedacht, um den Kindern Zeit zu geben, sich an die Trennung oder Scheidung anzupassen. Es kann jedoch schwierig sein, das Nestmodell auf lange Sicht aufrechtzuerhalten, insbesondere wenn die Eltern neue Partner haben oder ihre eigenen Leben weiterentwickeln möchten.
  4. Hohe Kosten: Das Nestmodell erfordert, dass die Eltern zusätzlichen Wohnraum bereitstellen, sei es durch den Erhalt einer gemeinsamen Wohnung oder durch separate Wohnungen. Dies kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen, insbesondere wenn die Eltern bereits mit den Kosten der Trennung oder Scheidung konfrontiert sind.