Neue Lebensphase meistern

Übergang von der Kita zur Grundschule – so gelingt er kinderleicht

Gestern die alten Hasen im Kindergarten, heute die Zwerge auf dem Pausenhof – für die rund 800.000 Abc-Schützen, die jetzt eingeschult werden, beginnt eine aufregende Zeit. Unsere Expertin ist selbst Mama von zwei Grundschulkids – und hat Tipps, wie der Sprung von der Kita in die Schule stressfrei gelingt.

Erstklässlerin arbeitet im Heft.© Pexels/Mikhail Nilov
Der Übergang von Kita zu Grundschule ist ein ganz besonderer Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes. 

Die riesengroße Schultüte fest im Arm, das Zahnlückenlächeln voller nervöser Zuversicht – Erstklässler, deren Gesichter vor Vorfreude und Aufregung leuchten. Für viele von uns gehören die Fotos vom ersten Schultag zu den wertvollsten Erinnerungen. Die Einschulung markiert eine der ersten großen Wendungen im Leben. Klar, dass wir beim Schulstart unserer eigenen Kinder alles richtig machen wollen. Doch was brauchen i-Dötzchen, um in ihrem neuen Lebensabschnitt anzukommen?

Der Übergang ist anfangs ganz schön fordernd

Der Start in die Schule ist für viele Kinder ein großer Sprung. "Neue Menschen, viele Eindrücke, unbekannte Regeln – das ist wahnsinnig spannend, aber auch anstrengend", erklärt Familiencoach Julia Mensing aus Niederkrüchten (NRW). "Kinder müssen erst mal ihren Platz in der Gruppe finden. Das ist viel dynamischer als in der Kita."

Die festen Bezugspersonen werden weniger, der Schulweg neu, das Umfeld ungewohnt – das Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Kein Wunder also, dass die Kinder nach den ersten Tagen oft erschöpft sind. Sie wirken überdreht, wütend oder klammern stark – all das sind normale Reaktionen. "Eltern sind schnell verunsichert", weiß die Expertin. "Aber wenn man sich an die erste Woche im neuen Job erinnert, versteht man sofort, wie fordernd diese Umstellung ist."

Rituale und Entspannung geben Sicherheit in der neuen Situation

Der Schlüssel für einen gelungenen Start ist vor allem eines: emotionale Sicherheit. Kinder brauchen Präsenz, echte Zuwendung und Eltern, die gelassen und zugewandt bleiben. Wer morgens in Eile gerät, sollte versuchen, durch Planung Stress zu vermeiden. "Ich empfehle Familien kleine Abendmeetings", sagt Julia Mensing. "Dort kann man besprechen, wer morgens was übernimmt – so startet man entspannter in den Tag." Nachmittags gilt: nicht zu viel Programm. "Einfach da sein, zuhören, kuscheln, das hilft mehr als alle Freizeitangebote." Kleine Rituale wie ein Abendspaziergang oder eine kurze Gesprächsrunde sorgen zusätzlich für Orientierung und Nähe.

Die allermeisten Kinder freuen sich auf den ersten Schultag – und natürlich wollen viele Eltern diesen besonderen Anlass gebührend feiern. Aber bitte nicht übertreiben! Ein zu voller Zeitplan mit Torte, Luftballons und vielen Gästen kann Kinder schnell überfordern. "Nach der offiziellen Feier reicht oft ein ruhiges Essen mit der Familie", sagt die Expertin. "Viele Kinder sind dann müde, reizüberflutet und brauchen einfach nur Ruhe. Spätestens am nächsten Montag beginnt schließlich der echte Alltag."

Freundschaften brauchen Zeit

Nicht immer wird der Kita-Kumpel oder die beste Freundin ebenfalls eingeschult und kommt in die gleiche Klasse. Was vielen Eltern dann Sorgen bereitet: Wird mein Kind schnell Freunde finden? Die Antwort lautet: wahrscheinlich ja – aber eben nicht sofort. Freundschaft lässt sich nicht erzwingen. "Kinder brauchen gemeinsame Zeit und Gelegenheit zum Spiel", erklärt Familienberaterin Julia Mensing. Eltern sollten Geduld haben und nicht zu früh eingreifen. Wichtig ist es, dem Kind zu vertrauen – und gegebenenfalls beim ersten Elternabend mit der Lehrkraft ins Gespräch zu kommen.

Als Eltern verlässliche Nähe schenken

Natürlich verläuft nicht bei allen Kindern der Schulstart glatt. Manche haben Schwierigkeiten, sich von den Eltern zu lösen, andere sind nachmittags kaum wiederzuerkennen. Julia Mensing rät, frühzeitig das Gespräch mit der Schule zu suchen, wenn Trennungssituationen belasten. Auch Rituale wie ein Mutstein in der Hosentasche oder ein gemeinsamer Weg zur Schule können helfen. Und dann gibt es Kinder, die auf einmal wieder unselbstständig wirken, sich nicht mehr allein anziehen oder einschlafen wollen. Für die Expertin kein Grund zur Sorge: "Das ist kein Rückschritt, sondern ein Zeichen, dass sie sich emotional gut angebunden fühlen. Nähe ist jetzt das Wichtigste – dann kommt der nächste Entwicklungsschritt von allein."

So viel Neues ist auch für Mütter und Väter herausfordernd. Sie erleben den Moment der Einschulung oft sehr emotional – ein Loslassen, das sich nicht immer leicht anfühlt. Deshalb ist auch Selbstfürsorge wichtig. "Wenn Eltern für sich gut sorgen, können sie ihre Kinder wie ein Leuchtturm begleiten: ruhig, sicher, klar", sagt Familienberaterin Mensing.

In den ersten Wochen gilt also: Tempo rausnehmen, den Kindern Zeit geben, für sich selbst mitfühlend bleiben. Und nicht vergessen, dass dieser neue Lebensabschnitt auch etwas Wunderbares ist. Mit liebevoller Begleitung wird der Schulstart nicht nur geschafft, sondern zu einer kostbaren unvergesslichen Erinnerung.

Unsere Expertin: Julia Mensing ...

... ist Coach und bedürfnisorientierte Familienberaterin am Niederrhein. Als Mama einer Grundschülerin und eines Abc-Schützen weiß sie, wie emotional und herausfordernd der Schulstart sein kann. Mehr Infos: juliamensing.de