
Wenn aus Kindergartenkindern plötzlich Erstklässler werden sollen, sind viele Eltern verunsichert: Eine ganze Schulstunde lang stillsitzen und am Nachmittag Hausaufgaben machen – ist mein Kind wirklich schon bereit dafür?
Vorab sei gesagt: Bei der Schulfähigkeit geht es um weit mehr als nur Lesen, Schreiben und Rechnen. Viel entscheidender ist, dass Kinder emotional stabil und sozial fit sind, dass sie damit klarkommen, wenn sie im Spiel mal verlieren und dass sie sich eine Weile konzentrieren können. Und besonders wichtig: dass sie eine ordentliche Portion Durchhaltevermögen mitbringen. An den folgenden Punkten erkennen Eltern, ob ihr Kind bereit ist für den Schulalltag mit all seinen Freunden und Herausforderungen.
1. Soziale Kompetenzen
In der Schule muss sich das Kind in einer größeren Klasse zurechtfinden. Wichtig dabei:
- Regeln beachten: Kinder sollten einfache Regeln verstehen und befolgen können, z. B. sich melden, warten, bis sie an der Reihe sind, oder aufmerksam zuhören.
- Kooperationsfähigkeit: Gemeinsames Spielen und Arbeiten mit anderen, Kompromisse schließen und sich in eine Gruppe integrieren sind essenziell.
- Konfliktfähigkeit: Streitigkeiten ohne Gewalt lösen, sich verbal ausdrücken und die Perspektive anderer einnehmen sind wichtige Fähigkeiten.
- Empathie: Sich in andere hineinversetzen und deren Gefühle wahrnehmen und respektieren.
2. Selbstständigkeit
Schule bedeutet auch, ein Stück weit auf eigenen Beinen zu stehen. Dazu gehört:
- Selbstständiges An- und Ausziehen: Schuhe binden, Jacke schließen und sich für den Sportunterricht umziehen.
- Eigenverantwortung: Aufgaben übernehmen, Materialien ordnen und auf seine Sachen achten.
- Selbstbehauptung: Eigene Bedürfnisse äußern und sich bei Bedarf Hilfe holen.
3. Kognitive Fähigkeiten
Die Grundlage für das Lernen in der Schule wird in der Kita gelegt:
- Sprachliche Fähigkeiten: Ein großer Wortschatz, das Bilden von korrekten Sätzen und das Verstehen von Anweisungen sind entscheidend.
- Konzentrationsfähigkeit: Eine gewisse Zeit lang aufmerksam bleiben, sich auf eine Aufgabe fokussieren und sich nicht leicht ablenken lassen.
- Merkfähigkeit: Sich Dinge merken, wiederholen und abrufen können.
- Logisches Denken: Zusammenhänge erkennen, sortieren, ordnen und einfache Probleme lösen.
4. Motorische Fähigkeiten
Auch die körperliche Entwicklung spielt eine Rolle:
- Grobmotorik: Rennen, springen, klettern und Ballspielen.
- Feinmotorik: Schneiden, malen, kneten, und Hantieren mit Stiften.
5. Emotionale Reife
Ein stabiles emotionales Fundament hilft Kindern, mit den Herausforderungen der Schule umzugehen:
- Frustrationstoleranz: Mit Enttäuschungen umgehen und nicht sofort aufgeben.
- Selbstvertrauen: An sich selbst glauben und sich zutrauen, neue Dinge zu lernen.
- Gefühle ausdrücken: Eigene Emotionen benennen und angemessen äußern.
Was können Eltern tun?
Die Kita leistet einen wichtigen Beitrag, aber auch Eltern können die Entwicklung ihres Kindes unterstützen:
- Sprache fördern: Viel mit dem Kind sprechen, vorlesen und Geschichten erzählen.
- Selbstständigkeit üben: Das Kind Aufgaben übernehmen lassen und es ermutigen, Dinge selbst zu tun.
- Soziale Kontakte ermöglichen: Spielverabredungen und Aktivitäten mit anderen Kindern fördern.
- Bewegung ermöglichen: Draußen spielen und sich austoben lassen.
- Gefühle begleiten: Dem Kind helfen, seine Gefühle zu verstehen und auszudrücken.
Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Es gibt nicht "die eine" Liste, die jedes Kind perfekt erfüllen muss. Der Spaß am Lernen und Neugierde sind mindestens genauso wichtig wie eine perfekte Stifthaltung.
Wenn Eltern sich unsicher sind, ob ihr Kind schulreif ist, ist es sinnvoll, das Gespräch mit den Erziehern in der Kita zu suchen. Auch die Schuleingangsuntersuchung und die U9 beim Kinderarzt geben Aufschluss.