Die Rolle des Vaters

Das macht eine sichere Vater-Kind-Bindung aus

Bonding ist auch Männersache: Der Aufbau einer engen Vater-Kind-Beziehung stärkt nicht nur ihr zwischenmenschliches Verhältnis, sondern dient auch als wichtiges Fundament für die kindliche Entwicklung. Doch die Vater-Kind-Bindung ist kein Selbstgänger. Was Väter dafür tun können...

Vater und Sohn beim gemeinsamen Backen.© Foto: Getty Images
Vater und Sohn beim gemeinsamen Backen.

Der Papa ist so wichtig

Es nicht nur Mama, die durch das Erlebnis von Schwangerschaft und Geburt eine tiefe Bindung zum Kind aufbauen kann. Tatsache ist, dass auch werdende Väter biologische und hormonelle Veränderungen durchmachen. Im Vergleich zur Mama setzt das Bonding meist etwas später ein und kann auch länger dauern. Wenn Papa es zulässt, ist die Beziehung jedoch von gleicher Intensität: Das Hormon Oxytocin sorgt bei beiden Elternteilen für den Zustand bedingungsloser Liebe zum Nachwuchs.

Vater-Kind-Beziehung – das musst du wissen

Die Bindung zwischen Vater und Kind beginnt bereits mit der Geburt. Dabei ist das hilflose Kleine auf Schutz und Aktivität des Vaters angewiesen. Wichtig ist, dass er prompt, angemessen und zuverlässig die kindlichen Bedürfnisse befriedigt und Nähe vermittelt. Tipp: Einen gefühlsbetonten Vater empfindet das Baby als hilfsbereiten Tröster, der immer da ist.

Für den Aufbau einer sicheren Vater-Kind-Beziehung steht die Qualität der Interaktionen über der Quantität. Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit sind die Voraussetzungen, damit das Kind Vertrauen aufbaut. Ein ambivalentes Verhalten des Vaters hingegen kann beim Kind zu einem Schutzmechanismus und einer unsicheren Bindung führen.

Für die Bindungsforscher Mary Ainsworth (USA) und Bowlby (GB) sind fünf Voraussetzungen für eine enge Vater-Kind-Bindung ausschlaggebend:

1. Der Vater ist für das Kind erreichbar – zeitlich, physisch und emotional 

2. Papa reagiert sofort und zuverlässig auf die Signale des Kindes 

3. Das Kind findet bei Papa stets Trost, Sicherheit und Geborgenheit

4. Gegenseitige Wertschätzung fördert die Vater-Kind-Bindung

5. Papa hält dem Kind gegenüber Nähe und Distanz in Balance

 

Aufbau einer stabilen Bindung

Eine einmal aufgebaute Bindung bleibt stabil. Jedoch kann sich ihre Bedeutung verändern, etwa wenn das Kind beim Vater aufwächst. Je mehr Personen im Alltag des Kindes wichtig werden, desto weniger zentral wird die Bindung zu den Eltern. 

Ein Vater muss für eine gute Beziehung nicht die bessere Mutter werden. Psychologin Karin Grossmann zufolge sind weibliche und männliche Beziehungslager gleichwertig und können sich gut ergänzen. Entscheidend ist, dass Mama und Papa dem Kind von Anfang an ein grundsätzliches Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermitteln.

Allerdings ist die Art der Bindung geschlechterspezifisch: Während die Mutter das Kind tröstet, interagiert der Vater spielerisch-explorativ. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass sich eine von Beginn an enge Vater-Kind-Bindung positiv auf Gesundheit und Entwicklung des Kindes auswirkt. Wer eine solche Bindung erlebt, kann später auch selbst besser eine starke Beziehung zu einem Partner aufbauen. 

Viele gemeinsame Zeit und Rituale helfen beim Bonding. Das kann Papa tun, um diese Bindung zu stärken:

- Vorlesen und singen

Schon kleine Kinder lieben es, wenn Papa abends am Bettchen Geschichten vorliest oder -singt. Beides fördert übrigens auch die Sprachentwicklung.

- Baden und planschen

Mit Papa, dem Eimer und den Badetierchen wird das Waschen und Spielen in der Wanne zum großen Spaß.

- Wickeln und berühren

Auch das Windelwechseln sollte Papa so oft es geht übernehmen. Der hautnahe Kontakt, Berührungen und sanfte Babymassagen stärken das Band.

- Füttern und tragen

Reine Herzenssache: das Kind auf dem Arm halten und Fläschchen geben. Unterwegs das Kleine am besten im Tragesitz oder -tuch nah am Körper tragen. 

- Bewegen und toben

Turnen, balgen, toben – zusammen mit Papa ein echtes Vergnügen. Motorik und Vertrauen werden gefördert und das Kind lernt, dass Papa es auffängt.

Die tragende Rolle des Vaters

© Foto: Getty Images
Der Vater nimmt eine "tragende Rolle" ein.

Der feinfühlige Umgang beim Spielen Kind fördert die Bindung zwischen Vater und Kind. Sie liegt in der kognitiven und sozialen Herausforderung, das Kleine nicht zu unter- oder überfordern. Der Vater befriedigt emotionale Bedürfnisse nach Unterstützung, Ermutigung, Trost oder Beruhigung. 

Um die Bindung aus Wärme, Verständnis und Anerkennung aktiv zu fördern, ist hautnaher Körperkontakt wichtig. Erwiesen ist, dass die "tragende Rolle" positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes hat. Um die Männerrolle anzunehmen, sollten Männer frühzeitig von der Hebamme einbezogen werden, das Kind zu halten, zu tragen und mit Berührungen zu verwöhnen. 

Auch die körperliche Überlegenheit des Vaters spielt eine zentrale Rolle. Das Toben und Raufen, in der Luft gewirbelt werden oder sicher gehalten zu balancieren geht am besten mit dem starken Vater. Solche Erlebnisse fördern auf spielerische Weise das Selbstbewusstsein.

Papa fördert die Autonomie

Eine gute Beziehung zwischen Mann und Frau fördert die Eltern-Kind-Bindung. Während Mama verstärkt für Ruhe und Verlässlichkeit sorgt, in Gefühlsfragen und für soziale Themen zuständig ist, bevorzugt Papa die körperorientierten Aktivitäten. Die weibliche Fürsorge ist auf Verantwortung, die männliche auf Eigenständigkeit spezialisiert. 

Die andersartige Sichtweise des Vaters auf die Dinge bietet dem Kind Sicherheit und entlastet gestresste Mütter. Längst ist wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder engagierter Väter selbstbewusster, einfühlsamer und intelligenter sind. 

Väter öffnen den Weg

In der "Triangulierungsphase" vom ersten bis dritten Lebensjahr löst sich das Kind mit Unterstützung des Vaters aus der frühen Symbiose mit der Mutter. Papas Aufgabe ist naturgemäß, das Kind aktiv an seine Umwelt heranzuführen und mit der Gesellschaft zu konfrontieren. Er ermutigt den Nachwuchs, energischer als Mama, in seinen ersten Schritten in die Welt.

Elternzeit – Vaterzeit

Je mehr Zeit mit dem Kind, desto intensiver das Bonding. Immer mehr Väter gehen in Elternzeit: aktuell 35,9 Prozent im Vergleich zu 20,8 Prozent im Jahr 2008. Im Schnitt beziehen sie 3,7 Monate Elterngeld (Mütter im Vergleich 13 Monate). Auch, wenn sich viel getan hat, ist es noch immer keine Normalität für Väter, Familie und Beruf zu vereinen.

Vater-Sohn-Beziehung

Der Vater ist erstes Vorbild und Identifikationsfigur für den Sohn. Nachdem der Junge viel von seinem Vater gelernt und sich von der Mutter gelöst hat, verhilft Papa ihm in der Pubertät zur eigenen männlichen Identität. Da es wilder zugeht, bevorzugen Jungen nun Papa als Spielkameraden. Später suchen Jungs ihre Ideale oft in Gegenentwürfen zum eigenen Vater. Natürlich versucht der Ältere weiterhin, Einfluss zu nehmen und die Fehler des eigenen Vaters zu kompensieren. Bei Problemen in der Vater-Sohn-Beziehung kann eine Vater-Kind-Kur in einer Klinik die Bindung stärken.

Vater-Tochter-Beziehung

Der Vater, als erster Mann im Leben eines Mädchens, lebt ihr vor, was sie in einer Partnerschaft erwarten kann. Sie lernt von ihm das Selbstvertrauen, positiv auf Männer zu wirken. Prägend sind auch die väterlichen Reaktionen, die sich von denen der Mutter unterscheiden. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass sich Töchter mit einem stabilen Verhältnis zum Vater mehr zutrauen und in Naturwissenschaften erfolgreicher sind. Bestätigt der Vater in der Pubertät das Selbstbild der Tochter, kann sie ein positives Männerbild entwickeln. Für eine gewisse Distanz sorgen Unterschiede in Alter und der Gefühlskultur.

Wenn der Vater fehlt

Amerikanischen Studien zufolge sind Kinder ohne Kontakt zum Vater eher gefährdet, in Richtung Kriminalität, Drogen oder Suizid abzurutschen. Wenn der Vater nicht als Identifikationsfigur dienen kann, entstehen oft Probleme. Trennungskinder in vaterlosen Konstellationen haben zudem häufiger Beziehungsprobleme und neigen zu frühen und schnell geschiedenen Ehen.

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